"Wir befinden uns zwischen zwei Pandemien"
Auf dem „Planetary Health Forum“ in Berlin feierte das juste Milieu sich selbst – und schwor die eigenen Anhänger auf die nächsten Pandemien ein. Ein Bericht aus einem Paralleluniversum.
Vom 30. November bis 01. Dezember 2023 fand in Berlin erstmals das sogenannte „Planetary Health Forum“ unter der Schirmherrschaft von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach, des Gesundheits- und des Umweltministeriums statt. Lauterbach war für die Eröffnungsveranstaltung eingeplant, sagte jedoch aus Termingründen kurzfristig ab. Zwei Tage lang gab sich das Who-is-Who der Klima- und Umweltbewegung – teilweise per Videobotschaft - die Klinke in die Hand. Impulsvorträge gab es unter anderem von der Klimaaktivistin Luisa Neubauer, dem Klimaforscher Stefan Rahmstorf, der „Transformationsforscherin“ Maja Göpel oder dem TV-Mediziner Eckart von Hirschhausen, der seit dem Ende von Corona mit dem Schutz der Bevölkerung vor tödlicher Hitze offenbar seine neue Lebensaufgabe gefunden hat.
Man wollte offensichtlich ganz unter sich bleiben: Meine Anmeldung beim Planetary Health Forum wurde mit dem Verweis auf eine „Überbuchung“ abgelehnt, während zwei Kollegen vom Nordkurier und der Berliner Zeitung, die sich nach mir angemeldet hatten, reibungslos akkreditiert wurden. Als einer der besagten Kollegen den Veranstaltern anbot, einen der beiden Tage, für die er angemeldet war, an mich abzugeben, da ich ihn über die Veranstaltung informiert hatte, hieß es seitens des Planetary Health Forum-Orga-Teams, Akkreditierungen seien leider nicht übertragbar. Man freue sich aber schon auf die Veranstaltung.
Vor Ort war von einer Überbuchung nichts zu sehen: Auf allen Hauptveranstaltungen und Workshops gab es genug freie Plätze im Publikum. Ich war von der Buchungs-Dame auf das Online-Angebot der Veranstaltung vertröstet worden. Auf meinen Einwand, dass ich gerne vor Ort Fragen gestellt hätte, verlautbarte das Center for Health Policy auf X, dass ich meine Fragen gerne online einbringen könnte. Wie gut das in der Praxis funktioniert hat, werden wir im Folgenden sehen.
Förderer des “Planetary Health Forums” sind unter anderem die aus dem Graichen-Skandal bekannt gewordene Grünen-nahe Mercator-Stiftung, die „Deutsche Bundesstiftung Umwelt“ (DBU), der BKK Dachverband sowie die Bucerius Law School. Veranstalter des Kongresses waren das Center for Public Health Policy (CPHP), sowie der Verein „Deutsche Allianz Klima und Umwelt e.V.“, der sich ironiefrei und in aller Bescheidenheit mit „KLUG e.V.“ akronymisiert. Medienpartner der Veranstaltung war unter anderem das Berliner Regionalmedium „Tagesspiegel“.
Erster Forumstag, 30. November 2023
”We keep pushing”
Die erste Eröffnungsrede hielt die Medizinerin und Fachärztin für Öffentliches Gesundheitswesen, Ute Teichert. Sie leitet seit Februar 2022 die Abteilung Öffentliche Gesundheit im Bundesgesundheitsministerium. Teichert warnte, wegen des Klimawandels würden Zoonosen in der Zukunft häufiger auftreten. Umweltschutz und Klimaschutz bedeuteten immer auch automatisch Gesundheitsschutz. Dies könne man nicht allein „über das Verhalten steuern“, man „müsse auch an die Lebensverhältnisse ran“. In diesem Sommer habe das RKI bereits 3200 Hitzetote gezählt – daher sei ein Hitzeschutzplan jetzt entscheidend.
Der Eröffnungsvortrag von Prof. Dr. Stefan Rahmstorf vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung drehte sich im Wesentlichen um “Desinformation” von "Klimaleugnern”, die im Netz verzerrt viel Raum einnehmen würde. Er sei einer von den Top fünf Klimaforschern mit den reichweitenstärksten Accounts auf der Plattform „X“ - trotzdem hätte er es dort immer wieder mit Wellen massiver Desinformation zu tun - dies beweise ein Blick in die Drunterkommentare in seiner Timeline. Desinformation würde sich auf Social Media leider viel besser verbreiten als korrekte Information.
Es folgt eine weitere Eröffnungsrede von Francesca Racioppi, der Leiterin des WHO Regionalbüros für Europa und dem Europäischen Zentrum für Umwelt und Gesundheit. Deutschland sei ein "beacon of hope“ - im Gegensatz zu unserer Außenministerin spricht sie das Wort korrekt aus - für die globale Gesundheitspolitik. Sie dankt insbesondere Karl Lauterbach für dessen "Führungsrolle": Dies nenne sie “political leadership“ und „to walk the talk". Insgesamt gebe es in Deutschland derzeit sehr ermutigende Entwicklungen - man müsse jene Themen aber weiter vorantreiben. Die Moderatorin versichert ihr: “We keep pushing”.
