Nicht ganz #allesaufdentisch
Kommentar zum Interview mit Prof. Dr. Dieter Köhler in der Kampagne #allesaufdentisch
Ich habe ein ambivalentes Verhältnis zu diesem Interview aus der Reihe #allesaufdentisch. Zunächst einmal als erfreulich anzumerken ist, dass der Mediziner, Hochschullehrer und Ingenieur Dr. Köhler den politisch verordneten Unsinn, unter freiem Himmel Masken zu tragen, aus fachlicher Sicht als komplett sinnlos entlarvt: Eine Evidenz für Infektionsübertragungen unter freiem Himmel ist schlichtweg nicht gegeben.
Das Maskengebot unter freiem Himmel, auf Demonstrationen oder in Innenstädten, ist also genau das, was Maßnahmen-Kritiker darin von Anfang an gesehen und kritisiert haben: Eine moderne Form des „Gesslerhuts“, eine von oben verordnete staatliche Gängelung und ein nicht gerechtfertigter Eingriff in die Grundrechte. Eine prärationale, sinnlose Handlung, die bestenfalls dazu dient, Gehorsam zu bekunden und ein gewisses Wohlwollen für eigene politische Anliegen zu generieren. Man hat sich vorauseilend als verantwortungsbewusster Bürger erwiesen, einen gewissen “Vertrauens-Vorschuss” erarbeitet.
Der Beginn eines sichtbaren Social Credit Systems?
Dr. Köhlers faktische Klarstellung zur Sinnlosigkeit von Masken unter freiem Himmel ist zu begrüßen und wird hoffentlich in naher Zukunft zu einer Versachlichung der Debatte beitragen.
Kritisch zu beleuchten ist Dr. Köhlers Standpunkt zum Reizthema Masken für Kinder. Als gegen Ende des Interviews (Minute 17:00) das Thema aufkommt, reagiert Emily Intsiful wunderschön authentisch, als Dr. Dieter Köhler seine Haltung zum Besten gibt:
“Ach, die Kinder sind belastbarer als man meint. Das ist die heutige Generation mit dieser Over Protection…”
Dass die Masken einen Sauerstoffmangel erzeugen, sei Unsinn - schließlich überlebten auch Kinder im Himalaya mit lediglich der Hälfte der Sauerstoff-Menge und die gingen auch problemlos zur Schule. Ein Sauerstoffproblem “sei nie gegeben”.
Hierzu sei angemerkt, dass mir als Laie in letzter Konsequenz selbstverständlich die Expertise fehlt, das Sauerstoffmangel-Argument hinreichend bewerten zu können. In der Fachwelt gibt es durchaus abweichende Bewertungen hinsichtlich der Gesundheitsgefahr von Masken für Kinder, einschließlich der Gefahren, die von einer dauerhaften Kohlenstoffdioxid-Übersättigung im Blut ausgehen.
Doch mein primärer Kritikpunkt ist an dieser Stelle ein anderer: In Dr. Köhlers Einschätzung fallen sozial- und entwicklungspsychologische Aspekte sowie die Dimension des persönlichen Erlebens der Kinder vollkommen „unter den Tisch“. Das halte ich, genau wie Interviewerin - der man die Entrüstung und das Unverständnis sichtlich anmerkt - für einseitig und unvollständig.
In meinen Augen haben wir es hier mit einem klassischen “Naturwissenschaftler-Bias” zu tun: Etwas so schwer Greifbares wie soziale Interaktion, Mimik, die Kraft eines Lächelns und die Wichtigkeit des Sehens und “Be-Greifens” von Gesichtern in irreversiblen Prägephasen der kindlichen Entwicklung - die auch nicht wiederkehren - ist für einen Ingenieur wie Dr. Köhler schlichtweg nicht fassbar und damit nicht vorhanden.
“Flatland Science”
Der US-amerikanische Philosoph Ken Wilber bezeichnet dieses Phänomen auch als flatland science: Es ist die Wirklichkeitsrepräsentation einer naturwissenschaftlich-kartesianisch geprägten westlichen Wissenschaft, welche die Dimension des inneren Erlebens, sowohl von Individuen als auch ganzer Gesellschaften, zumeist außen vor lässt. Dadurch kann das auf diese Weise generierte Wissen immer nur einen Teil der Wirklichkeit abbilden. Aufgrund des klaren Primats der ratio vor der emotio in der westlichen Welt kann sie für ihre Standpunkte ultimative Deutungshoheit beanspruchen - sie erhält mit ihrer unvollständigen, verflachten Betrachtung der Wirklichkeit recht. Währenddessen werden die humanities, die Kultur- und Sozialwissenschaften, oft stiefmütterlich als weniger hard science und weniger seriös abgetan, obwohl genau sie zu einer Komplementierung der wissenschaftlichen Repräsentation beitragen könnten.
Dr. Köhlers Betrachtung des Maskentragens bei Kindern ist daher unvollständig. Er gelangt dadurch zu dem falschen Schluss, dass es für Kinder grundsätzlich unproblematisch sei und die Hysterie darum überbewertet, eine Helikopter-Eltern “Over Protection” Debatte gewissermaßen.
Einen solchen Standpunkt kann man haben - er bildet jedoch die Wirklichkeit nicht ab. Die Kinderpsychiatrien sind überfüllt, Kinder berichten von der Unlust, angesichts der Maskenpflicht zur Schule zu gehen. Laut dem Kindheitsforscher Dr. Michael Hüter erzählen Lehrer, dass ihre Schüler hinter den Masken förmlich “verstummten”.
Naturwissenschaftlich lassen sich all diese Phänomene natürlich schlecht erklären; es hat schließlich keiner den Kindern den Mund zugeklebt. Aber zum Menschsein gehören ganz offenbar noch ein paar mehr Dimensionen als jene, die ein Ingenieur Dr. Köhler wahrnehmen kann.
Warum es nun so völlig unproblematisch sein soll, dass Kinder im Unterricht hinter ihren Masken verstummen, habe ich in diesem Interview jedenfalls nicht erfahren können. Daher vergebe ich lediglich 2,5 von 5 Punkten an Dr. Köhler, und 5 von 5 Punkten an die hervorragende Interviewerin Emily Intsiful, die sich von der geballten Fachexpertise nicht einschüchtern ließ, sondern souverän widersprach und die psychische Dimension der Maskenpflicht für Kinder nochmal #aufdentisch legte.
Leider ohne Resonanz bei ihrem Interviewpartner.
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De facto laufen Millionen Menschen wochenlang mit versifften Maulkörben durch die Gegend. Es ist vollkommen absurd zu glauben, dass das der allgemeinen Gesundheit dienlich sein könnte.
Leider wurde über Sauerstoff gestritten statt über CO2, da liegt eher der Hase im Pfeffer. Prinzipiell hat der Professor recht, nur sind wichtige Aspekte ausgelassen oder vergessen worden. ZBsp: Kinder mit Herzfehlern oder anderen -unerkannten!- Fehlbildungen leiden tatsächlich auch unter Sauerstoffmangel, genauso wie meist Ältere im Hochgebirge, weil die sowieso schon eine verminderte O2-Sättigung haben und unter dem natürlichen Abfall derselben bei steigender Höhe und dünner werdender Luft unter kritische Grenzen kommen. Außerdem ist nachgewiesen dass bei Kindern ständig erhöhte Stresshormone zu finden sind unter Gesichtsmasken, die Verständlichkeit der Sprache leidet, die Mimik wird versteckt usw. Wäre wichtig gewesen und fehlt völlig!