Das Disziplinarverfahren
Im Mai 2020 führte ein "Fehlalarm-Papier" aus dem BMI zu einem nationalen Medienskandal. Knapp zwei Jahre später stand der Beamte Stephan Kohn dafür vor Gericht. Ein Prozessbericht und Portrait.
Knapp zwei Jahre nach dem sogenannten „Fehlalarm-Papier“ des Beamten Stephan Kohn, das im Mai 2020 zu einem medialen Großereignis und Kohns Suspendierung geführt hatte, wurde am 16. März 2022 das lang anberaumte Disziplinarverfahren gegen ihn geführt. Klägerin war die Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch das Bundesministerium des Inneren (BMI). Kohns Verteidigung übernahm kein Geringerer als Gregor Gysi. In der Entscheidung wurde Stephan Kohn der Beamtenstatus aberkannt. Der ausschlaggebende Vorwurf lautete aus Ministeriumssicht, dass er den offiziellen BMI-Briefkopf verwendet und damit den Anschein erweckt hatte, es handele sich um ein offizielles Dokument seines Referats, statt seiner eigenen, persönlichen Sichtweise. Eine Verletzung des Dienstwegs ist in Deutschland kein Kavaliersdelikt.
Ein Bericht über Kohns Disziplinarverfahren, das mediale Großereignis, das sein “Fehlalarm”-Papier auslöste - und ein kritisches Portrait des BMI-Beamten, der in der Opposition zum Helden wurde.
Zwei Jahre lang war es recht ruhig um den Fall des Beamten Stephan Kohn aus dem Bundesministerium des Inneren (BMI), der an einem Feiertag im Mai 2020 ein 83-seitiges Dokument an die Krisenstäbe des BMI, der Länder und an das Kanzleramt versandt hatte. Der Oberregierungsrat aus der Abteilung “Krisenmanagement und Bevölkerungsschutz” hatte aus Ministeriumssicht “drastische Worte” für die Corona-Maßnahmen der Bundesregierung gefunden: Bei Corona handele es sich um einen “globalen Fehlalarm”, durch vermeintliche Schutzmaßnahmen entstünden jeden Tag “gravierende Schäden, gesundheitliche und existenzielle, bis hin zu vielen vermeidbaren Todesfällen” und, “die Regierung muss sich den Vorwurf gefallen lassen, in der Krise selbst der größte Produzent von Fake-News gewesen zu sein“. Quer durch alle Leitmedien des Landes wurde dieser Duktus Kohns später als “harter Tobak” bezeichnet.
Ich wohnte dem Disziplinarverfahren am 16. März 2022 persönlich bei. Der folgende Bericht entstand auf Grundlage meiner Aufzeichnungen während der Verhandlung. Bemerkenswert ist, dass das „Fehlalarm-Papier“ im Mai 2020 noch einen nationalen Polit-Skandal auslöste, über den alle größeren Medienhäuser berichteten, während beim eigentlichen Gerichtstermin zwei Jahre später nur noch eine Handvoll Vertreter der sogenannten „alternativen“ Medien zugegen waren. Und das, obwohl sich im Mai 2020 selbst die arrivierte FAZ noch für die rechtlichen Implikationen der Causa Kohn interessiert hatte:
„Tatsächlich ist es eine interessante Frage, ob dieser [Kohn] im Rahmen seiner dienstlichen Aufgaben für solche Anfragen die ausdrückliche Autorisierung des Dienstherrn braucht.“
Zwei Jahre später scheint es zum guten Ton zu gehören, über in Ungnade gefallene Schmuddelkinder der “anderen” Blase schlichtweg nicht mehr zu berichten. Die Zerteilung der Gesellschaft in selbstreferenzielle Echokammern, mit ihren jeweils ganz eigenen Helden und Medien-Universen, schreitet weiter voran.
Der Prozess
Zunächst verlas die Richterin Auszüge aus Stephan Kohns Biografie. Seit 2000 war er in verschiedenen Bereichen im BMI als Referent tätig, 2008 wurde er zum Oberregierungsrat befördert und seit August 2013 war er zuständig für das Referat KM4 „Schutz kritischer Infrastrukturen”. Kohn ist schwerbehindert mit einem Grad von 50, nähere Angaben zur Art seiner Behinderung wurden nicht gemacht. Ab Mitte März 2020 hatte sich Kohn sowohl privat, als auch innerhalb seines Referats intensiv mit der Analyse gesamtgesellschaftlicher Auswirkungen der Corona-Pandemie beschäftigt. Am 05. Mai 2020 schickte er eine Vorlage seines späteren „Fehlalarm”-Papiers an seinen damaligen Abteilungsleiter. Als dieser nicht reagierte, verschickte er den 83-seitigen Bericht, inklusive einer 9-seitigen Kurzfassung und zusätzlicher Anlagen, insgesamt 193 Seiten, am 08. Mai - einem Feiertag - an einen Verteiler bestehend aus den Krisenstäben des BMI, der Landesministerien und an das Kanzleramt.
Noch am gleichen Tag distanzierte sich das BMI von Kohn und suspendierte ihn vom Dienst. Am 09. Mai wurde ihm ein Hausverbot erteilt. Kohn stellte dagegen einen Eilantrag - dieser wurde abgelehnt. Am 08. Juni 2020 leitete das BMI ein Disziplinarverfahren gegen Kohn ein, „Verbot zur Führung der Dienstgeschäfte“, wie es nach dem Bundesbeamtengesetz heißt. Es wurden Zeugen im Ministerium vernommen, ob er in seiner Ausarbeitung auch aus BMI-internen Dokumenten zitiert hätte, die ihm nur aus „dienstlichem Zusammenhängen“ bekannt gewesen sein konnten - und ob sich darunter auch “geheimhaltungspflichtige Dokumente” befunden hätten.
Die Richterin ging anschließend auf die Kohn zur Last gelegten Vorwürfe ein: Darunter Verstöße gegen “die beamtenrechtliche Beratungspflicht, die Folgepflicht, die Wahrnehmungspflicht, die Verschlusssachepflicht, die Amtsverschwiegenheitspflicht” sowie die “Pflicht zu achtungs- und vertrauensgerechtem Verhalten“. An 32 Stellen seines Berichts hätte Kohn aus nicht-amtlichen Quellen zitiert. Kohn hätte zudem ohne Auftrag an seinem Bericht gearbeitet und diesen unautorisiert an einen breiten Verteilerkreis geschickt, inklusive einer Bitte um Weiterleitung. Dies hätte dazu geführt, dass die Ausarbeitung öffentlich wurde. Dem BMI sei dadurch ein “schwerer Imageschaden und Vertrauensbruch” entstanden. Das Verhalten des Beklagten “passe zu dessen Persönlichkeitsbild”.
Nach einer recht umfangreichen Darstellung der Anklagepunkte der Klägerseite verliest die Richterin dann in drei bis vier Sätzen die Erwiderungspunkte Kohns auf die Anklage: Er hätte Schaden abwenden und nicht anrichten wollen, und es sei keine Wiederholungsgefahr gegeben, weil es sich im Mai 2020 um eine historisch einmalige Situation gehandelt hätte.
Als Kohn das Wort erteilt wird, wendet dieser ein, dass seine Erwiderung nur sehr spartanisch vorgetragen worden wäre und er gern mehr dazu ergänzen würde. Sein Fachbereich sei laut dem BMI-”Organigramm für außerordentliche Krisen“ sehr wohl zuständig gewesen. Er sei mit seinem Referat in jener Zeit “engstens eingebunden gewesen in den Komplex zur Krisenbewältigung“. Die Vorwürfe empfinde er als konstruiert, und er würde gern schildern, wie es ihm zu jener Zeit ergangen sei.
Er sei im April 2020 nach einer Woche Krankheit zurück in den Dienst gekommen. Die Krise begann, täglich kamen neue Daten aus China herein. Sein erster Vorbehalt sei gewesen, dass Daten aus einem autoritären Land möglicherweise nicht sehr belastbar seien. Später erfolgte die Einstufung seitens der WHO als „Pandemie“ – wobei laut Kohn die „Pandemie“ seit einer WHO-Definitionsänderung im Jahre 2009 eigentlich eine Art Dauerzustand sei. Als die ersten Maßnahmen in Deutschland getroffen wurden, habe er nicht feststellen können, an welcher Gefährlichkeit das festgemacht wurde: Von ein paar hundert Fällen weltweit hätte man noch nicht ableiten können, dass eine Gefahr für die gesamte Welt bestünde. Von der Krankheit selbst hätte er nicht viel mitbekommen, sehr wohl aber von den Maßnahmen, und wie stark das BMI für deren Umsetzung eingespannt wurde. Allein in den ersten Wochen seien im BMI über achtzig verschiedene Projekte dazu angelaufen. Er sei Zeuge davon geworden, wie ein riesiger Verwaltungsapparat in Gang gesetzt, hunderte Milliarden Euro Budgets freigemacht wurden, gleichzeitig aber Menschen persönlich geschädigt worden seien durch die Maßnahmen. Es habe sich ihm die Frage aufgedrängt, ob eine Begründung für letztere überhaupt gegeben sei.
Dann habe er sich gefragt: Was habe ich damit zu tun?
Der Richter konnte sich an dieser Stelle die kleine Spitze nicht verkneifen, genau dieselbe Frage stelle man sich hier im Gericht allerdings auch.
Kohn fuhr nach außen hin unbeeindruckt fort: Da es eine Krise gewesen sei, die alle betroffen hätte, habe er im Rahmen seiner Möglichkeiten seinen Beitrag leisten wollen. Er sei Spezialist für kritische Infrastrukturen, wie Trinkwasserversorgung, Stromversorgung, Internet, Nahrungsmittelversorgung. Er könne beurteilen, ob deren Gewährleistung beeinträchtigt sei. Er sei in der Vergangenheit an der Ausarbeitung einer nationalen Theorie zum Schutz kritischer Infrastrukturen beteiligt gewesen. Es hätte zu Kaskaden- und Dominoeffekten kommen können. Laut Arbeitsplan im BMI sei er für Leitfäden im Bereich Krisenmanagement zuständig gewesen, zudem sei in Regularien für Referenten festgelegt, dass man eigeninitiativ tätig werden könne. Dies sei eine Selbstverständlichkeit, so hätte er seit 20 Jahren im BMI gearbeitet. Andere Ressorts im BMI um Daten zu fragen, was ihm nun zur Last gelegt wurde, sei das übliche Verfahren gewesen. In vielen hauseigenen Unterlagen, wie Krisenplänen aus dem Jahr 2012/ 2013, habe er den warnenden Hinweis gelesen, dass bei Maßnahmen, die während einer Pandemie getroffen werden, immer auch die Gefahr einer Überkompensation bestehe: Man müsse aufpassen, dass der mit Maßnahmen angerichtete Schaden den Nutzen nicht übersteige.