Eine Grußbotschaft der Klimaaktivistin Luisa Neubauer wird aus ihrem Hotelzimmer in Dubai eingespielt, wo sie sich im Vorfeld der Klimakonferenz “COP28” aufhält. Neubauer berichtet, sie befände sich momentan “im 19. Stock eines in jeder Hinsicht menschenfeindlichen Hotelkomplexes“ bei „gefühlten 7000 Grad Celsius draußen“ und einer „Klimaanlage, die man vielleicht hört“. Dies sei ein “sehr skurriler Ort, um eine Klimakonferenz zu verhandeln und auch ein sehr skurriler Ort, um für Klimagerechtigkeit zu kämpfen”, aber, „wir nehmen die Dinge halt, wie sie kommen, und hier sind wir“. Es zeige sich auch hier mal wieder, „wieviel noch zu tun ist, und wieviel noch zu erkämpfen und zu erstreiten sei“. Man müsse „endlich die Erkenntnis normalisieren, dass wir nicht losgezogen sind, um den Molekülen einen Gefallen zu tun“ - vielmehr ginge es um Menschen. Menschen seien der „Ort, wo Klima und Gesundheit sich treffen".
Im Auftaktpanel „Gesundheit innerhalb planetarer Grenzen: Herausforderungen und Prioritäten“ betont der Leiter der Forums, Dr. med. Martin Herrmann von KLUG e.V., die Bedeutung “breiter zivilgesellschaftlicher Bündnisse”, wenn Politik durch "autokratische Prozesse" - etwa die letzte Wahl in den Niederlanden - ausfalle. Zu diesen „breiten zivilgesellschaftlichen Bündnissen“ zählten in seinen Augen auch Pharmakonzerne. Sein Verein, die „Deutsche Allianz Klimawandel und Gesundheit e.V. (KLUG e.V.)“ hätte sich vor 15 Jahren gegründet. Eine Vereinsmitbegründerin hätte den Begriff Planetary Health geprägt. Die Eröffnungsreden von Stefan Rahmstorf und Luisa Neubauer hier auf dem Forum hätten klar gezeigt: Das Thema „Planetare Gesundheit“ sei in der Gesellschaft angekommen. Die Evidenzen seien glasklar, man müsse jetzt nur noch ins Handeln kommen. Eine „neue Machtgeneration“ wachse gerade heran, “in Bündnissen auf Augenhöhe”. Die Roadmap, die es nun bräuchte, sei zu 80% bereits beschrieben. Es ginge darum, zu sagen: "Wir machen das jetzt einfach”. Man müsse “als gesamte Gesellschaft auf die Agenda setzen”. Die Agenda zu beschleunigen - gemeint ist die Energiewende - sei auch ein Gesundheitsprojekt.
Anna-Katharina Hornidge vom "German Institute of Development and Sustainability (IDOS)" und dem Wissenschaftlichen Beirat der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen (WBGU) spricht von der Notwendigkeit einer “globalen Dringlichkeits-Governance". Die vielen Krisen auf der Welt – die ökologische Krise, die Schuldenkrise, die politische Krisen und sozialen Polarisierungsprozesse müssten global und lokal angegangen, sowie „inklusiv und kohärent“ verhandelt werden – und dies nach Möglichkeit "ganz, ganz schnell“. Die Hitzeschutz-Maßnahmen, die in nur wenigen Monaten aus dem Boden gestampft worden seien, hätten gezeigt, dass dies möglich ist. Wichtig sei, dass Deutschland wieder einen Haushalt bekomme, der den Umbau der Sozialsysteme vorantreibe.
Sowohl die Vereinten Nationen als auch „internationale Finanzinstitutionen“ würden sich derzeit reformieren – doch all dies ginge nicht schnell genug. Bei Themen wie der Schuldenkrise seien die G7 unverzichtbar, etwa um den Schuldenkonflikt mit China beizulegen. Doch auch themenspezifische Bündnisse wie das Bündnis für globale Ernährungssicherheit oder Just Transition Partnerships seien entscheidend für den ökosozialen Umbau der Lieferketten. Da Europas CO2-Besteuerung zwar ein positiver erster Schritt ist, der aber massiv von Entwicklungsländern kritisiert würde, müsse ein Umverteilungsmechanismus her. So sollten die Einnahmen aus der CO2-Besteuerung direkt in die notwendige Transformation gesteckt werden.
Alexander Bonde von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) konstatiert, auf die Schnelligkeit der notwendigen Veränderungen könne man sich hier wohl einigen – ebenso auf wie auf eine systemische Zusammenarbeit der Zivilgesellschaft, zu der er die Wirtschaft auch dazuzählen würde. Ein Individualisieren der Verantwortung nach dem Motto „Macht mal“ bringe nichts. Doch dort, wo man mit gesellschaftlichen Praktiken bereits loslegen könne, sollte man dies auch tun. Es ginge darum, die „Player zu drehen“. Erneuerbare Energien seien zudem inzwischen ein funktionierendes Geschäftsmodell. Es ginge darum, unseren ökologischen Fußabdruck dramatisch zu reduzieren.
Am Nachmittag tritt der Influencer-Arzt Eckart von Hirschhausen auf. Er lobt ausdrücklich die “Planetary Health Community” - man hätte schon so viel erreicht, und solle sich heute einfach mal feiern. Gesetze zu verändern sei weiterhin der wichtigste Hebel. Es gäbe medial immer diese “kurzen Zeitfenster der Aufmerksamkeit” - da sei “das Thema Gesundheitsgefahren durch den Klimawandel plötzlich da”. Ersichtlich geworden sei dies diesen Sommer: Es habe bereits tausende Hitzetote in Deutschland gegeben, aber keinen Aufschrei. Stirbt jedoch mal EIN MENSCH auf einem Taylor Swift Konzert, und Swift erleidet einen hitzebedingten Schwächeanfall - ein eigentlich junger, kerngesunder Mensch - dann sei das Thema “plötzlich da”. Diese kurzen Fenster der medialen Aufmerksamkeit gelte es, zu nutzen. Er zeigt seinen kurzen Dokumentarfilm “The promise of planetary health”.
