Corona-Ausschuss im Brandenburger Landtag: Laptop-Kontrollen, verschollene Patientenakten und brisante Aussagen eines Polizeibeamten
In der 12. Sitzung des Corona-Ausschusses führte das Landtags-Personal Laptop-Kontrollen bei den Besuchern durch - und ein hochrangiger Polizeibeamter fand überraschend klare Worte zu den Corona-Demos

Die zwölfte Sitzung des Corona-Untersuchungsausschusses im Brandenburger Landtag am vergangenen Freitag, dem 01. März 2024, versprach bereits im Vorfeld interessant zu werden: Geladen war erneut die amtierende brandenburgische Gesundheitsministerin Ursula Nonnemacher (Die Grünen), die beim letzten Mal wegen eines „wichtigen Termins“ plötzlich und unerwartet aufbrechen musste. Zum ersten Mal geladen war Lutz Freiberg, Geschäftsbereichsleiter für Verträge, Forschung und Entwicklung der Kassenärztlichen Vereinigung Brandenburg (KVBB), der Fragen zu händisch ausgefüllten Patienten-Aufklärungsbögen aus den Brandenburger Impfzentren beantworten sollte, deren Verbleib unklar ist. Keine Kleinigkeit: Wie in einer vorangegangenen Ausschusssitzung durch eine Befragung von Mitarbeitern eines Brandenburger Impfzentrums herausgekommen war, sind anscheinend alle händisch ausgefüllten Patientenakten der Impfzentren des Landes Brandenburg betroffen. Niemand weiß, was mit den Akten geschehen ist, und wo diese sich befinden. Zudem sollte der Polizeibeamte Karsten Schiewe, Leiter der Polizeidirektion West, zu den Corona-Demos im Land Brandenburg während der Jahre 2020-2022 aussagen - sowie René Mertens, der ehemalige Sprecher des Landesrates der Eltern für das Land Brandenburg.
Der Sitzungstag gestaltete sich jedoch vorerst aus unerwarteten Gründen “interessant”: Sitzungsort war diesmal erneut der große Plenarsaal, in dem sowohl Presse als auch Besucher auf einer separaten Tribüne platziert sind, statt gemeinsam mit den Abgeordneten auf einer Ebene. Auf der Besuchertribüne schien ein neues “Auflagen-Regime” für Besucher zu gelten: Eine Sicherheitsangestellte des Landtags unterbrach meine Arbeit während der Sitzung und fragte mich, ob ich eine „Genehmigung“ für die Benutzung meines Laptops hätte.
Da dies die fünfte Sitzung im Brandenburger Landtag war, der ich mit meinem Laptop beiwohnte, und eine Laptop-Genehmigung bislang noch nie Thema war, war ich einigermaßen überrascht. Ich erwiderte, dass ich keine Genehmigung hätte, meines Wissens nach aber auch keine bräuchte, da ich Journalistin bin und Laptops zum regulären Arbeitswerkzeug von Journalisten gehören. Als ich sie auf die Pressefreiheit hinwies, die sie gerade aktiv behinderte, zog sie sich fürs erste zurück.
Außer mir wurden auch alle anderen Besucher angesprochen, die Laptops benutzten. Einer von ihnen teilte mir später mit, dass die Landtagsangestellte ihn anders als mich nicht nach einer “Genehmigung” für die Laptop-Benutzung gefragt hätte, sondern sich lediglich vergewissern wollte, dass mit dem Laptop keine illegalen Video- oder Audioaufnahmen erstellt würden. Als er ihr daraufhin seinen Bildschirm präsentierte, auf dem ein Schreibprogramm zu sehen war, zeigte sie sich zufrieden und stellte keine weiteren Fragen.
Erste Vernehmung: Erneute Befragung der brandenburgischen Gesundheitsministerin Ursula Nonnemacher (Die Grünen)
Den Vorsitz des Ausschusses übernahm diesmal zum ersten Mal der stellvertretende Vorsitzende Ronny Kretschmer (Die Linke), statt des Vorsitzenden Danny Eichelbaum (CDU), der alle vorangegangenen Sitzungen geleitet hatte. Mindestens zum dritten Mal wurde die amtierende brandenburgische Gesundheitsministerin Ursula Nonnemacher befragt, nachdem sie bei der letzten Ausschusssitzung überraschend vorzeitig zu einem Termin aufbrechen musste. Nonnemachers Antworten klangen diesmal auffallend launig - was zum einen sicherlich auf den Gesundheitszustand der Zeugin zurückzuführen war: Sie wies darauf hin, dass man ihr aufgrund einer Erkältung die Fragen bitte sehr laut stellen möge - sie höre derzeit schlecht.