Der Richter wandte ein, er könne das subjektive Gefühl einer Zuständigkeit ja durchaus verstehen, aber eine Bewertung der Maßnahmen insgesamt sei doch zu keinem Zeitpunkt die Aufgabe von Kohns Referat gewesen. Kohn dürfe gerne eine private Meinung dazu haben - eine vorangegangene Email seines Abteilungsleiters an ihn sei aus Sicht des Gerichts jedoch unmissverständlich gewesen:
„Ich kann nicht erkennen, warum Ihre Arbeit einer zeitkritischen Ausarbeitung unterliegt – mir ist auch nicht bekannt, dass Ihnen zu diesem umfassenden Thema ein Auftrag erteilt wurde. Eigeninitiative bezogen auf die eigene Aufgabenstellung ist zwar lobenswert, sie muss sich aber einfügen in das konkrete Aufgabenfeld. Zudem bin ich nicht bereit, ein Papier anzunehmen, das von ihrem früheren Referatsleiter nicht akzeptiert wurde. Also halten Sie bitte den Dienstweg ein und warten auf Ihren neuen Referatsleiter, der in Kürze seinen Dienst in KM 4 antreten wird.“
Kohn wandte ein, es habe sich um eine „Gefahr im Verzug“-Situation gehandelt, daher habe er sich verpflichtet gefühlt, Schaden von der Bevölkerung abzuwenden. Aus Inzidenzen ließe sich keine Schadentwicklung ablesen. Er habe dazu beitragen wollen, dass Verantwortlichen essentielle Informationen rechtzeitig vorlägen. Dass sein Bericht zu einem Imageschaden für die Regierung und das BMI geführt hätte, könne er nicht erkennen: Die Zustimmungswerte für die Corona-Politik der Regierung seien danach sogar noch nach oben gegangen. Einen Image-Schaden hätte lediglich er selbst erlitten, durch das vernichtende Medien-Echo, dem er infolge seines Berichts ausgesetzt gewesen sei.
Zwischen dem 01. und 18. Mai habe es in seinem Referat keinen Leiter gegeben, da die eingesetzte Vertretung ab dem 05. Mai ebenfalls krank war. Ab dem Gespräch mit seinem Abteilungsleiter am 05. Mai hätte er zwei Wochen auf seinen neuen Referatsleiter warten müssen. Sein Abteilungsleiter hätte den Tatbestand „Gefahr im Verzug“ abgewehrt, ohne die Sachlage zu kennen. Durch den krankheitsbedingten Ausfall des vertretenden Referatsleiters ab dem 05. Mai 2020 sei er als „Dienstältester“ automatisch in den Posten des stellvertretenden Referatsleiters nachgerückt. Er hätte jeden Mitarbeiter im Referat zu seinem Bericht konsultiert. Die Verteiler, an die er das Dokument verschickt habe, seien rein interne Verteiler gewesen - die gleichen Verteiler, mit denen er bei Bund und Ländern tagtäglich zu tun hätte.
Gregor Gysi ergänzte, sein Mandant habe nicht davon ausgehen können, dass eines der zuständigen Ministerien aus dem Verteilerkreis seinerseits seine Verschwiegenheitspflichten verletzen würde. Für ihn, Gysi, stelle sich hier auch ganz grundsätzlich die Frage: Was erwarten wir eigentlich von unseren Beamten in Deutschland? Blinden Gehorsam gegenüber Vorgesetzten? Wenn man sich nun ausgerechnet von solch leidenschaftlichen und engagierten Beamten wie Kohn trenne, die sich über das geforderte Maß hinaus sogar in ihrer Freizeit für den Schutz der Bevölkerung einsetzten - welche Art von Beamten wolle man dann? Hier ginge es schließlich nicht nur um irgendein Disziplinarverfahren, sondern eine Entlassung, das sei die schwerste Maßnahme, die das Disziplinargesetz überhaupt vorsehe. Kohn so hart zu bestrafen dafür, dass er nur gemäß seinem Gewissen gehandelt habe, halte er für unverhältnismäßig. Sein Mandant habe sich nicht nur berechtigt - er habe sich verpflichtet gefühlt.
Der Richter lenkte ein, im Falle Kohns könnten durchaus mildernde Umstände gelten: Dazu zählten die angeführten Gewissensgründe, seine Schwerbehinderung, eine belastende familiäre Situation während des Lockdown oder sonstige private Umstände. Er fragte Kohn, ob etwas davon zuträfe.
Kohn antwortete, der Lockdown sei an niemandem spurlos vorübergegangen, das träfe auf ihn aber nicht in besonderer Weise zu. Vielmehr sei es ein biografisches Ereignis gewesen, das möglicherweise zu seinem Verhalten beigetragen habe: Er sei im Jahr 2010 einer der Hauptzeugen in einem großen Missbrauchsprozess gegen die evangelische Kirche gewesen. Täter war sein eigener Stiefvater, der damals als Gemeindepastor im Raum Ahrensburg ihm anvertraute Kinder missbraucht hatte. Drei seiner Brüder, seine Freundin und er selbst seien betroffen gewesen, zudem gab es 50-60 weitere Opfer. Er habe sich 1985 an den zweiten Pastor im Ort gewandt, wurde von diesem aber abgewiesen. Zwei seiner Brüder begingen infolge der seelischen Belastungen durch den Missbrauch Suizid - einen von ihnen fand er selbst tot vor. Er habe nicht ein zweites Mal miterleben wollen, wie aufgrund eines „Hängenbleibens“ von Informationen schwerstes Leid verursacht würde.
Der Richter nahm die traumatische Erfahrung Kohns mit zu Protokoll. Dieser Sachverhalt sei ihm neu gewesen. Das Gericht zog sich zurück und gab im Laufe des Tages die Entscheidung bekannt. Da gegen Ende der Verhandlung noch recht lange mildernde Umstände zu Protokoll gegeben wurden, hatten diverse Prozessbeobachter, inklusive mir, den Eindruck, das Gericht würde sich noch auf eine Herabstufung statt einer Aberkennung des Dienstgrads einlassen. Das Gericht entschied sich jedoch abschließend für die Höchststrafe, die Enthebung Kohns aus dem Beamtenstatus. Warum waren sich das Gericht und die Klägerseite so einig, dass Kohn aus dem Dienstverhältnis entfernt gehört?
Wer ist Stephan Kohn?
Um den Präzedenzfall, den die Causa Kohn für das BMI darstellt, besser zu verstehen, lohnt es sich, den politischen Werdegang Kohns, das Medienereignis “Fehlalarm-Papier” und Kohns politische Aktivitäten, insbesondere während der letzten zwei Jahre noch einmal genauer zu beleuchten. Der 1962 in Hamburg geborene Politologe, Verwaltungswissenschaftler und Politiker Kohn war 20 Jahre als Beamter im Bundesministerium des Inneren tätig. Davor war er persönlicher Referent eines Berliner Bezirksbürgermeisters, dabei lagen seine Schwerpunkte auf der Verwaltungsmodernisierung, der Visumpolitik und dem Dienstrecht für internationale Organisationen. Zeitweilig saß er sogar im Europarat, in einem „Lenkungsausschuss für lokale und regionale Demokratie“.
Im Jahr 2010 folgte die im Prozess zur Sprache gekommene Rolle Kohns bei der Aufklärung des „Ahrensburger Missbrauchsskandals“ - eine Erfahrung, die Kohn lebenslang prägen sollte.
Von 1990 bis 2021 war Kohn SPD-Mitglied. Im Jahr 2003 kandidierte er für das Bürgermeisteramt in Wedel, unterlag aber mit 36,6% gegenüber seinem Konkurrenten. Das Hamburger Abendblatt beschrieb Kohns Kandidatur als “visionslos”.
Im Jahr 2018 versuchte Kohn in einem noch aussichtsloser wirkenden Unterfangen, SPD-Vorsitzender zu werden - was die NWZ damals wie folgt kommentierte:
"Andrea Nahles oder Simone Lange? Eine Frau für die SPD-Spitze? Will Stephan Kohn nicht. Der 55-Jährige aus Berlin will selbst Parteichef werden. Beim SPD-Sonderparteitag in Wiesbaden versucht Kohn am Sonntagvormittag, sich noch kurzfristig als Kandidat ins Rennen zu bringen. Wer das tun will, muss 50 Delegierte hinter sich bringen. Und so postiert sich Kohn mit einer Unterschriftenliste vor dem Haupteingang der Kongresshalle. Dort sitzt er auf einer Treppe und wartet. Ein unscheinbarer Mann in Jeans und kariertem Hemd, still und leise.“ (NWZ, 23.04.18)
Kevin Kühnert, damals Vorsitzender von Kohns SPD-Ortsverein, spottete auf Twitter unter dem Hashtag #dailysoap durch die Blume, “jemand” aus seinem Ortsverein wolle SPD-Vorsitzender werden - und man müsse die SPD einfach lieben:
Kohns Bestrebungen, SPD-Vorsitzender zu werden, kamen auch während des Disziplinarverfahrens kurz zur Sprache. Der Richter kommentierte, bei Kohn läge offenbar eine “hohe Leidensbereitschaft” vor.
Begleitend zu seiner angestrebten SPD-Kandidatur veröffentlichte Kohn auf seinem Youtube-Kanal ein Wahlwerbe-Video aus einem vollbepackten Auto. Die Aktion macht unweigerlich stutzig, egal wie wohlwollend man auf sie zu blicken versucht. Das Video beginnt mit den Worten: “Hallo, ich bin’s nochmal. Heute also zweiter Tag nach der Operation, nach der Zahn-Extraktion - mir wurde der Zahn rausgenommen” - bei diesen Worten macht er ein schmerzverzerrtes Gesicht und fährt sich über die Wange - “ich komme aber nochmal auf mein Anliegen zurück: Die SPD muss erneuert werden”. Bisher sei die Erneuerung nur so gelaufen, dass man SPD-Mitglieder nach ihren Meinungen befragt hat, da käme “die Kakophonie des Grauens zustande”. Das Video ist auf der Hälfte so schlecht zusammengeschnitten, dass er damit seine eigene Rede unterbricht. Dann meint er, das klinge bei ihm natürlich jetzt alles anders als das, was man von so “aalglatten Politikern” her kenne - erneut Verwackelung des Videos- “huch, ich dachte, jemand verscheucht mich da jetzt von meinem Parkplatz”. Er kommt zurück auf die aalglatten Politiker: “die sind natürlich drauf geschult, welchen Eindruck sie so vermitteln, bei mir ist das alles noch ein bisschen holprig… sehr holprig vielleicht.”