Zweiter Forumstag: 01. Dezember 2023
Das Planetary Health Forum als “Kompass für die Politik”
Der zweite Tag beginnt mit einem Impulsvortrag der Politökonomin und „Transformationswissenschaftlerin“ Maja Göpel mit dem Titel „Who do we want to be – Humanity at Crossroads“. Ihr Vortrag wird per Videoschalte eingespielt. Göpel zufolge seien wir “in einer neuen Realität angekommen”. In dieser neuen Realität ginge es nicht darum, die Ziele zu ändern - sondern die Strukturen, wie man zu diesen Zielen komme. Dank dem World Economic Forum sei das Thema Klimaschutz “kein weiches Thema mehr”, sondern "die größte Risikoagenda, mit der wir es zu tun haben“. Systemische Innovation mit einem klaren Kompass sei nötig, wie es beispielweise SystemIQ zusammen mit dem Club of Rome im Rahmen des Green Deal ausgearbeitet hätte.
Es hieße immer, die wertvollste Ressource seien mehr Daten. Viel wichtiger sei doch die Frage, zu welchem Zweck wir die Daten überhaupt einsammeln wollen. In der westlichen Sichtweise sei der Mensch ein Mängelwesen – in der buddhistischen hätte er erst einmal „Buddha-Natur“. Es ginge bei der Tranformation also auch das Einnehmen pluralistischer Sichtweisen und eine andere Haltung zum Menschen.
Die Moderatorin des Forums, Maike Voss, dankt Göpel für den “inspirierenden Vortrag”. Die Frage nach der richtigen Haltung sei wichtig – wenn sie sich hier so im Publikum umsähe, gäbe es hier jedoch keine Probleme damit.
Im nächsten Impulsvortrag warnt die Ärztin, Professorin und Biologin Claudia Hornberg von der Uni Bielefeld und dem Sachverständigenrat für Umweltfragen vor zukünftigen Zoonosen: „Da wird noch etwas kommen, und wir tun gut daran, uns zu präparieren." Zoonosen und Migration seien die wichtigsten Faktoren für die globale Gesundheit. Zoonosen würden begünstigt durch die Zerstörung von Lebensräumen und der Übertragung von Nutztieren auf Menschen. Die Nachhaltigkeitsziele (SDGs) der Vereinten Nationen seien dazu ein wichtiger Baustein. Das Ziel Gesundheit stehe in direkter Verbindung zu allen anderen SDG-Zielen. Es sei erschreckend, wie stark gerade Menschen mit Vorerkrankungen vom Klimawandel betroffen seien. Es kämen parasitologische, sowie mikrobiologische Gefahren auf uns zu. Neues Leitbild sei die „ökosalute Politik“. Gesundheit müsse demnach fortan in allen Politikbereichen eine Rolle spielen.
Die Moderatorin Maike Voss zeigt sich entzückt, dass sowohl Göpel als auch Hornberg in ihren Folien ein Kompass-Symbol verwendet hätten. Dies sei ein gutes Symbol - denn "sie" - das Planetary Health Forum - seien "der Kompass für die Politik".
Workshop “Pandemic prevention: a planetary health perspective”
Um 10.15 Uhr geht es in die einzelnen Workshops. Ich habe mich online für den Workshop ““Pandemic prevention: a planetary health perspective” angemeldet, der auf Englisch abgehalten wird. Tenor unter den Workshop-Referenten ist, dass man sich derzeit zwischen zwei Pandemien befände, in einer sogenannten "interpandemischen Phase". Diese stelle ein "window of opportunity", ein “Möglichkeitenfenster” dar, um die internationalen Gesundheitsverträge neu auszuhandeln. Sogenannte "Spillover Events" - wörtlich übersetzt „Übertritts-Ereignisse“ - also Ereignisse, wo ein Erreger von einem Tier auf den Menschen überspringt - würden in den nächsten Jahrzehnten drastisch zunehmen, da der Mensch dem Tier den Lebensraum wegnehme, und sich der Lebensraum von Menschen und Wildtieren daher zunehmend überlappen würde. Weitere wichtige Gründe für die Zunahme von Pandemien seien der Klimawandel, der Verlust von Biodiversität, die Zerstörung von Ökosystemen, Monokulturen, Entwaldung, Wildtierhandel, Nutztierhaltung, unsere Art der Nähe zu Tieren, die Landwirtschaft, die Überschreitung planetarer Grenzen, erhöhte Mobilität und erhöhte Bevölkerungsdichte.
Workshop-Moderator Dr. Remco van de Pas vom Centre for Planetary Health Policy (CPHP) konstatiert, COVID-19 hätte uns gelehrt, dass wir verwundbar seien. Wenn es keine globale „Biosurveillance“ gebe, würde es zu weiteren „species jumps“, „Spezies-Übersprüngen“, kommen. Biologische Gefahren würden ständig irgendwo lauern. Aktuell gäbe es einen Tuberkulose-Ausbruch, von dem kaum jemand gehört hätte. Von den Krankheiten, die global überwacht würden, würden 58% in den nächsten 30 bis 40 Jahren zunehmen. Daher seien der neue Pandemievertrag und die „International Health Regulations“ (IHR) auch so wichtig. Van de Pas fragt die Workshopteilnehmer, wem diese laufenden Verhandlungen zum globalen Pandemievertrag und den IHR Reformen bekannt seien. Es melden sich zwei von zwölf Workshopteilnehmern.
Deutschland würde einen großen Beitrag dazu leisten, den Pandemiefonds der Weltbank zu finanzieren. Wichtig sei vor allem eine „Pre-Spillover Prävention“.