Zum anderen gestalteten sich die Fragen der Abgeordneten zunehmend repetitiv. Je insistierender die Fragen, desto stärker schien sich die Zeugin hinter einer trotzig wirkenden Abwehrhaltung zu verbarrikadieren. Insgesamt drängte sich der Eindruck auf, dass man sich mit der erneuten, intensiven Befragung der Zeugin Nonnemacher ein wenig „verrannt“ hatte: Sie wiederholte mit kaum verhohlener Gereiztheit Aussagen aus bereits vorangegangen Sitzungen, verwies auf die Zuständigkeit der Bundesebene, oder auf Erinnerungslücken.
Als die Abgeordnete der „Freien Wähler“, Christine Wernicke, wissen wollte, warum Nonnemacher die negativen Belastungen der Kinder aus dem ersten Lockdown für den zweiten nicht berücksichtigt habe, erwiderte diese - nun sichtlich ungehalten: „Wir haben die Kinder doch nicht aktiv schädigen wollen“. Auf die Frage, ob erwogen worden sei, Maßnahmen etwa nur punktgenau regional anzuwenden, um einen landesweiten Lockdown zu verhindern, antwortete sie, den „Lockdown“ nur auf einzelne Regionen in Brandenburg auszudehnen - das sei nicht machbar gewesen. Auf die Frage des AfD-Abgeordneten Hans-Christoph Berndt, wann Nonnemacher bekannt geworden sei, dass die Impfstoffe zehn- bis hundertfach mehr Nebenwirkungen hervorriefen als andere Impfstoffe, antwortete Nonnemacher, diese Information würde sie anzweifeln. Ihr seien keine Informationen bekannt, dass die COVID-19-Impfungen mehr Nebenwirkungen hervorriefen als andere Impfungen. Die Aussage dass die Impfung keinerlei Fremdschutz bietet, könne so nicht stehengelassen werden. Die Impfung biete weiterhin guten Schutz vor schwerer Erkrankung und Tod.
Berndt wollte des Weiteren wissen, ob und wann ihr der Widerspruch aufgefallen sei, dass trotz einer Impfpflicht im Gesundheitswesen und Pflegesektor es dort zu hohen Krankenständen gekommen sei. Nonnemacher erwiderte, sie könne den „hier von Ihnen konstruierten Widerspruch nicht erkennen“ und fügte hinzu: Aufgrund von „Long Covid“ hätte es schon von Anfang an - sie präzisierte, seit April 2020 - hohe Krankenstände im Gesundheitswesen gegeben. Daraufhin wollte der Abgeordnete Bernd von ihr wissen, wie es denn schon im April 2020 Hinweise auf “Long Covid” gegeben haben könne, wenn die Krankheit gerade erst neu aufgetaucht sei und das Krankheitsbild „Long Covid“ noch gar nicht existierte. Daraufhin korrigierte Nonnemacher ihre Formulierung: Nicht „Long Covid“ hätte es im April 2020 schon gegeben, aber “bereits deutliche Hinweise darauf, dass sich die Mitarbeiter schlecht erholen.“
Die CDU-Abgeordnete Saskia Ludwig fragte nach einem Vermerk in einem Protokoll des Ministerium für Soziales, Gesundheit, Integration und Verbraucherschutz des Landes Brandenburg (MSGIV) vom 13.09.2021 zu mangelnden Erkenntnissen bezüglich der Wirksamkeit einer dritten Impfung. Ob Nonnemacher diesbezüglich inzwischen auf belastbare Studien verweisen könne? Darauf antwortete Nonnemacher, das könne sie so aus dem Stehgreif nicht. Sie hätten ja das Problem gehabt, dass die Wirkung der Impfung leider nicht so lange und komplett anhalte, wie das wünschenswert gewesen wäre - daher sei die Boosterung, die dritte Impfung, immer mehr ins Zentrum gerückt. Zum Zeitpunkt der Einführung der dritten Impfung hätte es aber noch keine gute Studienlage gegeben, wie sich die Wirksamkeit der Impfung auf lange Sicht verhalte.