Da will jemand ernsthaft SPD-Vorsitzender werden - mit so einem Video?
Die Videobeschreibung lässt Folgendes verlauten:
bitte, bitte, weitersagen! Ich bin der Kandidat der Parteibasis.
Jetzt wird es spannend.
(Dieses Video vom 16.6.19 habe ich nochmal technisch optimiert und die Teile a und b zusammengefügt.) Wie gesagt, ich will SPD-Vorsitzender werden. Hinweise für Leute, die mich nicht unterstützen wollen: - höchstens einmal meine Videos ansehen (sonst unterstützt ihr meine Statistik unwillentlich) - am besten Seh-Gemeinschaften bilden, damit ich nicht so viel Klicks bekomme, und ihr trotzdem up-to-date bleibt - weder liken noch disliken, das bringt alles nur Traffic für mich Wer mich unterstützen will: - kein Geld, davon hab ich nichts - besser: die erste Million Klicks bestellen (spezielle Agenturen) - wir wolle Zero mal zeigen, was ein echter Influencer ist...
Nach seiner erfolglos gebliebenen SPD-Kandidatur war es zwei Jahre lang ruhig um den Oberregierungsrat Kohn - bis dieser schließlich im Mai 2020 mit seinem “Fehlalarm”-Papier einen Polit-Skandal von nationaler Tragweite auslöste. Ein Skandal, der die Debatte über die Corona-Politik in Deutschland maßgeblich prägen sollte.
Eine Staatsaffäre nimmt ihren Lauf: Chronik eines Medienereignisses
Am Freitag, den 08. Mai 2020 gegen 13:30 Uhr verschickt Stephan Kohn sein Fehlalarm-Papier an den Krisenstab des BMI, die Krisenstäbe der Landesministerien und an das Kanzleramt. Nur zwei Stunden später, um 15:30 Uhr, reagiert das BMI bereits und wendet sich mit einer Email an die zehn Experten, die Kohn für sein Papier als Berater und Ko-Autoren herangezogen hatte, um ihnen von offizieller Seite aus mitzuteilen, der Mitarbeiter habe nicht im Auftrag des Ministeriums, sondern auf eigene Verantwortung gehandelt. Eine auffallend stramm organisierte behördliche Reaktion für einen Feiertag - besonders im Hinblick auf die sonstige Unfähigkeit des Ministeriums, IFG-Anfragen oder Journalistengesuche ordnungsgemäß und zügig zu beantworten.
Einer der zehn Experten zieht daraufhin seine Expertise für Kohns Bericht zurück. Alle anderen bleiben dabei und schicken ihrerseits Antwortbriefe an das BMI, in denen sie Kohn ihre Unterstützung zusichern und das BMI bitten, dessen Analyse trotz des ungewöhnlichen Dienstwegs zur Kenntnis zu nehmen. Bei besagten Experten handelt es sich unter anderem um den Mikrobiologen Sucharit Bhakdi und seine Frau, die Dermatologin Karina Reiss, den Soziologen Gunnar Heinsohn, den Toxikologen Stefan W. Hockertz, den Pathologen und Leopoldina-Mitglied Peter Schirmacher, den Mediziner Andreas Sönnichsen, den Psychologen Harald Walach, sowie die Ärzte Til Uebel und Gunter Frank.
Die ersten Medien, die schon am 09. Mai über Stephan Kohns Papier berichteten, waren Tichy’s Einblick und die Achse des Guten. Tichy veröffentlichte Auszüge aus dem originalen Kohn-Bericht, nachdem ein AfD-Politiker diesen an das Medium geleakt hatte. Stephan Kohn steht beiden Medien politisch nahe, was unter anderem daraus ersichtlich ist, dass er später in Tichys Talkshowformat “Tichys Ausblick” auftrat, den AchGut-Autor Gunter Frank gebeten hatte, die Expertenliste für seinen Bericht zusammenzustellen, sowie selbst daran mitzuwirken. Ebenjener Gunter Frank war es dann auch, der zeitlich synchron zur Berichterstattung bei Tichy einen Artikel auf AchGut dazu veröffentlichte. Er eröffnete diesen mit feierlichem Pathos:
Liebe Leser und Leserinnen, was ich Ihnen heute schreibe, müsste, wenn wir noch einigermaßen funktionierende Institutionen, Behörden, Gerichte und Medien haben, den Lockdown zu einem unverzüglichen Ende bringen. Denn nun folgt eine Geschichte, in der man sich an Watergate und Whistleblowing erinnert fühlt, nur jetzt, heute und mittendrin. Da ich Arzt bin, und mich vor allem Menschen interessieren, werde ich sie Ihnen auch genau aus dieser Perspektive erzählen. Sie kennen vielleicht meine Corona-Beiträge. Die sachliche und fundierte Herangehensweise bekommt sehr viel Zustimmung. Das führte dazu, dass mich vor zehn Tagen ein Mitarbeiter des Bundesministeriums des Innern darum bat, ihn bei der Erstellung einer medizinischen Schadensanalyse des Lockdown zu unterstützen.
Später im Text heißt es:
Nun stand die Frage im Raum, wie man mit so einem brisanten Wissen umgeht. Ich habe deshalb Kontakte hergestellt, um den Mitarbeiter mit weiteren herausragenden Netzwerken zu unterstützen. Es sollte auch eine kluge Strategie gefunden werden, mit der dieser hochwichtige Vorgang so kommuniziert werden kann, dass er von den großen Leitmedien aufgegriffen wird, nachdem die Länderministerien die Gelegenheit hatten, die brisante Analyse zu bewerten. (…) Auszüge des Papiers fanden inzwischen jedoch auf anderem Weg in die Medien. Ob es richtig ist zu berichten, bevor die Länderministerien die Chance hatten, auf diese rund 200 Seiten umfassende Expertise zu reagieren, kann ich nicht beurteilen. Aber wie auch immer, die Katze ist nun aus dem Sack. Deshalb reagiere ich hier in Abstimmung mit Achgut.com. Der Redaktion liegt das gesamte Papier vor, und es wird derzeit geprüft, inwieweit daraus zitiert werden darf. Weitere Beiträge werden folgen.
Dieser erste Artikel über den Kohn-Bericht bei AchGut ist sehr vielsagend. Zunächst einmal geht daraus hervor, dass auch der AchGut-Redaktion bereits am 09. Mai der gesamte Kohn-Bericht vorlag - vermutlich durch den Ko-Autor Gunter Frank selbst. Und das, obwohl Kohn seinen Bericht laut Aussage vor Gericht lediglich an “interne Verteiler” geschickt hatte und “niemals hätte ahnen können, dass das Papier an die Öffentlichkeit gelangen würde”, wie es sowohl von Kohn selbst als auch von Gysi während der Verhandlung wiederholt bekräftigt wurde.
Es ist schwer vorstellbar, dass Kohns Ko-Autor Gunter Frank, nachdem er sich zehn Tage lang engstens mit Kohn abgestimmt hat, ausgerechnet jetzt in Eigenregie die Info vorzeitig ausplaudert. Aus dem Satz “Es sollte auch eine kluge Strategie gefunden werden, mit der dieser hochwichtige Vorgang so kommuniziert werden kann, dass er von den großen Leitmedien aufgegriffen wird (…)” ist in keinster Weise ersichtlich, dass Kohns Bericht in der internen Sphäre der Ministerien verbleiben sollte - ganz im Gegenteil: Hier klingt es eher danach, als ob eine große Medien-Kampagne lanciert werden sollte. Damit ist Kohns Behauptung vor Gericht, er habe seinen Bericht für rein interne Zwecke verfasst und nicht ahnen können, dass dieser an die Öffentlichkeit kommt, augenscheinlich nicht ganz wahr - wenn schon sein engster Ko-Autor einen Tag später einen Artikel darüber verfasst, bevor die Ministerien überhaupt Zeit hatten, sich selbst eine Meinung zu bilden und zu äußern. Man hätte den Vorfall auch erstmal niedrig halten und den Behörden Zeit geben können, bevor man Stephan Kohn - und damit als Ko-Autor auch indirekt sich selbst - vorzeitig zum Helden krönt.
Interessant an Gunter Franks Artikel ist auch die darin dokumentierte Email des BMI an die Autoren, sowie deren Antworten an das BMI. Die Email des BMI an die Autoren ist in einem nüchternem, sachlichen Tonfall gehalten:
Sehr geehrte Damen und Herren,
ich möchte Sie darauf hinweisen, dass es sich vorliegend um ein von einem einzelnen Mitarbeiter verfasstes Papier handelt. Der Mitarbeiter war weder am Krisenstab beteiligt, noch beauftragt oder autorisiert eine solche Analyse zu erstellen oder zu veröffentlichen. Sie gibt seine private Auffassung wieder, nicht die des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat.
Mit freundlichen Grüßen
Im Auftrag
H.
Gemeinsamer Krisenstab des BMI/BMG
Stabsbereich 4
Die daraufhin folgende Antwort Sucharit Bhakdis an das BMI wirkt in sowohl in ihrer Wortwahl, als auch in Duktus und Inhalt auffallend deplatziert:
Verehrte Frau H.,
realisieren Sie bitte, dass viele sehr kundige Wissenschaftler auf Sie und Ihr Ministerium schauen, und dass alle Reaktionen sorgfältig dokumentiert werden. Die Wahrheit wird mit Sicherheit in nicht allzu ferner Zukunft ans Tageslicht kommen. Und dann werden die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen.
Wenn Sie die Wahrheit nicht erkannt haben, mögen Sie sich aus ureigenem Interesse mit dem Thema ernsthaft beschäftigen. Wir sind bestimmt keine Verschwörer, sondern wollen dazu beitragen, dass in unserem Land Unrecht beendet wird, das unendlich vielen Menschen unendlich viel Leid angetan hat.
Ihr
Sucharit Bhakdi
“Wir sind bestimmt keine Verschwörer” - hatte das Ministerium das etwa behauptet? Bhakdi verwendet gleich in der ersten Mail an das Ministerium ein Strohmann-Argument. Wozu eine solche vorwegnehmende Selbststigmatisierung? “Die Wahrheit wird mit Sicherheit in nicht allzu ferner Zukunft ans Tageslicht kommen. Und dann werden die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen.”
Die Wahrheit. Frage eins, wer kann in einer hochkomplexen Welt schon “die Wahrheit” für sich beanspruchen - Frage zwei, ginge es rhetorisch nicht auch eine Nummer kleiner? Es drängt sich unweigerlich die Frage auf, wem ein solch anklagendes Pathos hilft, wenn man seitens des BMI noch ernstgenommen werden möchte, und in den vorliegenden politischen Kräfteverhältnissen eine marginalisierte Minderheitenposition vertritt. Interessant: Dieselbe anklagende Pose Bhakdis findet sich auch durchgängig in Kohns Bericht. Interessant ist auch die semantische Verbindung “Fehlalarm-Papier” und “Corona-Fehlalarm?”, dem Buch, das Bhakdi zusammen mit seiner Frau Karina Reiss bereits im April 2020 fertiggestellt hatte und das umgehend zum Bestseller wurde.