Die per Video zugeschaltete Clare Wenham von der London School of Economics erklärt, vor COVID-19 habe es mit den “International Health Regulations” bereits ein internationales Regularium für Gesundheitskrisen im Rahmen der WHO gegeben. Diese seien jedoch „sehr technisch” - zudem habe Pandemie aufgezeigt, dass IHR-Richtlinien und nationale Policies ungenügend zum Lösen einer globalen Gesundheitskrise seien - daher die Notwendigkeit für einen neuen Pandemievertrag. Die WHO habe jedoch ein „Mandatsproblem“ - sie hätte kein Mandat, in die betreffenden nationalen Bereiche hineinzuregieren. Aktuell drohe ein Scheitern des “Pandemic Treaty” aufgrund des Widerstandes einiger WHO-Mitgliedsländer. Dies sei ein Jammer, weil dieser Vertrag verbindlich dafür gesorgt hätte, dass Regierungen es zukünftig besser machen müssten. Verhandlungen zu diesem Vertrag würden sich jedoch zunehmend „toxisch“ gestalten. Eine Menge Geld und Ressourcen seien bereits in diesen Vertrag hineingesteckt worden. Sie bedauere die Verschwendung wichtiger Gelder, die an anderer Stelle besser hätten investiert werden können. Es drohe nun eine Verwässerung des Vertrags durch fehlende Verbindlichkeit. Schlussendlich ginge es jedoch nicht um den Vertrag, sondern um die in ihm angestrebten Ziele – letztere müssten angegangen werden. So, wie es aktuell aussähe, lande man aus Regierungssicht jedoch in der der “schlechtesten Position“. Sie sei daher wenig optimistisch.
Momentan gäbe es Überlegungen, das Thema Internationale Gesundheitsrichtlinien von der WHO auf die nächsthöhere Ebene der UN zu verlagern. Mit der Reform der IHR-Richtlinien und dem „Pandemic Treaty“ würden aktuell gleich zwei legislative Prozesse stattfinden, Gesundheitspolitik endlich global verbindlich zu verankern. Hinzu kämen „eine Menge informeller Prozesse“, die gleichzeitig liefen – etwa der „Pandemic Fund“, die „Countermeasures Platform“, oder die regionale Gesundheitsplattform der Europäischen Union. Außerhalb der Gesundheitsministerien weltweit habe man allerdings von all diesen wichtigen Plattformen und Projekten wenig bis nichts gehört - dies sei bedauerlich.
Vaccine equity, ein egalitärer Zugang zu Impfstoffen – und die Bekämpfung von vaccine injustice, dem ungleichen Zugang zu Impfstoffen - seien von zentraler Bedeutung. Momentan gäbe es noch keine rechtliche Verpflichtung für einzelne Länder, Impfstoffe im Notfall mit ärmeren Ländern zu teilen. Dies müsse sich dringend ändern.
Christoph Strupat vom German Institute of Development and Sustainability (IDOS) beschreibt seine Tätigkeit als „Betrachtung von One Health aus Regierungsperspektive“. Für das Erreichen von One Health-Zielen müssten eine Menge Sektoren involviert werden. Es sei von entscheidender Bedeutung, die Treiber von Pandemien ausfindig zu machen. Regierungen seien aufgerufen, das SDG-Rahmenwerk rechtlich zu stärken, den mit den Nachhaltigkeitszielen hätte man eigentlich alle Lösungen auf dem Tisch. Wegen Corona hätte es leider Rückschläge in der Umsetzung der Nachhaltigkeitsziele gegeben. Was es nun bräuchte, sei eine Planetary Health-Task Force auf der Ebene der Vereinten Nationen, die innerhalb SDG-Rahmenwerk operieren würde. Ein „holistischer Ansatz“ sei gefragt. Er sei sich darüber im Klaren, dass angesichts der aktuellen Haushaltssituation in Deutschland die Bereitstellung finanzieller Mittel eine große Herausforderung darstelle, doch der „Pandemic Fund“ der Weltbank, den Deutschland bereits in erheblichem Maße finanziere, müsse weiter ausgebaut werden.
Der NGO-Mitarbeiter Nithin Ramakrishnan vom Third World Network wird aus Indien zugeschaltet. Zur Bewältigung der nächsten Pandemien brauche es „neue Instrumente“. Einige seien bereits auf den Weg gebracht worden: Etwa das „Paris Forum“, das „One Health High Level Expert Forum“, der neue Pandemie Hub in Berlin, oder der Pandemiefund der Weltbank. Das Problem sei mangelnde Rechenschaftsschuldigkeit (accountability) der Nationalstaaten. Er sei sich nicht mehr sicher, ob die WHO noch das richtige Forum für die Bewältigung von Pandemien sei. Es gebe einen „Ruf des globalen Südens“ nach verstärkter globaler „Biosurveillance“. Biosurveillance-Daten aus Ländern des globalen Südens müssten in transnationale Datenbanken eingespeist werden.
Kim Grützmacher vom Berliner Naturkundemuseum kritisiert, mit dem Narrativ, Spillover-Events gäbe es die ganze Zeit und man müsse eben mit den Konsequenzen leben, könne sehr viel Geld gemacht werden. Viel wichtiger als ein Ausbaden der Schäden sei jedoch eine präpandemische Spillover-Prävention. Unser Verhältnis zu Tieren müsse sich dringend ändern - hierzu seien auch Verhaltensänderungen nötig.
Mein Versuch, online im Workshop Fragen zu stellen - Spoiler: Weitestgehend gescheitert.
Da die Veranstalter mir im Vorfeld versichert hatten, dass ich auch ohne physische Präsenz auf dem Forum meine Fragen online einbringen könne, stelle ich meine Fragen wie geheißen per Zoom-Chat. Zum einen möchte ich von den Panelisten wissen, ob auch das Thema „Gain of Function“-Forschung als möglicher Risikofaktor für die nächsten Pandemien in Betracht gezogen würde.