Ludwig hakte nun nach, ob die Zeugin ihr sagen könne, wie es trotz dieser nicht vorhandenen Studienlage danach zu den landesweiten 2G-Maßnahmen gekommen sei. Nonnemacher verwies diesbezüglich auf “Bundesgesetze, die wir hier umzusetzen hatten.” Ludwig erkundigte sich nun nach der Erzählung aus dem November 2021, wonach die Ungeimpften die “Treiber der Pandemie” seien - inklusive Ausdrücken wie der “Pandemie der Ungeimpften”, der auch in einer Pressemitteilung des MSGIV - Nonnemachers Ministerium - aufgetaucht sei, obwohl seit Sommer 2021 klar war, dass es massiv Impfdurchbrüche gibt. Wie es trotzdem zu der Erzählung “Pandemie der Ungeimpften” gekommen sei? Nonnemacher erwiderte, “dass eine gut wirksame Schutzimpfung in einer Pandemie sozusagen das Geschenk per se ist, ist, glaube ich, in der Wissenschaft unstrittig” - und dass “Menschen, die nicht geschützt sind”, ein höheres Risiko hätten bezüglich Erkrankung, schwerer Erkrankung und Tod als Geimpfte, sei und bleibe weiterhin richtig. Mit mehr Geimpften gebe es mehr Impfdurchbrüche, das sei eine reine Frage der Statistik. Sie sehe es nach wie vor so, dass Ungeimpfte ein höheres Risiko hätten.
Während der Befragung Nonnemachers wurde aufgrund einer Verfahrensfrage des AfD-Abgeordneten Lars Hünich einmal die sogenannte “Nichtöffentlichkeit” hergestellt. Alle Besucher mussten den Saal verlassen und im Gang warten. Während dieser Pause kam es zu einem weiteren Zwischenfall mit der Landtags-Sicherheitsbeamtin, die zuvor alle Laptops kontrolliert hatte, der mir in diesem Kontext berichtenswert erscheint.
Besagte Beamtin trat noch einmal an mich heran. Da ich ihr vorher mitgeteilt hatte, dass ich den Laptop im Rahmen einer Pressetätigkeit nutze, wollte sie nun von mir wissen, warum ich als Journalistin denn nicht auf der Pressetribüne, sondern der Besuchertribüne säße. Ich gab zur Antwort, dass ich in der Vergangenheit seitens des Brandenburger Landtagspersonals trotz Vorlage eines Presseausweises einmal nicht auf die Pressetribüne zugelassen wurde, daher hätte ich es heute gar nicht erst versucht. Ich würde aber die "frontale Sicht" von der Besuchertribüne für meine Berichterstattung ohnehin bevorzugen. Dies dürfte in meinen Augen jedoch kein Ausschlusskriterium für eine Laptop-Nutzung darstellen: Reguläre Besucher dürften diese schließlich auch verwenden. Sie behauptete, nein, laut ihren Vorgaben seien Laptops nur auf der Pressetribüne gestattet, auf der Besuchertribüne nur in Ausnahmefällen und mit Genehmigung. Ich zog das in Zweifel und wollte von ihr die Rechtsgrundlage für eine solche Anordnung erfahren. Die Anordnung konnte sie mir nicht nennen, versicherte mir aber, "sie könne auch dafür sorgen, dass ich komplett aus dem Landtag entfernt werde". Daraufhin antwortete ich ihr, dass Sie mit solchen Aussagen die Pressefreiheit verletze, und ich mir vorbehalten würde, den Vorfall an die Landtagsleitung zu melden, sowie öffentlich darüber zu berichten.
Verschollene Patientenakten aus den Brandenburger Impfzentren:
Vernehmung des Zeugen Lutz Freiberg von der Kassenärztlichen Vereinigung Brandenburg (KVBB)
Die Vernehmung des Zeugen Lutz Freiberg, dem Geschäftsbereichsleiter der Kassenärzlichen Vereinigung Brandenburg (KVBB) für Verträge, Forschung und Entwicklung, führte zu einer ernüchternden Erkenntnis: Danach befragt, ob er etwas über den Verbleib von großen Mengen manuell ausgefüllter, verschollener Patientenakten aus den Brandenburger Impfzentren wisse, erklärte er, dass die KV für die Übermittlung der Patientenakten aus den Impfzentren an das Robert-Koch-Institut gar nicht zuständig sei, sondern lediglich für die Übermittlung der Patientenakten aus den Arztpraxen an das RKI. Wer für die Abholung der Akten aus den Impfzentren zuständig gewesen sei und wo diese verblieben sein könnten - dazu könne er leider nichts sagen, weil er die Akten aus den Impfzentren nie gesehen hätte.