Es drängt sich bei genauerer Betrachtung unweigerlich der Eindruck einer Kampagne auf. Im Hintergrund fand ganz offensichtlich eine Koordinierung zwischen den Autoren statt, damit Kohns Bericht - wie von Gunter Frank erhofft - “von den großen Leitmedien aufgegriffen wird”. Dies steht jedoch diametral zu Kohns und Gysis Aussagen vor Gericht. Und es stellt sich auch die Frage, ob es - wie von Gunter Frank nahegelegt - wirklich eine “kluge Strategie” war, das Kohn-Papier ausgerechnet über rechtskonservative Medien wie Tichy und AchGut zu lancieren. Wie heißt es so schön, “the medium is the message”. Sollte Kohn jemals vorgehabt haben, mit seinen Botschaften in der Breite Gehör zu finden - war eine solche Erstplatzierung der Nachricht “von rechts” dann wirklich eine “kluge Strategie”?
Am Sonntag, dem 10. Mai erscheint auf der Seite des Bundesministerium des Inneren eine offizielle Stellungnahme des Hauses, in der man sich vom Bericht des eigenen Mitarbeiters distanziert und als seine “Privatmeinung” deklariert:
Der Vorfall im Innenministerium und die dazugehörige Stellungnahme des BMI landen noch am selben Abend in der Tagesschau (ab Minute 3:00):
Auch in den Printmedien erscheinen am 10. Mai die ersten Berichte über Kohns Bericht, die sich wie die Tagesschau im Wesentlichen auf die Stellungnahme des BMI stützen.
Am Montag, den 11. Mai ist das Echo der Leitmedien noch verhalten: Lediglich drei Artikel erscheinen dazu, Tichy und AchGut treiben jedoch “ihr” Herzensthema weiter voran:
Am Dienstag, dem 12. Mai geht es verhalten weiter: Lediglich RT und das österreichische Factchecker-Medium “Mimikama” berichten.
Hinter den Kulissen brodelt es jedoch: Am Dienstag wird Stephan Kohns Bericht Thema in der per Video abgehaltenen CDU-Fraktionssitzung. Laut einem Bericht der welt gab es dort viele Wortmeldungen, die sich unterstützend in Richtung Kohn äußerten. So meinte beispielweise der CDU-Abgeordnete Axel Fischer, dass man das Papier nicht einfach vom Tisch wischen dürfe und eine Auseinandersetzung mit Kohns Standpunkten dringend geboten sei.
Ab Mittwoch, dem 13. Mai nimmt das Medienkarussell rund um die Causa Kohn dann endgültig Fahrt auf. Grund dafür sind die öffentlichen Statements dazu von Horst Seehofer und Angela Merkel. Auf die Rückfrage eines AfD-Abgeordneten im Bundestag hin distanziert Merkel sich deutlich vom Bericht des BMI-Mitarbeiters. Die Bundesregierung teile die Einschätzung des Mitarbeiters nicht und sei zu anderen Bewertungen gekommen. Sie wüssten zwar, dass Menschen unter den Maßnahmen leiden würden, Arbeitsplätze seien in Gefahr, die Wirtschaft gehe durch eine Rezession, aber es finde eine Einschätzung der Verhältnismäßigkeit dieser Maßnahmen statt, und man sei zu dem Schluss gekommen, dass diese Maßnahmen richtig seien - eine schrittweise Lockerung, um das Gesundheitssystem nicht zu überlasten, sei der gemeinsame Standpunkt der Bundesregierung und des Bundesinnenministeriums.
In der Bundespressekonferenz mit Innenminister Horst Seehofer stellt sich dieser den Rückfragen der Journalisten zu “dem Mitarbeiter” - der Name Kohns wird nicht direkt erwähnt. Seehofer gibt sich betont milde und nachsichtig: Selbstverständlich hätte jedermann im BMI das Recht auf eine eigene Meinung, da sei man bekanntlich sehr tolerant. “Der Mitarbeiter” sei ihm nicht näher bekannt gewesen. Dessen Fehler hätte vor allem darin bestanden, seine Privatmeinung mit dem Briefkopf des Ministeriums kundgetan zu haben. Nichtsdestotrotz verdiene dieser nun aber ein faires Verfahren. Das BMI lasse seine Mitarbeiter nicht im Stich, auch nicht in einer solchen Situation.
Spätestens jetzt ist die “Causa Kohn” zur bundesdeutschen Staatsaffäre avanciert.
Ein erster Videobericht der BILD-Zeitung zu Kohns Bericht am 13. Mai schlägt differenzierte Töne an: Dass Kohn mit dem Briefkopf den Eindruck eines offiziellen BMI-Auftrags vermittelt habe, sei zwar nicht korrekt gewesen - seine Fragen müssten aber dennoch ernstgenommen werden. BILD verweist dabei auf die Tatsache, Kohn habe immer namhafte Experten herangezogen. Einige Formulierungen reichten zwar nah an das heran, was man sonst so von “Verschwörungstheoretikern” kennt, das mache es etwas “suspekt” - aber ob man sich mit dieser Meinung vielleicht doch auseinandersetzen muss, das würde das Innenministerium noch in den nächsten Wochen zu spüren bekommen, denn die Fragen stünden tatsächlich im Raum. Sie würden sowohl von unseriösen als auch von seriösen Menschen gestellt.
Auffallend ist, dass die mediale Berichterstattung der ersten Tage sich noch nicht ganz auf ein Narrativ einigen konnte, wo man Kohn politisch verorten sollte. Zuweilen wurden psychologische Erklärungsversuche unternommen: Bei N-TV spekulierte man, ob bei Kohn möglicherweise eine “persönliche Kränkung” vorläge, weil die ihm aufgetragene “Erneuerung der nationalen KRITIS-Strategie” nicht erfolgt sei, was Kohn selbst "vielfachen administrativen Ungeschicklichkeiten und Fehlleistungen des eigenen Hauses” zuschrieb.
Doch Kohn hatte mit seiner Kritik am Pandemie-Management einen Nerv getroffen, was diverse fürsprechende Kommentare aufzeigen, die er in den ersten Tagen durchaus aus Teilen von Politik und Presse erhielt. Offenbar war das Meinungsspektrum im Hinblick auf die Bewertung der Corona-Maßnahmen zu jener Zeit noch nicht so stark “vorperforiert” - so wurden in den ersten Tagen durchaus nachdenkliche und selbstkritische Töne angeschlagen. Gabor Steingart schreibt in einem Gastbeitrag im Focus:
“BMI-Mitarbeiter kann man suspendieren, die unbequemen Fragen nicht.”
Bei N-TV hieß es:
„Dass das BMI das Papier zurückgewiesen und den Autor sanktioniert hat, wirft Fragen auf. In den Sozialen Medien äußern viele Bürger die Sorge, dass die Politik berechtigter Kritik aus berufenem Munde einen Maulkorb erteilt.“
Auf Twitter meldet sich schließlich Kevin Kühnert, der schon 2018 über Kohn gespottet hatte, zu Wort und gibt sich als Kohns SPD-Ortsvorsitzender zu erkennen. Er werde sich nicht wertend über SPD-Mitglieder äußern, denen er vorsitzen dürfe - aber alle sollten sich ein eigenes Bild machen. Er verlinkt dabei Kohns wenig gelungenes Wahlwerbe-Video aus dem vollbepackten Auto:
Kühnerts Kritik ist der welt direkt einen kurzen Videobericht wert. Darin wird ein weiterer Tweet von ihm zitiert, in dem er sagt, es ginge ihm nicht darum, irgendeinen “innerparteilichen Bums auszutragen”, sondern darum, “dass gerade hunderttausende in den Telegram-Gruppen von Herman, Hildmann und Co. freidrehen, weil sie glauben, einen hohen Beamten als Kronzeugen gefunden zu haben”.
Am 14. Mai tritt Horst Seehofer infolge des Kohn-Berichts sogar bei Maischberger auf - wie Frank Lübberding von der FAZ etwas süffisant kommentierte, als “politisches Sprengstoffräumkommando”, nachdem sein Ministerium laut Lübberding bislang in der Corona-Krise kaum präsent war, “obwohl der Katastrophenfall zu dessen originärem Aufgabenbereich gehört.” Nun habe es einen “subalternen Mitarbeiter” gebraucht, um das zu ändern.
Lübberding kommentiert den Auftritt Seehofers bei Maischberger wie folgt in der FAZ:
Leider hatte Frau Maischberger den zentralen Punkt in der Analyse Kohns nicht erkannt. Dieser betrifft keineswegs die Erkenntnis über das Handeln in Ungewissheit. Kohn kritisiert vielmehr die Strukturlosigkeit des deutschen Krisenmanagements, das der Komplexität des Geschehens nicht angemessen gewesen sei. So ist in dem Papier zu lesen, dass „in keiner Sitzung“ des zentralen Krisenstabes „über die Gesamtkosten der Schutzmaßnahmen oder den Neuverschuldungsbedarf“ diskutiert worden sei „und auch die Auswirkungen auf die Wirtschaft und die Entwicklung am Arbeitsmarkt nicht behandelt“ worden seien. Zudem seien die „gesundheitlichen Kollateralschäden (einschl. Todesfälle) kein Thema“ gewesen. Genau diesen Eindruck, sich nicht damit beschäftigt zu haben, versuchte Seehofer ausdrücklich zu zerstreuen. Es wäre aber für die Zuschauer sicherlich informativ gewesen, wenn sie über den Hintergrund etwas erfahren hätten.”
Neben solch fürsprechenden Worten für Kohn aus der FAZ rücken andere, sich “links” verortende Journalisten ab dem 14. Mai statt Kohns Argumenten vermehrt dessen “politische Gesinnung” in den Fokus - und hegen darüber langsam keine Zweifel mehr: T-Online veröffentlicht einen Artikel von Lars Wienand mit dem Titel: “Corona-Kritiker rebellierte schon einmal – beim Thema Asyl”.