Bei „Gain of Function“-Forschung handelt es sich um hochriskante Molekularforschung, bei der in der Natur vorkommende Viren im Labor durch Genmanipulation absichtlich „gefährlicher“ gemacht werden, um damit – so heißt es in der Theorie – unter Laborbedingungen zu eruieren, wie sich die Viren „in freier Wildnis“ verhalten würden. Daraus könnten dann mögliche Kandidaten für zukünftige Pandemie abgeleitet werden, die gezielt beobachtet würden. Eine solche Forschung birgt naturgemäß inhärente Sicherheitsrisiken, zumal es sich auch nicht bei allen derzeit weltweit wie Pilze aus dem Boden schießenden Biolaboren um Labore mit der Sicherheitsstufe PS4, sondern manchmal nur PS3 handelt. Zudem könnte es sich gemäß der Meinung einschlägiger Fachleute bereits bei COVID-19 möglicherweise um die Folge eines Laborunfalls gehandelt haben. Die Frage, ob man “Gain of Function”-Forschung als mögliche Ursache für zukünftige Pandemien berücksichtigt, ist daher nicht trivial. Ich möchte in diesem Zusammenhang auch erfahren, ob Bestrebungen liefen, die hochriskante Forschung unter ein globales Moratorium zu stellen. Meine Frage stand circa eine Stunde lang unbeantwortet im Zoom-Chat. Gegen Ende der Veranstaltung beantwortete sie der indische NGO-Mitarbeiter Nithin Ramakrishnan dahingehend, einige Länder sprächen sich für ein weltweites GoF-Regularium aus - es sei jedoch unklar, ob dieses eine Chance hätte.
Per Zoom-Chat stelle ich eine weitere Frage: Ob das von den Panelisten beklagte Scheitern des Pandemie nicht unter anderem aus einem Vertrauensverlust im Zuge des Pfizer-SMS-Deals der EU-Kommission resultieren würde - und ob es Bestrebungen gebe, die EU-Kommission zukünftig zu vollumfänglicher Transparenz zu verpflichten, um zukünftig eine Verschwendung europäischer Steuergelder zu vermeiden. Meine zweite Frage wird mit Verweis auf die nun anstehende Mittagspause leider nicht mehr beantwortet.
Der Abschluss des “Planetary Health Forums”
Nach der Mittagspause stellen ausgewählte Teilnehmer die Ergebnisse der Workshops dem Plenum vor. Der Workshop zum Thema Kommunikation hatte sich etwa der Frage gewidmet, wie man „die anderen“ - jene, die sich für Gesundheits-, Klima- und Umweltfragen nicht interessieren würden - erreichen könne. Man sei innerhalb des Workshops zu der Erkenntnis gelangt, man müsse den Leuten „positive Visionen“ anbieten.
Der Workshop „Hitzeschutz“ konstatiert, dass Gesundheit in allen Politikbereichen berücksichtigt werden müsse. Ein “hochauflösendes Hitze-Monitoring” müsse her. Zudem müsse der Zusammenhang zwischen Hitze und Gewalt besser erforscht werden. Die Juristin Andrea Kiessling hatte sich im Rahmen des Workshops zu rechtlichen Fragen bei der Verankerung von Hitzeschutzplänen geäußert: Hierbei müssten noch die Zuständigkeiten geklärt werden. Auf Länderebene könnte der Öffentliche Gesundheitsdienst (ÖGD) der richtige Ort für Hitzeschutzmaßnahmen sein.
Der Workshop „Umweltverschmutzung“ stellt fest, dass Luftverschmutzung immer noch die größte Umweltgefahr darstellt. Neben Feinstaub käme nun auch noch Ultrafeinstaub hinzu. Es brauche dringend eine neue Luftqualitätsrichtlinie, die alte sei überholt.
Gegen 14 Uhr findet das Abschlusspanel mit dem Titel „Der Blick nach vorn – nächste Schritte hin zu Gesundheit innerhalb planetarer Grenzen“ statt. Geladen ist unter anderem Bettina Hoffmann, parlamentarische Staatssekretärin im Bundesumweltministerium, und frühere Leiterin einer Laborabteilung für Mikrobiologie, außerdem Doris Pfeiffer, die Leiterin des Spitzenverbands der gesetzlichen Krankenkassen (DKV), sowie Susanne Moebus, Epidemiologin und Gesundheitswissenschaftlerin am Institut für „Urban Public Health“ des Universitätsklinikums Essen. Abgerundet wird der harmonische Gleichklang der Runde von der Sozialpsychologin Lea Dohm von den „Psychologists for Future“. Auch ein Vertreter der Pflegeberufe war eigentlich für das Abschlusspanel geladen – da aber niemand Zeit hatte, blieb der Platz auf der Bühne symbolisch unbesetzt.
Bis die Staatssekretärin Bettina Hoffmann wegen einer namentlichen Abstimmung im Bundestag verspätet eintrifft - vertreibt man sich die Zeit mit „provokanten Fragen aus dem Publikum“. Dabei fiel die Frage, wie man in die Machtzentralen hineinkäme. Antwort: Die „Planetary Health Gemeinschaft“, die sich jetzt gerade finde, müsse „Klinken putzen gehen“, das heißt, „in allen Ministerien anklopfen“. Jeder auf dieser Veranstaltung hätte da unterschiedliche Zugänge. Man müsse „gemeinsam losmarschieren“. Eine Dame aus Publikum fordert gar einen gemeinsamen „Planetary Health Brandbrief“. Die Moderatorin verweist auf das seitens der Veranstalter des Forums geplante gemeinsame Memorandum an die Politik.