Insbesondere den Abgeordneten der AfD-Fraktion war die Enttäuschung darüber, dass der geladene Zeuge offenbar nicht der geeignete Ansprechpartner für die Beantwortung der Fragen rund um die verschollenen Brandenburger Patientenakten war, deutlich anzumerken. Sie stellten ihm daraufhin viele weitere Fragen, die sich größtenteils als für den Ausschuss unergiebig darstellten, da der Zeuge sie ohnehin nicht beantworten konnte. Einige Zuschauer auf der Besuchertribüne begannen daher nach einiger Zeit murrend zu kommentieren, man möge den armen Mann doch bitte endlich entlassen.
Während der zweiten Zeugenbefragung kam es zum dritten “Vorfall” mit der Sicherheitsbeamtin des Landtags: Als ich nach sieben Stunden Ausschusssitzung, ohne Mittagspause, von einem Brötchen abbiss, wurde ich ermahnt, der Verzehr von Speisen sei auf der Besuchertribüne nicht gestattet. Ich leistete dem sofort Folge, doch das reichte der Beamtin noch nicht aus: Nun sollte ich auch noch meinen Presseausweis vorlegen - was ich ebenfalls tat. Dies stellte den dritten und letzten “Vorfall” im Hinblick auf meine Pressetätigkeit an einem einzigen Ausschuss-Tag dar. Was ein Brötchen genau mit einem Presseausweis zu tun hat, wird wohl für immer das Geheimnis der Landtagsbeamtin bleiben.
Die Corona-Demos im Land Brandenburg von 2020 bis 2022:
Vernehmung von Karsten Schiewe, Leiter der Polizeidirektion West

Schlussendlich kam es nach einem zähen und für alle Beteiligten nervenaufreibenden Sitzungstag immerhin noch zu einer Vernehmung, für die sich das Warten gelohnt hatte: Als dritter Zeuge wurde Karsten Schiewe, der Leiter der Polizeidirektion West des Landes Brandenburg befragt.
Er war bei “Versammlungslagen” in den Jahren 2020 bis 2022 in seinem Einsatzgebiet, den Landkreisen Teltow-Fläming, Potsdam und Havelland Polizeiführer - das heißt, er war hauptverantwortlich für die Planung und Durchführung von Polizeieinsätzen. Hochphase sei das erste Quartal 2022 gewesen: In diesem Zeitraum hätte es 435 „Versammlungslagen“ im Land Brandenburg gegeben, darunter Autokorsos, Spaziergänge, oder Mahnwachen. All dies hätte es zwar schon vor der Pandemie gegeben, aber noch nicht in diesem Umfang. Zu den Teilnehmerzahlen befragt, erwiderte er, dazu könne er im Detail keine Auskunft mehr geben. Aber insbesondere die Montage seien „versammlungsaffine Tage“ mit teilweise bis zu 20 bis 40 Versammlungslagen gleichzeitig gewesen.
Nach dem Einsatz der Reiterstaffel befragt, antwortete Schiewe, diese sei elf Mal zum Einsatz gekommen: Dies hätte sich angeboten wegen der Nähe zum Einsatzort und als polizeitaktische Möglichkeit, sollte es Angriffe, insbesondere auf weibliche Polizeibeamte geben - was leider in einigen wenigen Fällen vorgekommen sei. Er nannte hierbei das Beispiel Rathenow – hier hätte es Angriffe auf weibliche Polizeibeamte gegeben, da diese als „schwächstes Glied in der Kette“ wahrgenommen würden. „Zielgerichtete Gewalt gegen Polizeibeamte“ habe es in Rathenow und Havelland gegeben. Ludwig wollte wissen, von wem bei Corona-Demos und sogenannten “gegengerichteten Versammlungszügen” - “Gegendemos” zu den Corona-Demos - die Aggression ausging. Schiewe erwiderte, dass in Potsdam die Gewalt von der Gegendemo ausgegangen sei.