Laut Wienand war Kohns SPD-Kandidatur in 2018 demnach vor allem von dem Anliegen getragen, die fehlgeleitete Flüchtlingspolitik der SPD wieder in richtige Bahnen zu lenken. Damit war das Narrativ zur Diskreditierung Kohns endgültig gefunden: Stephan Kohn, der neue Thilo Sarrazin. Lars Wienand kommentierte dazu auf Twitter:
In Wienands Artikel berichtet Lars Rauchfuß, der SPD-Kreischef von Tempelhof-Schöneberg rückblickend über Kohns Kandidatur, jener habe das Thema “Flüchtlingspolitik” im Wahlkampf wohl tunlichst vermieden:
"Da war er wohl klug genug, sein Publikum zu kennen. Die Pose war eher, sich als Stimme der Basis zu inszenieren." So schrieb Regierungsmitarbeiter Kohn: "Ich frage mich, warum sollten wir für die da oben die Drecksarbeit machen, während die sich in die bequemen Regierungssessel setzen?" (…)"Kohn spielte inhaltlich keine Rolle in der Partei und trat auch nicht in Erscheinung, wenn er nicht gerade SPD-Vorsitzender werden wollte." (T-Online)
Wie auf Absprache veröffentlicht der Tagesspiegel noch am gleichen Tag einen Artikel, in dem eine weitere indirekte Sarrazin-Verbindung Kohns aufgezeigt wird: Auf Gunnar Heinsohn, einen der Ko-Autoren des Kohn-Berichts, hätte sich auch Sarrazin oft bezogen. Der Tagesspiegel schreibt dazu:
“Heinsohn ist eine durchaus schillernde Figur. 900 Veröffentlichungen schreibt ihm Wikipedia zu, einige seiner Werke wurden Bestseller. Heinsohn erregte unter anderem im Jahr 2010 Aufsehen, als der davor warnte, sozial schwache Menschen durch Geldleistungen zum Kinderkriegen zu animieren, weil die ohnehin im späteren Leben keine Chance hätten. Heinsohns Thesen wurden unter anderem vom umstrittenen SPD-Politiker Thilo Sarrazin aufgegriffen. Welche wissenschaftliche Expertise Heinsohn mitbringt, um die Ursachen und Folgen einer Pandemie zu bewerten, bleibt im aktuellen Fall allerdings unklar.” (Tagesspiegel)
Laut einer Aussage von Kohns Ko-Autor Gunter Frank kennen Heinsohn und Kohn sich schon seit Jahren.
Am Freitag, dem 15. Mai 2020 distanziert sich das Netzwerk „Evidenzbasierte Medizin“ von Kohns Bericht. Am gleichen Tag wird im Bundestag eine sogenannte “Aktuelle Stunde” zur Causa Kohn einberufen - von der AfD. Damit war das Rechts-Framing Kohns perfekt. Eine Video-Aufnahme der “Aktuellen Stunde” existiert leider nicht, dafür finden sich einige Stellungnahmen anwesender Politiker anderer Fraktionen in einer Meldung dazu im Hausmedium des Bundestags, “Das Parlament”.
Der sich durchsetzende Tenor unter allen Parteien - außer der AfD - lautete, Stephan Kohn sei ein Spinner, ein “durchgeknallter Typ”, jedenfalls kein Whistleblower oder sonst irgendwie ernstzunehmen. Auch für die Leitmedien war mit diesen neuen Informationen der Fall Kohn praktisch abgeschlossen: Mit Spinnern und verkappten Rechten, die im Bundestag von der AfD hofiert werden, brauchte man sich bekanntlich nicht weiter zu beschäftigen.
Ab dem 16. Mai, nach der “Aktuellen Stunde” im Bundestag mit den drastischen Worten verschiedener Parteimitglieder, verschärft sich auch der Ton der Presse gegenüber dem Kohn-Bericht noch einmal. Im Tagesspiegel erscheint ein Artikel mit dem Titel “Schuld ist nicht das Papier, sondern die Parallelgesellschaft”. Darin heißt es:
“Problematisch ist nicht das in Ansätzen möglicherweise diskutable, wenngleich inhaltlich kaum überraschende Papier, es sind diejenigen, die in Herrn K. nun den staatsamtlichen Kronzeugen dafür sehen, dass die naive Merkel-Regierung nach der Flüchtlingskrise in die nächste Humanitätsfalle tappt. Oder dafür, dass die Menschheit von Bill Gates totgeimpft werden soll. Oder dass die Chinesen mit Biowaffen kämpfen, um die Welt zu beherrschen. Mit anderen Worten: Herr K. wird Kronzeuge für Unsinn.” (Tagesspiegel)
Die Süddeutsche titelt am 18. Mai “Whistleblower oder Wichtigtuer?” und schreibt dazu:
Nur - wie schwer wiegt eigentlich, was Kohn getan hat? Auch Seehofers Hausjuristen knobeln noch. (…) Nun ist Stephan Kohn kein Unbekannter. 2018 wollte er SPD-Chef werden. Seine Kandidatur begründete er per Video, aus vollgepacktem Auto. Ein Spinner, gaben Parteifreunde zu erkennen. In rechtslastigen Internetforen, in denen Verschwörungsmythen populär sind, wird Kohn dagegen als Held gefeiert, dessen Meinung unterdrückt werde. Der Wirbel könnte Kohn noch schaden. Im Disziplinarverfahren dürfte die starke öffentliche Wirkung als strafverschärfend gewertet werden. Sollte Kohn klagen, könnte die Sache Jahre dauern. (SZ)
Während Stephan Kohn in vornehmlich linksdrehenden Leitmedien langsam irreversibel “verbrannt” ist, avanciert er auf der Straße zum Helden der Opposition. Auf Demos gegen die Corona-Maßnahmen von Berlin bis zum Bodensee feiert man ihn fortan wie einen Volkshelden.
Wahlkampf der Basis in Magdeburg: Stephan Kohn trifft auf seinen Fan Michael Bründel aka Captain Future. Quelle: Freedom Parade
Kohns politischer Werdegang seit seiner Suspendierung: Basispartei, Corona-Ausschuss, Zorro Kenji
Seit seiner Suspendierung im BMI ist Stephan Kohn nicht untätig geblieben. Es folgten zahlreiche Auftritte und politisches Engagement, vor allem im Rahmen der Basispartei und des Corona-Ausschusses.
Seinen ersten öffentlichen Auftritt im Rahmen seine Kandidatur für die Basispartei hat Stephan Kohn am 05. Mai 2021 in einem Interview für das Medienformat OvalMedia mit Robert Cibis, dem Produzenten des Corona-Ausschuss. Unter anderem erzählt Kohn in diesem Interview, das Thema seiner Diplomarbeit sei die Erforschung der linksautonomen Szene in Berlin gewesen. Zu diesem Zweck habe er einige Monate“undercover” in besetzten Häusern in Berlin gelebt. Als Student sei er relativ unverdächtig gewesen und hätte dort guten Zugang gehabt. Er hätte biografische Analysen erstellt: Wo kommen die Protagonisten dieser Szene her, wie sind sie motiviert, wie kommt man in eine solche Szene hinein und wieder heraus? Im Ergebnis seiner Feldforschung hätte er festgestellt, dass die meisten Probleme in ihrer familiären Sozialisation erfahren hätten und dann eine Art “Nachsozialisierung” in der Gruppe gesucht hätten. Psychologisch läge bei vielen eine Vater-Thematik zugrunde: Wenn Ungehorsam dem eigenen Vater gegenüber - ein eigentlich normaler Entwicklungssschritt bei Kindern und Jugendlichen - aus irgendwelchen biografischen Gründen nicht habe stattfinden können, sei dieser unausgelebte Ungehorsam dann auf “Vater Staat” übertragen worden. Menschen verweilten meist nur solange in der autonomen Szene, bis sie ihre Nachsozialisierung positiv abgeschlossen hätten, um daraufhin ein relativ normales, angepasstes Leben weiterzuleben.
Daraus hätte sich ihm die Frage gestellt: Wie geht man als Staat mit solchen Menschen und Konstellationen um? Rechtsfreie Räume und Gewalt könne der Staat natürlich nicht auf sich beruhen lassen - das gelte auch heute: Es könne nicht sein, dass sich von Rechts oder Links Gewalt entwickle und der Staat nichts dagegen tut. Andererseits sei die Wahrscheinlichkeit hoch, dass jene, die die autonome Szene positiv durchlaufen hätten, danach noch “Stützen der Gesellschaft” werden könnten. Von Staatsseite aus sei es daher aus seiner Sicht nicht empfehlenswert, auf solche Strukturen unnötig draufzuhauen. Im Laufe seiner Diplomarbeit sei er in gewisser Weise “Experte für Radikalisierungsprozesse” geworden - und er habe dieses Wissen später in einem Fachausschuss der SPD für “Inneres und Recht” anbringen können.
Robert Cibis fasst zusammen, Kohn habe wie ein investigativer Journalist für die Wissenschaft gearbeitet - und an späterer Stelle, er sei wie eine Art “Ingenieur der Gesellschaft”.
Am 18. Juni hat Kohn einen Auftritt bei “Tichys Ausblick”, einer Talksendung des Medienmachers Roland Tichy, das sich wie die meisten rechtskonservativen Medienformate dadurch auszeichnet, dass Expertenrunden meist vollständig mit Männern besetzt sind. So auch hier: Ein Herrenanteil von 100%. Thema ist die “Bundesnotbremse”.
Im Sommer 2021 geht Kohn zusammen mit Reiner Füllmich und Viviane Fischer auf Wahlkampftour für die Partei “Die Basis”. Am 07. Juni fahren sie zusammen zu einer Wahlkampfveranstaltung nach Magdeburg. Auf der Tour gibt er dem Podcast “Zorkast” mit Zorro Kenji ein Interview.
Zorro Kenjis “Zorkast” zeichnet sich dadurch aus, dass sich dort schon das “Who-is-Who” rechter Blogger und solcher, die im Verdacht stehen, “kontrollierte Opposition” zu sein, die Klinke in die Hand gegeben haben: Darunter der “Volkslehrer” Nikolai Nehrling, Elijah Tee, Markus Haintz, Vicky Mengele-Richter, Björn Banane und weitere Geistesgrößen aus dem “V-Mann-Land BRD”. Die Sendung fungiert wie eine Art “Framing-Drehkreuz”, in dem immer genau die Themen bedient werden, die den Corona-Widerstand maximal unseriös und rechts erscheinen lassen - so auch in der Sendung mit Stephan Kohn: Der Klimawandel sei erfunden, es hätte nie irgendwelche Hetzjagden in Chemnitz gegeben, die AfD sei die einzige verbliebene Oppositionspartei. Müssen solche “Talking Points” wirklich sein, wenn man gerade um gesellschaftliche Mehrheiten kämpft?
Ein gefundenes Fressen für die Twitter-Antifa: Fast wirkt es abgesprochen, so gut wie die Dialektik aus “rechten Schwurblern” und “linken Antifanten” symbiotisch ineinander greift.