Als die Staatssekretärin Bettina Hoffmann eintrifft, wird sie sogleich zum Thema One Health befragt - wie wichtig sei das Thema für das Ministerium? Laut Hoffmann sei das Thema „superwichtig“. Umweltpolitik sei für viele Menschen noch abstrakt, werde aber immer wichtiger. Sie lobt in diesem Zusammenhang ausdrücklich das Forum. Die Themen saubere Luft, sauberes Wasser, gesunde Böden und eine intakte Natur seien ihr täglich Brot im Ministerium. Man handle jedoch im Angesicht begrenzter Mittel - nicht nur, was das Ordnungsrecht anbelangt, sondern auch im Hinblick auf die Finanzen. Daher sei man auch froh, dass auf der aktuellen COP28 in Dubai, ein ganzer Tag der Gesundheit gewidmet sei – eine Errungenschaft, die “die Zivilgesellschaft” erreicht habe. Als Ministerium würden sie versuchen, das Thema One Health in alle Konferenzen hineinzutragen. Sie könne dem Panel im Prinzip heute ja nichts Neues erzählen. Die Moderatorin Maike Voss deutet an, es hätte hier in den letzten Tagen gute Ideen gegeben, die das Ministerium möglicherweise von hier mitnehmen könne.
Laut Staatssekretärin Hoffmann ginge es bei der Vorbeugung der nächsten Pandemien primär um Ursachenforschung: Überall, wo der Mensch sehr nah an die Natur heranrücke, erhöhe sich die Gefahr von Pandemien. Weil der Mensch den Lebensraum der Tiere immer weiter einschränke, käme es zu „Schnittstellen zwischen Mensch und Tier“. Für die Ursachenforschung von Pandemien hätten sie als Ministerium 50 Millionen Euro bereitgestellt. Es gälte die Devise: Vorsorgen statt Heilen. Zudem sei eine Forschungsplattform zu One Health in Planung. Zusammen mit dem Bundesgesundheitsministerium habe ihr Haus im Rahmen des Clusters “Gesundheit und Pflege” eine gemeinsame Stellungnahme für das Klimaanpassungsgesetz erstellt.
Es folgt ein Kommentar aus dem Publikum: Es sei “so toll“, dass das Abschlusspanel nur aus Frauen bestünde – ob es auch „feministische Ansätze“ für Public Health gebe. Hoffmann verweist darauf, „feministische Umweltpolitik“ sei ein Lieblingsthema von ihr, denn Frauen leisteten deutlich mehr für die Ernährungssicherheit von Familien, seien aber besonders im landwirtschaftlichen Sektor mehr Gefahren ausgesetzt. Das Klimaanpassungsgesetz sei ein „Erfolg für ihr Haus”, das Bundesumweltministerium. Leider sei das Gesetz unzureichend mit Geld ausgestattet - dafür würden große Summen gebraucht. Klimaanpassung sei eine Gemeinschaftsaufgabe, die dauerhaft von Bund und Ländern getragen werden müsse. Hierfür sei eine Verfassungsänderung vonnöten - die politische Basis sähe sie dafür aber aktuell nicht.
Susanne Moebus, Gesundheitswissenschaftlerin für „Urban Public Health“ am Universitätsklinikum Essen, fordert, Gesundheit müsse “in allen Köpfen verankert werden”. Wichtig sei auch, die bisherige institutionelle „Versäulung“ abschaffen: Das Bundesgesundheitsministerium solle Kompetenzen bekommen, alle anderen Ministerien zu durchdringen, da die Gesundheit Schnittstellen mit allen anderen Bereichen der Politik aufweise: Etwa mit dem Verkehrsministerium, da der Verkehr Schadstoffe in die Luft einbringe, die wiederum der Gesundheit schadeten.
Doris Pfeiffer, die Leiterin des GKV- Spitzenverbands, stellt klar, dass die gesetzlichen Krankenkassen das Thema Klima in den letzten Jahren bereits aktiv mit einbezogen hätten, um den Versicherten auf Basis der Kassen entsprechende Angebote unterbreiten zu können.
Ein Frage aus dem Publikum bezieht sich auf das Thema „Klimaangst“. Die Psychologin Lea Dohm von den “Psychologists for Future” antwortet darauf, die landläufige Meinung laute zwar, dass Angst nicht der beste Ratgeber sei. Allerdings hätten Befragungen ergeben, dass Angst viel weniger lähmend wirke, als befürchtet. Im Gegenteil: Manche Leute ließen sich durch Angst sogar besser motivieren. Sie „bekäme oft bei der Frage zuviel“, wie man auf psychologischer Ebene Klimaangst lösen könne – denn natürlich sei die beste Lösung zur Bewältigung von Klimaangst die Bewältigung der Klimakrise. Man habe ja nur noch sieben bis acht Jahre Zeit, demzufolge müsse mit jedem Jahr auch die Klimaangst stetig steigen. Konferenzen wie diese könnten da durchaus auch als Bewältigungsmechanismus dienen. Man könne die Angst jedoch auch als „Chance“ begreifen: Die Angst sei der Weg - man müsse sich seinen Ängsten stellen. Angst werde oft als Shooting Star der negativen Klimagefühle betrachtet – wodurch Gefühle wie „Wut“ oder „Ärger“ unterschätzt würden. Diese seien jedoch in der Realität viel bedeutsamer, und sie nähmen in ökologischen Krisen stets zu. Es sei wichtig, diese Gefühle zu bearbeiten, um ein Voranschreiten gesellschaftlicher Segmentierung zu vermeiden. Man müsse sich auch vor Augen führen: Sie alle, die sie hier säßen, hätten ja genug Ressourcen, sich “da raus zu retten”. Andere Menschen hätten diese Ressourcen jedoch nicht. Es sei zwar nett, dass man hier Gehör fände, und sogar eine Staatssekretärin anwesend sei – Beziehungen zur Politik hätten sie also genug. Nur müsse man all diese Themen noch viel stärker als Ansatz für Lobbyismus begreifen.