Von Ludwig danach gefragt, ob er die behördlichen Vorgaben hinterfragt hätte, antwortete Schiewe, es sei nicht die Aufgabe der Polizei, Verordnungen zu hinterfragen – wohl aber hätte man sich intern die Frage gestellt: Wie gehen wir damit um? Was ist verhältnismäßig, und wie gewährleisten wir eine „Gleichheit“ der polizeilichen Maßnahmen auf allen Demos im Einsatzgebiet?
Die Abgeordnete Ludwig befragte Schiewe nun nach der “politischen Ausrichtung der Demos” - seien diese vorwiegend rechts gewesen? Schiewe antwortete, das könne man so nicht sagen: „Auch der Durchschnittsbürger, der überhaupt keine politische Ausrichtung hat, hat daran teilgenommen.“
Die Aussagen des hochrangigen Polizeibeamten Karsten Schiewe sind durchaus als gewichtig und relevant einzustufen, denn die Corona-Demos wurden medial und politisch stets als “rechts” geframt. Wenn ein hochrangiger Beamter wie Karsten Schiewe, der in drei Landkreisen in Brandenburg in den Jahren 2020 bis 2022 Polizeieinsätze koordiniert hat, und das Protestgeschehen aus nächster Nähe kennt, nun sagt, man könne die Demos keiner politischen Richtung zuordnen, da auch ganz normale Bürger daran teilgenommen hätten - dann hat das Gewicht. Diese Aussagen hat er unter Eid getroffen - sie sind gerichtsfest. Zudem gab er glasklar zu Protokoll, dass eine “Aggression” - wie im Fall einer großen Versammlungslage in der Landeshauptstadt Potsdam - “von der Gegendemo”, und nicht der Corona-Demo ausgegangen sei.
Interessant ist auch Schiewes Feststellung, dass der Höhepunkt des Protestgeschehens im ersten Quartal des Jahres 2022 stattfand - ebenjenem Winter, in dem Ungeimpfte via 2G-und 3G-Regeln vom sozialen Leben jenseits von Supermarkt, Rathaus und Arztpraxis ausgeschlossen wurden, und die Regierung Scholz eine allgemeine Impfpflicht anvisierte. Interessant sind Schiewes Aussagen dahingehend, dass das Protestgeschehen gegen die Maßnahmenpolitik der Bundesregierung von Regierungsseite und Medien entweder kleingeredet, ignoriert oder rechts geframt wurde. Von der größten politischen Bürgermobilisierung im Zeitraum 2020-2022 erfuhr der Bürger lediglich analog, direkt vor seiner Haustür - und nicht durch die sogenannten “Leitmedien”, die stets Deutungshoheit und Objektivität für sich beanspruchen. Ein hochrangiger Polizeibeamter hat es nun unter Eid bestätigt: Die Corona-Demos waren das größte Protestgeschehen in den Jahren 2020 bis 2022. Deutschlands Konzernmedien haben die größte, echte, organisch gewachsene politische “Grass Roots”-Bewegung Deutschlands, an der völlig normale Bürger beteiligt waren, entweder ganz verschwiegen oder zu Unrecht verunglimpft.
Die vierte anvisierte Vernehmung des Zeugen René Mertens, des ehemaligen Sprechers des Landesrats der Eltern für das Land Brandenburg, kam aufgrund von Zeitverzögerungen im Laufe der Befragungen nicht mehr zustande - die letzte Vernehmung des Zeugen Karsten Schiewe endete erst gegen 18 Uhr.
Was im Brandenburger Corona-Untersuchungsausschuss voraussichtlich nicht mehr final geklärt werden kann, ist die durchaus juristisch relevante Frage nach den verschollenen Patientenakten der Brandenburger Impfzentren. Die Frage über deren Verbleib könnte rechtliche Implikationen im Hinblick auf Haftungsfragen haben: Wenn etwa ein Patient einen Impfschaden nachweisen möchte, der in einem Brandenburger Impfzentrum geimpft wurde, und über den lediglich eine manuelle Patientenakte erstellt wurde - so kann er dies nun nicht mehr nachweisen, da die Akten alle weg sind. Es dürfte sich dabei schätzungsweise um LKW-weise Dokumente handeln - den genauen Umfang der verschollenen Dokumente kennt niemand. Laut Aussagen der Mitarbeiter von Brandenburger Impfzentren in einer der vorangegangenen Ausschuss-Sitzungen hieß es, es gebe digitale und manuell erstellte Patientenakten. Die manuell erstellten hätte angeblich jeden Abend ein LKW abgeholt. Von welcher Institution die LKWs kamen, und wo diese Akten heute seien, wisse man nicht.