Am 05. Juli lässt sich Stephan Kohn zusammen mit Reiner Füllmich und Viviane Fischer beim einjährigen Geburtstag der Partei "Die Basis" auf dem Olympiagelände in Berlin erneut von “Der Zorkast” interviewen, diesmal auf dem Dach eines umfunktionierten Feuerwehrautos. Themen des Interviews sind diesmal kontrollierte Opposition, Methoden der Manipulation und “Wie erkenne ich einen Maulwurf?”. Anlass für die ungewöhnliche Themenauswahl ist, dass der Corona-Ausschuss zu diesem Zeitpunkt bereits aus den eigenen Reihen vermehrt in die Kritik geraten war, selbst kontrollierte Opposition zu sein - und man mit diesem Interview nun wohl proaktiv versuchte, Verdachtsmomente zu entkräften, frei nach der Devise: Wer “kontrollierte Opposition” thematisiert, kann ja wohl selbst kaum dazugehören.
Im August 2021 beteiligt sich Stephan Kohn an einem fiktiven Planspiel des Corona-Ausschuss, einem sogenannten “Basiscamp - A global pandemic exit scenario”, in dem ein “Exit” aus der Pandemie-Politik dargestellt und “eingeübt” werden soll. Reiner Füllmich übernimmt darin die Rolle des Bundeskanzlers, Viviane Fischer wird Innenministerin, und Stephan Kohn neuer RKI-Chef.
Auf die Aktion folgt innerhalb der Opposition vorsichtig formuliert durchwachsene Resonanz. Die Schauspieler rund um die Aktion #allesdichtmachen, die damals gerade ihren Cast für die nächste Aktion #allesaufdentisch planten, fanden das Corona-Ausschuss-Planspiel derart unterirdisch, dass sie jeden, der daran teilgenommen hatte, aus medienstrategischen Gründen kategorisch von der Teilnahme an ihrer nächsten Aktion ausschlossen - das betraf unter anderem Gunnar Kaiser, Wolfgang Wodarg, Matthias Burchardt - und Stephan Kohn, den sie ansonsten als Zeitzeugen aus dem Innenministerium durchaus gerne interviewt hätten.
Eine gelungene “Echokammerisierung” innerhalb einer ohnehin schon gesellschaftlich marginalisierten “Echokammer” - mehr Spaltung geht nicht.
Das “Basecamp” des Corona-Ausschuss ging weltweit viral und landete in internationalen Fake-News- und Fact-Checker-Ökosystemen. Es musste bis nach Australien debunked werden, da Menschen in anderen Ländern tatsächlich glaubten, Deutschland hätte gerade alle seine Corona-Maßnahmen abgeschafft und die Impf-Kampagne beendet.
Ein geradezu lehrbuchhaftes Beispiel dafür, wie sich “Fake News”- und “Fact Checker”-Mediennetzwerke gegenseitig symbiotisch die Bälle zuspielen.
Am 09. September 2021 hatte Kohn als Direktkandidat einen Auftritt bei einer Wahlkampfveranstaltung der Basispartei in seinem Wahlkreis Halle.
Am 16. Dezember erschien bei OvalMedia ein besonderes Weihnachts-Spezial für alle eingefleischten Stephan-Kohn- und Wolfgang-Wodarg-Fans: Im grün beleuchteten OvalMedia-Studio singen Wodarg und Kohn zusammen Weihnachtslieder. Gemäß dem bekannten Bonmot “Wo man singt, da lass dich ruhig nieder, böse Menschen kennen keine Lieder” schien das medienstrategische Ziel der Aktion wohl gewesen zu sein, Kohn und Wodarg als “die guten Helden”, die “Anti-Technokraten”, die nahbaren und guten Menschen darzustellen - mit herzerwärmenden Klängen zur Weihnachtszeit. Eines muss man ihm zugute halten: Stephan Kohn kann wirklich singen.
Mit im Programm sind echte Evergreens von Wolfgang Wodarg, wie dem von ihm komponierten Song: “Wer hat die Oma umgebracht?” oder seinem Gedicht “Verbrecher seid ihr”, in dem er die Verantwortlichen der Corona-Maßnahmen als besagte “Verbrecher” verurteilt. Wie will man mit der politischen Gegenseite überhaupt jemals wieder ins Gespräch kommen, geschweige denn Mehrheiten gewinnen, wenn man diese bereits als “Verbrecher” und “Omamörder” abgeurteilt hat?
Die grundsätzliche Problematik wird anhand solcher Medienprodukte ganz gut deutlich: Man erreicht damit ein klar abgegrenztes Zielpublikum - eine Anschlussfähigkeit an den Mainstream ist jedoch nicht mehr gegeben. Mit besinnlichen Liedern und anklagenden Gedichten erreicht man vielleicht “Herzensmenschen” und frustrierte Boomer, aber nicht die Mitte der Gesellschaft.
Stephan Kohns Medienrallye für 2021 war mit dem Weihnachts-Special aber noch nicht vorbei: Am 28. Dezember betätigt sich Kohn als “Nachrichtensprecher” in einer von Viviane Fischers Medienportal “2020.news” ausgestrahlten “Nachrichtensendung”. Die Qualität des Formats mit billigem Greenscreen liegt bestenfalls auf Trash-Niveau. Die nicht durch peer-reviewed Papers abgesicherten Behauptungen der vom Corona-Ausschuss organisierten “Pathologen-Konferenz” werden darin von Kohn wie echte “News” präsentiert. Dass die Sendung als Dauerformat geplant war - “erste Sendung” - dann aber nicht weitergeführt wurde, lässt wohl auf zu wenig Resonanz selbst innerhalb des eigenen Ziel-Publikums schließen.
Im Februar 2022 war für Stephan Kohn noch ein Auftritt im sogenannten “Grand Jury”-Planspiel des Corona-Ausschuss angedacht. Das sechs Tage andauernde Format war erneut eine wilde Mischung aus Impf-Holocaust und Illuminaten-Grusel. Für sich gesehen mögen einzelne Punkte des sechstägigen Programms durchaus diskutabel gewesen sein - in der vom Corona-Ausschuss präsentierten Kakophonie entsteht jedoch verlässlich ein Gesamteindruck abgrundtiefer Unseriosität. Es gibt wohl kaum einen Talking Point aus der Grabbelkiste von QAnon/CIA, den der Corona-Ausschuss - gewissermaßen Kohns Wohnzimmer - noch nicht angesprochen hätte. Warum Kohn beim “Grand Jury”-Planspiel letztendlich nicht dabei war, obwohl eigentlich eingeplant, lässt sich an dieser Stelle nur mutmaßen.
Ob es sich nun um ein “Exit”-Szenario aus der Pandemie, einen Untersuchungs-Ausschuss, ein Volks-Tribunal, oder die Verballhornung einer Nachrichtensendung handelt: Die Formate des Corona-Ausschuss gleichen stets einer Theater-Performance, einer Inszenierung. Die Wünsche und Bedürfnisse des Zielpublikums - an den Corona-Maßnahmen verzweifelnde Menschen mittleren Alters - werden in performative Formate gegossen. Die reichlich Geld spendende Boomer-Zielgruppe wird auf diese Weise durch dosiertes Hoffnungsmanagement bei der Stange gehalten. Gleichzeitig erfüllt der für Außenstehende unseriös und albern wirkende Klamauk stets den Zweck einer Nicht-Anschlussfähigkeit an den Mainstream. Ohnehin schon stigmatisierte Kritiker der Regierungs-Maßnahmen werden irreversibel in ihrer Echokammer eingesperrt und können von der Mehrheit leicht als Spinner abgetan werden.
Die “Methode Corona-Ausschuss” - von der Stephan Kohn, der einstige Hoffnungsträger und gefeierte Whistleblower aus dem Bundesinnenministerium inzwischen schon lange nicht mehr zu trennen ist.
Stephan Kohn - ein Anti-Held des Innenministeriums für die Opposition?
Die politische Figur des Stephan Kohn erscheint wie ein nobles Relikt aus Zeiten, in denen Politiker und Beamte noch schillernd und schrullig sein durften - oder gar eigene Ideale haben. Heute hat es beinah schon etwas Anachronistisches, wenn innerhalb glattgebügelter Staatsapparate plötzlich jemand bereit ist, für seine Überzeugungen gravierende persönliche Nachteile in Kauf zu nehmen. Das imponiert zunächst einmal.
Aufmerksamen Beobachtern von Kohns Medienarbeit der letzten zwei Jahre drängen sich jedoch unweigerlich Fragen auf: Warum tut Kohn, was er da tut? Warum arbeitet er mit “Trash”-Medien zusammen, die der kontrollierten Opposition zuzuordnen sind? Warum sprach er, unmittelbar nach seiner Suspendierung und in den zwei darauffolgenden Jahren, niemals mit Leitmedien - obwohl diese es durchaus versucht haben, mit ihm ins Gespräch zu kommen? Über seine Motivation, politischen Sichtweisen und biografischen Hintergründe hätte er schließlich, wie in dem Interview mit OvalMedia, durchaus sprechen können - diese Informationen unterliegen keinem Dienstgeheimnis. Warum überließ er also die komplette Darstellung seiner Person lediglich rechten und “Trash”-Medien? Ist dem so sorgfältig und gewissenhaft arbeitenden Beamten denn niemals aufgefallen, dass die Stiftung Corona-Ausschuss ein Etikettenschwindel ist, weil die Rechtsform gar keine Stiftung ist? Warum hat er, der so großes Mitgefühl mit Geschädigten durch die Maßnahmen an den Tag gelegt hat, kein Mitgefühl mit Geschädigten, die Geld und Hoffnungen an den Corona-Ausschuss verloren haben, durch eine versprochene Sammelklage, die niemals eingelöst wird? Hat er den Reputationsverlust nicht wahrgenommen, die der Opposition durch Formate wie dem Corona-Ausschuss zugefügt wurde? Hat er ernsthaft geglaubt, dass er noch einmal eine Chance hätte, ins BMI zurückzukehren? Aus behördlicher Sicht muss seine Entwicklung der letzten zwei Jahre wie eine Radikalisierung angemutet haben. Es erscheint schwer vorstellbar, wie jemand wie er nochmal in den „Apparat Faeser“ reintegrierbar gewesen wäre. Wer sich mit Menschen gemein macht, die von einem “Vaccine Holocaust”, “U-Booten in der Impfung” oder “tausend Mengeles” sprechen, und andere Menschen mit falschen juristischen Versprechungen abzocken, der hat sich aus dem ernstzunehmenden Diskurs herauskatapultiert - ganz gleich, wie hehr das ursprüngliche Anliegen einmal gewesen sein mag. Den Ball flach halten während einer Suspendierung sieht jedenfalls anders aus.