Zum Abschluss der Konferenz macht die Moderatorin Maike Voss klar, „planetare Gesundheit“ sei „keine Wohlfühlgeschichte” für sie. “Das Ganze” werde “nicht einfach“. Es sei unklar, ob es bei diesem einen Termin für das Forum bleibe, oder ob dieses nun turnusmäßig einmal pro Jahr stattfinden solle. Dies käme jetzt auf die allgemeine Resonanz seitens der Teilnehmer an. Im Februar werde es ein Nachbereitungstreffen geben, außerdem werde das gemeinsame Memorandum vorbereitet.
Die Bedeutung des Berliner “Public Health Forums” im Hinblick auf die globale Transformationsagenda
Das neue Berliner Planetary Health Forum unter der Schirmherrschaft von Karl Lauterbach kann als PR-Veranstaltung für die Stärkung transnationaler Organisationen verstanden werden. Während der Veranstaltung wurde wiederholt auf die tragende Bedeutung der Vereinten Nationen, der G7, der G20, der BRICS, der "New Development Bank" der BRICS, der Rolle von NGOs und Partnerschaften wie "Just Transition Partnerships" hingewiesen. Die UN und die internationalen Finanzinstitutionen seien zwar dabei, sich zu reformieren - dies ginge aber nicht schnell genug. Hier sei “die Zivilgesellschaft” gefragt. Schwabscher Stakeholder-Kapitalismus in Perfektion.
Das Forum diente zum einen dazu, die Meta-Agenden Klimaschutz und Pandemic Preparedness diskursiv miteinander zu verweben - symbolisiert durch die Schirmherrschaft von Karl Lauterbach und das Eröffnungs-Grußwort der Klimaaktivistin Luisa Neubauer. Zum anderen ging es darum, den Talking Point, man befände sich aktuell zwischen zwei Pandemien, in der Klima-, Umwelt- und Gesundheitsbewegung zu verankern.
Der Amerikanist und Propagandaforscher Jonas Tögel bezeichnet ein solches Vorgehen als „ideologische Inokulation“. Er hat sich mit dieser ausgiebig im Rahmen kognitiver Kriegsführung und der militärischen “Inokulation” der NATO beschäftigt. In einer “ideologischen Inokulation” ginge es darum, Menschen in einer sensiblen Prägephase, etwa dem Schulalter, mit einem bestimmten Narrativ zu prägen, so dass die Wirklichkeit später in der gewünschten Weise „eingeordnet“ wird.
Der Talking Point, wegen des Klimawandels bräuchte es umfangreiche „Pandemic Preparedness“-Maßnahmen, öffnet dem in erster Linie militärischen Biosecurity-Sektor Tür und Tor für biopolitische Überwachungsmaßnahmen an Mensch, Tier und Umwelt. Zur Verdeutlichung halte man sich die Tatsache vor Augen, dass die Forschungsgelder für die berüchtigte, global operierende Nichtregierungsorganisation EcoHealth Alliance, geleitet durch den Zoologen Peter Daszak, die in die hochriskante Gain of Function-Forschung in Wuhan verwickelt war und ihre Aktivitäten stets mit dem „Schutz vor klimawandelbedingten Pandemien“ begründet – hauptsächlich aus den Fördermitteln von DTRA, einer Unterabteilung des Pentagon, sowie USAID, einer CIA-Frontorganisation stammen. Über das Haupt-Sponsoring von DTRA berichtete Peter Daszak recht freimütig in einem Interview am 09. Dezember 2019 - kurz vor Ausbruch der Coronavirus-Pandemie.
Jene hochriskante ”Gain of Function”-Forschung wird gemäß des “Pandemic Preparedness”-Ansatzes als Präventionsmaßnahme von Pandemien, und daher als Maßnahme zur Mitigationsmaßnahme klimawandelbedingter Schäden betrachtet. Die Implikationen von Gain of Function-Forschung gehen jedoch weit über das Thema Umweltschutz hinaus: Durch den ihr inhärenten Dual Use-Charakter ist sie unweigerlich im Fokus militärischer Interessen im Rahmen nationaler Biowaffenforschungsprogramme. Dass das Wissen über hochriskante Viren von großem militärischen Interesse ist, wurde spätestens ersichtlich, als Shi Zhengli, die Forscherin und Drosten-Kollegin aus Wuhan mit dem schönen Spitznamen The Bat Lady, am 12.09.2019 die gesamte Viren-Datenbank des Wuhan Institute of Virology von der internationalen Gendatenbank GISAID offline nahm. Über den Verbleib jener Datenbank ist bis heute nichts bekannt – es ist jedoch nicht unwahrscheinlich, dass diese in einem Militärbunker der „People's Liberation Army“ (PLA) gelandet ist, und sich der militärische Arm der Kommunistischen Partei Chinas davon gewisse militärische Wettbewerbsvorteile in einem zukünftigen “Viruskrieg” verspricht. Fun Fact: Gehostet und finanziert wird die besagte GISAID-Datenbank, von der die Coronavirendatenbank offline genommen wurde, übrigens von niemand anderem als - you guessed it - der Bundesrepublik Deutschland, genauer dem Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL).