Der Brandenburger Corona-Untersuchungsausschuss neigt sich nun langsam seinem Ende zu, und weitere Zeugen zum Thema können aus Zeitgründen voraussichtlich nicht mehr vorgeladen werden. Wichtig wäre es nun, Hinweisen auf möglicherweise auch in anderen Bundesländern verschollene, manuelle Patientenakten sorgfältig zu prüfen, um festzustellen, ob hier möglicherweise ein überregionales Muster vorliegen könnte. Fragen wie diese müssten von weiteren Untersuchungsausschüssen auf Landesebene geklärt werden – etwa, wenn der nächste Corona-Untersuchungsausschuss in Hessen, der von der AfD schon lange angekündigt, aber nicht umgesetzt wurde, endlich in die Gänge kommt. Auf lange Sicht ist ein Corona-Untersuchungsausschuss auf Bundesebene in meinen Augen unausweichlich.
Die Leitung des Brandenburger Landtags und die Pressefreiheit

Zu guter Letzt noch ein Wort zum leidigen Thema “Pressefreiheit im Brandenburger Landtag”. Es ist leider nicht das erste Mal, dass dort, speziell im Rahmen der Corona-Ausschuss-Sitzungen, gezielt Pressevertreter im Rahmen ihrer Arbeit behindert oder sanktioniert werden. So beschwerte sich erst im vergangenen November die Landtagsleitung beim Chefredakteur des Nordkurier, Gabriel Kords, über den dort angestellten Journalisten Phillippe Debionne, und versuchte Druck auszuüben, damit die Chefredaktion dessen Berichterstattung zurückruft. Absurderweise wurde seitens der Landtagsverwaltung sogar in Zweifel gezogen, ob der Kollege sich am betreffenden Tag überhaupt im Haus aufgehalten habe – was dieser jedoch mithilfe eines Selfies belegen konnte. Kords, der Chefredakteur des Nordkurier, reagierte souverän, stand zu seinem Mitarbeiter Debionne, und quittierte die dreiste Anfrage des Landtags kurzerhand in Form einer Veröffentlichung des Beschwerdebriefs des Landtags mit einem äußerst lesenswerten Antwortbrief der Nordkurier-Chefredaktion darauf.
Das vorbildliche Verhalten des Nordkuriers in allen Ehren: Das grundsätzliche Problem bleibt jedoch bestehen: Denn wieviele Redaktionen würden, sobald eine Landesregierung Druck auf sie ausübt, nicht viel eher „einknicken“ und den Mitarbeiter entweder maßregeln oder entlassen. Wer möchte schon heutzutage als seriöses Blatt einen guten Zugang zur Politik aufs Spiel setzen. Dass eine Landesregierung Einfluss auf die Presseberichterstattung zu im eigenen Haus stattfindenden Untersuchungsausschüssen nehmen möchte, stellt schon allein für sich betrachtet eine Ungeheuerlichkeit dar - auch wenn der Vorfall für den Kollegen Debionne schlussendlich gut ausgegangen ist, und die Landtagsleitung sich damit lediglich ein mediales Eigentor geschossen hat.
Nun also der nächste Vorfall im Hinblick auf die Pressefreiheit im Brandenburger Landtag. Da alle Laptop-Benutzer auf der Besuchertribüne von der Sicherheitsbeamtin des Landtags angesprochen wurden, scheint es sich hierbei um neue “Auflagen” der Landtagsleitung zu handeln. Es drängt sich die Frage nach dem Sinn und Zweck der Maßnahme auf: Sollte es bei den Laptop-Kontrollen darum gegangen sein, illegale Video- oder Ton-Mitschnitte zu verhindern, wäre dies einigermaßen absurd, da sich mit Mobiltelefonen noch viel leichter und unauffälliger Mitschnitte erstellen lassen, und fast jeder ein Mobiltelefon in der Tasche hat. Heimliche Mitschnitte sind illegal - das Mitschreiben auf einem Laptop hingegen ist legal. Dass nun ausgerechnet Laptops kontrolliert wurden – der einzigen legalen Möglichkeit, verwertbare Informationen aus den Ausschuss-Sitzungen für die Öffentlichkeit zu generieren - ergibt keinen Sinn. Um was geht es der Landtagsleitung bei einer solchen Maßnahme? Einschüchterung, Schikane, Gängelung von Journalisten? Einen kläglichen Versuch, zu verhindern, dass Informationen aus den Corona-Untersuchungsausschusssitzungen nach draußen gelangen könnten?