Kohn ist Schauprozess-artig unter aller Augen vom treu ergebenen Staatsdiener auf die Seite der Regierungskritiker gewechselt. Sein Opferstatus verlieh ihm Glaubwürdigkeit in der Opposition. Es gäbe außer Kohn keine Personalie im BMI, welche die politische Opposition in Deutschland besser kennt als er, und dort höheres Ansehen genießt. Es scheint aus Sicht des Innenministeriums kaum vorstellbar, nicht zumindest den Versuch unternommen zu haben, sich das zunutze zu machen. Laut Bekannten aus dem Umfeld von Kohn besteht ein freundschaftliches Verhältnis zwischen ihm und Hans-Georg Maaßen, dem Ex-Chef des Bundesamtes für Verfassungsschutz, der im informellen Sicherheitsapparat des Landes noch immer eine wichtige Rolle spielt. Dass man Kohn trotz dessen Dienstältesten-Status und einer detailverliebten Kenntnis von Interna, die wohl innerhalb des Ministeriums ihresgleichen sucht, nun entlassen hat, spricht für unüberbrückbare ideologische Differenzen – oder die Tatsache, dass man sich seiner Loyalität auch über das offizielle Dienstverhältnis hinaus weiter gewiss ist.
Zwischen dem politischen Wandel der AfD im Frühjahr 2020 von “Macht die Grenzen dicht!” zur Speerspitze der innerparlamentarischen Opposition gegen die Corona-Maßnahmen, und dem Kohn-Papier besteht eine zeitliche Korrelation. Das “Fehlalarm”-Papier wurde von Anfang an durch die AfD angeeignet. Auch war es ein AfD-Abgeordneter, der das Kohn-Papier an “Tichy’s Einblick” leakte. Ob von Kohn beabsichtigt oder nicht, die mediale Aneignung seines Berichts durch Tichy, AchGut und die AfD, bevor die Behörden reagieren konnten, hat dazu beigetragen, dass Maßnahmenkritik in Deutschland ab Mai 2020 rechts geframed werden konnte. Mindestens im Fall AchGut kann davon ausgegangen werden, dass es zwischen Kohn und seinem Ko-Autor Gunter Frank durchaus abgesprochen war, dort so rasch über sein Papier zu berichten.
Klamaukhafte Auftritte als neuer RKI-Chef im “Basecamp Exit Scenario” des Corona-Ausschuss haben darüber hinaus nicht dazu beigetragen, den Thesen seines “Fehlalarm”-Papiers retrospektiv zu mehr Glaubwürdigkeit zu verhelfen. Es stellt sich die Frage, warum Kohn seinen politischen Gegnern derart einfache Angriffsflächen bietet. Zwei Jahre nach seinem Bericht ist er für einen Großteil der Opposition ein Held - andere halten ihn für den verlängerten Arm des Innenministeriums in die Opposition hinein. Die wohlwollendste Erklärung wäre, es war alles gut gemeint - doch medienstrategisch wurden von Kohn und seiner Entourage große Fehler gemacht.
Quellen:
Zum Ahrensburger Missbrauchsprozess:
Welt: Ahrensburger Pastor gesteht Missbrauch https://www.welt.de/print/die_welt/hamburg/article11518217/Ahrensburger-Pastor-gesteht-Missbrauch.html
Zeit: „Im Schutzraum des Schweigens“ https://www.zeit.de/2010/30/Evangelismus-Missbrauch-Kinder/komplettansicht utm_referrer=https%3A%2F%2Fde.wikipedia.org%2F
Zu früheren SPD-Tätigkeiten Kohns:
Hamburger Abendblatt: Aus Berlin als Bürgermeister nach Wedel https://www.abendblatt.de/region/pinneberg/article106726262/Aus-Berlin-als-Buergermeister-nach-Wedel.html
NWZ: Stephan Kohn (über den anvisierten SPD-Vorsitz)
http://www.protekt.de/veranstaltungsprogramm/kontakt/412419
https://www.nwzonline.de/politik/personen/wiesbaden-stephan-kohn_a_50,1,1815833990.html
Medien-Coverage zu Kohns “Fehlalarm”-Papier:
Am 09.05.2020:
Die ersten Medien, die schon am 09.05.2020 über das Kohn-Papier berichteten, waren Tichy und Achgut:
Achgut.com: Das Corona-Papier: Wie das Innenministerium das Risiko heraufbeschwor: https://www.achgut.com/artikel/das_corona_papierl_wie_das_innenministerium_das_risiko_heraufbeschwor (09.05.2020)
Archiv des ersten AchGut-Artikels: https://web.archive.org/web/20200514004703/https://www.achgut.com/artikel/das_corona_papierl_wie_das_innenministerium_das_risiko_heraufbeschwor (Snapshot vom 14.05.2020)
Tichy's Einblick: Geleakt aus dem BMI: brisante Analyse. Exklusiv auf TE: „Ein Vorwurf könnte lauten: Der Staat hat sich in der Coronakrise als einer der größten fake-news-Produzenten erwiesen.” https://www.tichyseinblick.de/daili-es-sentials/exklusiv-auf-te-ein-vorwurf-koennte-lauten-der-staat-hat-sich-in-der-coronakrise-als-einer-der-groessten-fake-news-produzenten-erwiesen/ (09.05.2020)
Am 10.05.2020:
Pressemitteilung des BMI zur Causa Kohn: https://www.bmi.bund.de/SharedDocs/pressemitteilungen/DE/2020/05/mitarbeiter-bmi-verbreitet-privatmeinung-corona-krisenmanagement.html (10.05.2022)
Kohn-Bericht in der Tagesschau (10.05.2020)
Berliner Zeitung: Mitarbeiter Seehofers bezeichnet Corona-Pandemie als „Fehlalarm“ https://www.berliner-zeitung.de/politik-gesellschaft/ministeriumsmitarbeiter-bezeichnet-corona-pandemie-als-fehlalarm-li.83224 (10.05.2020)
DW: COVID-19 Mitarbeiter des Innenministeriums nennt Corona laut Berichten "Fehlalarm” https://www.dw.com/de/mitarbeiter-des-innenministeriums-nennt-corona-laut-berichten-fehlalarm/a-53387561 (10.05.2020)
Spiegel: Mitarbeiter im Bundesinnenministerium kritisiert Corona-Maßnahmen: https://www.spiegel.de/politik/deutschland/corona-krise-mitarbeiter-im-bundesinnenministerium-kritisiert-massnahmen-a-50364cb8-ea26-4e39-8509-e8ea282b98ca (10.05.2020)
SHZ: Eklat im Innenministerium : Mitarbeiter Seehofers kritisiert Corona-Maßnahmen als "globalen Fehlalarm" https://www.shz.de/deutschland-welt/politik/Corona-Massnahmen-nur-Fehlalarm-Eklat-im-Innenministerium-id28285077.html (10.05.2020)
Tagesschau Beitrag zum Fehlalarm-Papier (10.05.2020)
Am 11.05.2020:
Achgut: Das Corona-Papier: So war es wirklich, Herr Seehofer. https://www.achgut.com/artikel/das_corona_papier_so_war_es_wirklich_herr_seehofer (11.05.2020)
Stern: Mit Briefkopf des Innenministeriums Seehofer-Mitarbeiter poltert auf offiziellen Kanälen gegen Corona-Maßnahmen – das hat Konsequenzen https://www.stern.de/politik/deutschland/innenministerium--mitarbeiter-poltert-gegen-corona-massnahmen---das-hat-konsequenzen-9258442.html (11.05.2020)
Tichys Einblick: https://www.tichyseinblick.de/daili-es-sentials/studie-aus-dem-bmi-teil-4-im-ministerium-versandet-presse-gehorcht/ (11.05.2020) → Original-Emails mit veröffentlicht in diesem Artikel
Zeit: Warum ein Beamter in der Corona-Krise den Aufstand wagt https://www.zeit.de/politik/deutschland/2020-05/corona-pandemie-bekaempfung-massnahmen-innenministerium-verschwoerungstheorien-regierungsrat (11.05.2020)
FAZ: Corona ein Fehlalarm? Nur die Privatmeinung eines Beamten. https://www.faz.net/aktuell/politik/inland/private-meinung-eines-beamten-corona-nur-ein-fehlalarm-16764859.html (11.05.2020)
Am 12.05.2020:
RT: Waren Corona-Maßnahmen Fehlalarm? – Bundespressekonferenz zur Analyse aus Bundesinnenministerium https://deutsch.rt.com/inland/102356-bundespressekonferenz-zu-analyse-aus-bmi-corona-war-fehlalarm/ (12.05.2020) → enthält den kompletten „Antwortbrief“ der Wissenschaftler“
Mimikama.at: BMI-Mitarbeiter sieht bei Corona „Fehlalarm“. Nun wird er entlassen! https://www.mimikama.at/bmi-mitarbeiter-sieht-bei-corona-fehlalarm-nun-wird-er-entlassen/ (12.05.2020)
Am 13.05.2020:
BildPlus Artikel: Seehofer-Mitarbeiter warnte vor Corona-Schäden Landet das Alarm-Papier jetzt auf dem Müll? https://www.bild.de/bild-plus/politik/inland/politik-inland/seehofer-mitarbeiter-warnt-vor-corona-schaeden-was-passiert-mit-dem-papier-70622836,view=conversionToLogin.bild.html (13.05.2020)
Archiv BILDplus-Artikel: Seehofer-Mitarbeiter warnte vor Corona-Schäden Landet das Alarm-Papier jetzt auf dem Müll? https://webcache.googleusercontent.com/search?q=cache:QLuD_Cn3v2AJ:https://www.bild.de/bild-plus/politik/inland/politik-inland/seehofer-mitarbeiter-warnt-vor-corona-schaeden-was-passiert-mit-dem-papier-70622836.bild.html+&cd=1&hl=de&ct=clnk&gl=de (13.05.2020)
Bild: Video aus dem Bundestag, Merkel reagiert auf das Corona-Geheimpapier aus dem BMI (13.05.2020)
Bild: Nach Ärger mit Geheimpapieren: Seehofer-Mitarbeiter ab sofort freigestellt https://www.bild.de/politik/inland/politik-inland/nach-aerger-mit-geheimpapieren-seehofer-mitarbeiter-ab-sofort-freigestellt-70633232.bild.html (13.05.2020)
RT: https://deutsch.rt.com/inland/102396-umstrittene-bmi-analyse-wissenschaftler-kritisieren/ (13.05.2020)
Achgut: Seehofer im Bunker https://www.achgut.com/artikel/das_corona_papier_seehofer_im_bunker (13.05.2020)
Müncher Abendzeitung: Brisantes Corona-Papier: War das alles richtig so? https://www.abendzeitung-muenchen.de/politik/brisantes-corona-papier-war-das-alles-richtig-so-art-562595 (13.05.2020)