Wenn auf Foren wie dem „Planetary Health Forum“ , bevor überhaupt die nächste Pandemie am Horizont erschienen ist, mannigfaltige mögliche Auslöser für zukünftige Pandemien benannt werden – aber sich die hochriskante „Gain of Function“-Forschung zufällig nicht unter diesen befindet – dann wird letzterer Auslöser bei der “nächsten Pandemie” von einschlägigen Kreisen auch nicht als mögliche Ursache in Betracht gezogen werden können. Genau dies beschreibt der Begriff “ideologische Inokulation”.
Indem der militärisch-industrielle Komplex, der das One Health-Narrativ von Anbeginn an global implementiert hat, junge Klima- und Umweltaktivisten, insbesondere jene aus dem globalen Süden, vorschickt, die mehr „globale Biosurveillance“ fordern, sichert sich der Biosecurity-Sektor die Legitimation aus der „Zivilgesellschaft“ für einen lückenlosen und steten Zugang zu biologischen Daten - bekanntermaßen dem „Öl der Zukunft“. Zugegeben: Ein so genialer wie zynischer PR-Schachzug, blutjunge Umweltaktivisten mit echten Idealen und hehren Zielen - die ich ihnen niemals absprechen würde - für die Interessen des biopolitisch-industriellen Komplexes vor den Karren zu spannen. Andererseits: Wen denn sonst?
Doch das Narrativ eines notwendigen, globalen Spillover-Monitorings hat noch weitere praktische Vorteile im Rahmen der globalistischen Transformationsagenda: Damit kann zukünftig eine neue Siedlungspolitik, gemäß dem Kapitel Human Settlements in Agenda 21 - der Agenda für das 21. Jahrhundert - legitimiert werden. Agenda 21 sieht vor, den Menschen in die Städte umzusiedeln, und die Natur langfristig vom Menschen zu befreien. Menschen sollen in „Megaregionen“ hoher Dichte untergebracht werden - in sogenannten Smart Cities, die hervorragend technologisch überwacht und digital gemanagt werden können. Die Natur hingegen solle renaturiert, sich selbst überlassen und von schädlichen menschlichen Einflüssen befreit werden.
Im von der Brundtland-Kommission entwickelten Nachhaltigkeits-Paradigmas im Rahmen des Berichts “Our Common Future” (1987) wird der Mensch praktisch zum Antagonisten der Natur erklärt. Bereits gemäß des Berichts des Club of Rome „Die Grenzen des Wachstums“ von 1972, ist der Mensch zum „gemeinsamem Feind“ im Rahmen der gemeinsamen Nachhaltigkeitsagenda auserkoren worden. Er sei als Feindbild geeignet, alle globalen Initiativen zu bündeln. Der Mensch ist demnach kein Teil der Natur mehr – er ist der Feind der Natur. Mit dem Narrativ, die nächsten Pandemien würden sich aus „Schnittstellen“ des Menschen mit der Natur ergeben, weil der Mensch sich in Bereichen aufhalte, in denen er eigentlich gar nichts zu suchen habe, lässt sich hervorragend die im Rahmen von Agenda 21 anvisierte globale Siedlungspolitik einer forcierten Urbanisierung untermauern. In der Praxis versucht man es in den Niederlanden dann eben mit einer Bauern strangulierenden Überregulierung des Agrarsektors, in Deutschland mit einem sogenannten “Heizgesetz” - das in Wahrheit ein Verarmungs- und Enteignungsgesetz darstellt, und den praktischen Nebeneffekt hat, kleinen Immobilienbesitzer aus den ländlichen, zu renaturierenden Gebieten zu vertreiben. Genau das ist Agenda 21 - die Agenda für das 21. Jahrhundert - mit ihrer Dekaden-Agenda Agenda 2030.
Veranstaltungen wie das Public Health Forum dienen dazu, sich für die bereits feststehenden Ziele der Meta-Agenden den nötigen Rückhalt aus der “Zivilgesellschaft” abzuholen und die globale Agenda zu “regionalisieren”. Es ist schlichtweg die Schwabsche Vision eines gelungenen Stakeholder-Kapitalismus: Man kann später immer darauf verweisen, die „Stakeholder“ - die Vertreter der Zivilgesellschaft - seien im Rahmen solcher Foren mit einbezogen worden - Stichwort “Inklusivität”. Die methodische Vorgehensweise entspricht der sogenannten „Delphi-Technik“, einer beliebten Agenda 21-Soziotechnik: Die Ergebnisse stehen vorher schon fest, die geäußerten Buzzwords sind identisch mit den Agenda-Buzzwords, inhaltliche Überraschungen gibt es keine. Um den organisch wirkenden, gewünschten Gleichklang aller Player zu erzeugen, werden unliebsame Akteure – etwa kritische Journalisten – im Vorfeld gezielt physisch ferngehalten, um leiseste Zweifel an der Sakrosanktheit der Agenda gar nicht erst aufkommen zu lassen. Wenn sich jemand in diesem Zusammenhang an die Bundespressekonferenz erinnert fühlt, ist dies sicher nur reiner Zufall.
Doch trotz des sorgfältig-hermetisch abgeschirmten Settings zeigt die homogene Meinungsidylle bereits Risse, durch einen harten Aufschlag mit der Wirklichkeit: Etwa, wenn Klimaforscher Stefan Rahmstorf sich im Großteil seiner Redezeit mit “Verschwörungstheoretikern” und “Desinformation” beschäftigt, die ihm auf X das Leben so schwermachten. Oder, wenn Kate Wenham von der London School of Economics sich darüber beklagt, dass der Pandemievertrag gerade wegen dem Widerstand einiger WHO-Mitgliedsländer dabei sei, zu scheitern – und auch die Reform der “Internationalen Gesundheitsregularien” auf der Kippe stünde. Dies sind – allen geäußerten Kontrolldystopien zum Trotz – zur Abwechslung doch mal richtig positive Nachrichten.
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