Wie ich bereits in meiner vorangegangenen Berichterstattung zum Potdamer Corona-Untersuchungsausschuss und auch an anderer Stelle deutlich gemacht habe, ist das komplette Audio- und Mittschnitt-Verbot in öffentlichen Ausschuss-Sitzungen in einer Demokratie schlichtweg nicht mehr nachvollziehbar. Strenggenommen müssten alle diese Sitzungen live per Video ins Netz gestreamt und dauerhaft dort den Bürgern zur Verfügung gestellt werden - im besten Fall auf der Webseite des Landtags selbst. Die Ausschuss-Sitzungen wurden vom Steuerzahler, den Bürger dieses Landes, dem Souverän, finanziert und auf demokratischem Weg einberufen. Es gibt keine überzeugende Begründung, warum eine Demokratie im 21. Jahrhundert - in der scheinbar grenzenlose Transparenz-Ansprüche an die Bürger gestellt werden - etwa in Form von Chatkontrollen, weithin ausgedehnten Kompetenzen eine Bürger-Beobachtung durch das Bundesamt für Verfassungsschutz, oder Meldestellen für delegitimierendes Verhalten - im Gegenzug keine Transparenz des Staates gegenüber den Bürgern gewährleistet wird. Die ganze Aufregung um „geheime Mitschnitte“ in öffentlichen Landtagssitzungen ist vollkommen absurd, da den Bürgern der genaue Wortlaut dieser Sitzungen vollumfänglich zusteht.
Schlussendlich schädigt die Landtagsleitung mit solchen Willkür-Vorgaben vor allem ihrem eigenen Ruf und gibt sich in den sozialen Medien der Lächerlichkeit preis: Meine Live-Berichterstattung zur Einschränkung der Pressefreiheit in der Potsdamer Landtagssitzung hat auf X hat eine Reichweite von knapp 100K Impressionen erhalten. Auch die Landtags-Abgeordnete Saskia Ludwig (CDU) reagierte auf den Vorfall und prangerte auf X öffentlich das Verhalten der Landtagsleitung an. Sie stellte die sich aufdrängende Frage: „Was veranlasst Gerold Büchner (Pressesprecher des Landtages Brandenburg) journalistische Arbeit weiterhin zu behindern?“
Um die Leitlinien, die die Landtagsleitung zu derartigen Anweisungen an das Sicherheitspersonal des Landtags veranlassten, besser einordnen zu können, habe ich nun eine offizielle Presseanfrage an Gerold Büchner, den Pressesprecher und Leiter der Pressestelle des Brandenburger Landtags (siehe Foto) gestellt - mit einer gewährten Beantwortungsfrist bis einschließlich Freitag, den 08. März 2024. Über den Fortgang der Angelegenheit werde ich nach Ablauf der Beantwortungsfrist weiter auf diesem Blog berichten.
Hier die nächsten Termine zum öffentlich zugänglichen Corona-Untersuchungsausschuss im Brandenburger Landtag.
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Vielen Dank für die Spitzen-Berichterstattung. Eine unangenehme und nicht sehr glamouröse, aber notwendige Arbeit.
Danke für Ihre konsequente, hartnäckige und fundierten Recherchen und Berichterstattungen. Das Verbot von Ton- und Bildaufnahmen in U-Ausschüssen ist klar ein Überbleibsel eines Staates, der Amtsgeheimnis und Gehorsam über die Interesse mündiger Bürger und eines demokratischen Rechtsstaates stellt. Die U-Ausschüsse im US-Kongress mit Befragungen von Vertretern der “Eliteunis” zu Mandates, Epidemologe Marty Makary, Twitter Files etc. waren entlarvend..
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