Tagesspiegel: Ärger im Innenministerium Was hinter dem unautorisierten Corona-Bericht steckt https://www.tagesspiegel.de/politik/aerger-im-innenministerium-was-hinter-dem-unautorisierten-corona-bericht-steckt/25823472.html (13.05.2020)
Euronews: Corona-Krise als "globaler Fehlalarm"? Seehofer-Mitarbeiter veröffentlicht eigene Analyse https://de.euronews.com/2020/05/11/seehofer-mitarbeiter-kritisiert-covid-schutzmassnahmen (13.05.2020)
N-TV: Hoher Beamter übergeht Seehofer: Das steckt hinter dem Corona-Leak. https://www.n-tv.de/politik/Das-steckt-hinter-dem-Corona-Leak-article21779209.html (13.05.2020)
Welt: Das sagt Seehofer zum brisanten „Fehlalarm“-Papier aus seinem Ministerium https://www.welt.de/politik/deutschland/article207881023/Innenministerium-Corona-skeptischer-Mitarbeiter-Bin-manchmal-zu-liberal-sagt-Seehofer.html (13.05.2020)
YouTube-Video: Seehofers Reaktion auf das Papier während der BPK
RND: Innenministerium: Kritisches Corona-Papier eines Beamten hat ein Nachspiel https://www.rnd.de/politik/kritik-an-corona-politik-nachspiel-fur-entlassenen-innenministeriumsbeamten-QBD7E522AVAWVNU6EZEFRG4OTQ.html (13.05.2020)
Focus: Corona-Skandal im Innenministerium. CDU-Politiker fordern: Brisantes „Fehlalarm“-Papier darf nicht unter den Tisch fallen https://m.focus.de/politik/deutschland/privatmeinung-ueber-offizielle-kanaele-verkuendet-eklat-im-innenministerium-mitarbeiter-stellt-corona-in-papier-als-fehlalarm-dar_id_11975312.html (13.05.2020)
Am 14.05.2020:
Welt: Video: Heftiger Corona-Kritiker: Kühnert geht deutlich auf Distanz zu SPD-Mann im Innenministerium (14.05.2020)
FAZ: Krisenmanagement mit Bauchgefühl (14.05.2020)
Bundesinnenminister Horst Seehofer bei maischberger (14.05.2020)
Cicero: Geleaktes Papier aus dem Bundesinnenministerium - „Die Zahlen des Robert-Koch-Instituts sind nicht aussagekräftig“ - leider Paywall https://www.cicero.de/innenpolitik/Innenministerium-papier-referatsleiter-stephan-kohn-kritik-zahlen-tote-kollateralschaeden/plus (14.05.2020)
Focus: Kandidierte für SPD-Vorsitz: Das ist der Autor des brisanten Corona-Papiers. https://www.focus.de/politik/deutschland/stephan-kohn-kandidierte-fuer-spd-vorsitz-das-ist-der-autor-des-brisanten-corona-papiers_id_11990936.html (14.05.2020)
Focus: Gastbeitrag Gabor Steingart. BMI-Mitarbeiter kann man suspendieren, die unbequemen Fragen nicht https://www.focus.de/politik/experten/gastbeitrag-von-gabor-steingart-fuer-das-zeitalter-der-ueberforderung-ist-der-politikertypus-merkel-wie-geschaffen_id_11988946.html (14.05.2020)
NZZ: Corona-«Fehlalarm»: Eine ungefragt erstellte Analyse befeuert die Debatte über das deutsche Krisenmanagement. https://www.nzz.ch/international/corona-fehlalarm-seehofer-suspendiert-beamten-wegen-analyse-ld.1556583?reduced=true (14.05.2020)
T-Online Redakteur Lars Wienand auf Twitter über Kohn Tweet 1 | Tweet 2
T-Online: Brandbrief aus dem Innenministerium, Corona-Kritiker rebellierte schon einmal – beim Thema Asyl https://www.t-online.de/nachrichten/deutschland/id_87873440/corona-papier-von-stephan-kohn-aus-dem-innenministerium-war-nicht-erster-alleingang.html (14.05.2020)
Tagesspiegel: Zehn vermeintliche Experten und viele Fragezeichen Wie der angebliche Corona-Geheimreport im Innenministerium entstand https://www.tagesspiegel.de/politik/zehn-vermeintliche-experten-und-viele-fragezeichen-wie-der-angebliche-corona-geheimreport-im-innenministerium-entstand/25829982.html (14.05.2020)
Tagesspiegel: Autor des Corona-Papiers im BMI So reagiert die SPD auf die Irrfahrt des Stephan Kohn https://www.tagesspiegel.de/politik/autor-des-corona-papiers-im-bmi-so-reagiert-die-spd-auf-die-irrfahrt-des-stephan-kohn/25831928.html (14.05.2020)
Am 15.05.2020:
Focus: Mehr Tote wegen Corona? Was hinter den Thesen aus dem Skandal-Papier steckt https://www.focus.de/politik/deutschland/aufregung-im-innenministerium-mehr-tote-wegen-corona-regeln-was-hinter-den-thesen-aus-skandal-papier-steckt_id_11988245.html (15.05.2020)
Münchner Merkur: Seehofer-Mitarbeiter nennt Virus „globalen Fehlalarm“ - jetzt sind weitreichende Konsequenzen durchgesickert https://www.merkur.de/politik/coronavirus-seehofer-innenministerium-stephan-kohn-deutschland-fehlalarm-mitarbeiter-berlin-schreiben-folgen-zr-13757556.html (15.05.2020)
Distanzierung des Netzwerks „Evidenzbasierte Medizin“ von Kohn: https://www.ebm-netzwerk.de/de/veroeffentlichungen/pdf/20200515-pm-distanzierung-bmi-papier.pdf (15.05.2020)
Zur aktuellen Stunde im Bundestag: Das Parlament (Seite des Bundestages): Götz Hausding »Ein durchgeknallter Typ«, "AfD-Skandalisierung" kritisiert (18.05.2020)
Ab 16.05.2020:
Welt: Das Referenten-Papier, das es nicht geben sollte. https://www.welt.de/politik/deutschland/plus208019161/Corona-Papier-BMI-Referent-erhaelt-Hausverbot.html? (16.05.2020)
Focus: Skandal im Bundesinnenministerium: Brisantes Corona-Papier: Ministerium erteilt Beamtem Hausverbot und nimmt ihm Laptop weg https://www.focus.de/politik/deutschland/skandal-corona-papier-leopoldina-arzt-wusste-nichts-von-fake-auftrag-im-namen-des-bmi_id_11983389.html (16.05.2020)
Tagesspiegel: „Corona-Rebell“ im Innenministerium: Das Problem ist nicht das Papier, sondern die Parallelgesellschaft https://www.tagesspiegel.de/politik/corona-rebell-im-innenministerium-das-problem-ist-nicht-das-papier-sondern-die-parallelgesellschaft/25836972.html (17.05.2020)
ND aktuell: „Lockerkritiker“ https://www.nd-aktuell.de/artikel/1136878.stephan-kohn-lockerkritiker.html (18.05.2020)
Süddeutsche: Whistleblower oder Wichtigtuer https://www.sueddeutsche.de/politik/coronavirus-innenministerium-whistleblower-wichtigtuer-1.4912746 (19.05.2022)
Tichys Einblick: Interview mit Gunnar Heinsohn: Reservat Europa und Freiluftzoo EU https://www.tichyseinblick.de/kolumnen/spahns-spitzwege/interview-mit-gunnar-heinsohn-reservat-europa-und-freiluftzoo-eu/ (18.05.2020)
Das Parlament (Seite des Bundestages): Götz Hausding »Ein durchgeknallter Typ«, "AfD-Skandalisierung" kritisiert (18.05.2020)
Südkurier: Trotz Corona-Lockerungen: Demonstranten in Salem haben weiterhin Sorge um ihre Grundrechte https://www.suedkurier.de/region/bodenseekreis/salem/trotz-corona-lockerungen-demonstranten-in-salem-haben-weiterhin-sorge-um-ihre-grundrechte;art372491,10522245 (24.05.2020)
Antwort der Bundesregierung auf die kleine Anfrage der AfD: https://web.archive.org/web/20200818171205/https://dip21.bundestag.de/dip21/btd/19/203/1920309.pdf
Freedom Parade Berlin am 13.06.2020: Demonstranten schwenken Kohn-Plakate Youtube Video
Internationale Presse zum Kohn-Papier:
Tagesanzeiger.ch: Corona-Politik in Deutschland: Wutbrief eines selbst ernannten Whistleblowers https://www.tagesanzeiger.ch/wutbrief-eines-selbst-ernannten-whistleblowers-936823628024 (21.05.2020)
Strategic Culture: German Official Leaks Report Denouncing Corona as ‘A Global False Alarm’ https://www.strategic-culture.org/news/2020/05/29/german-official-leaks-report-denouncing-corona-as-global-false-alarm/ (29.05.2020)
Hotnews.ro: Germania: Raport al unui înalt funcționar de stat, despre „giganticele pagube colaterale” cauzate de „Coronoia”https://www.hotnews.ro/stiri-coronavirus-24026456-coronavirus-germania-raport-pagube-colaterale-coronoia.htm (30.05.2020)
Guy Boulianne, frz. Blogger mit großer Reichweite: https://guyboulianne.com/tag/stephen-kohn/
Journalistes solidaires: https://journalistessolidaires.com/enquetes/un-rapport-ministere-allemand-interieur-denonce-pandemie-covid-comme-une-fausse-alerte-mondiale/recJS4R5sPNbcoeaf
20 Minutes: Le Covid-19, une «fausse alerte mondiale» selon un «rapport officiel allemand»? Prudence! https://www.20minutes.fr/monde/2793995-20200606-covid-19-fausse-alerte-mondiale-selon-rapport-officiel-allemand-prudence (06.06.2020)
MMM (Ken Jebsen): Corona ein "Fehlalarm" und Merkel-Regierung weiß das auch - Der deutsche Whistleblower: Stephan Kohn https://odysee.com/@ritterdermeinungsfreiheit:a/Corona-Fehlalarm:ec
Twitter zu Kohn:
Kevin Kühnert über Kohn: Tweet in 2018 | Tweet 1 in 2020 | Tweet 2 in 2020 | Tweet 3 in 2020
Tweet 1 Marco Fieber | Tweet 2 über Kohn als Held auf Corona-Demos
Kohn heute:
Interview mit OvalMedia: https://www.facebook.com/OVALmediagroup/videos/narrative-44-stephan-kohn/169315131753041/
Kohn bei “Tichy’s Ausblick” am (18.06.2021)
Kohn bei Zorrkast #3, Zorro Kenji Show https://odysee.com/@zorrokenjishow:2/der-zorkast-3-viviane-fischer,-stephan:8 (07.06.2021)
Kohn bei Zorrkast #4, Zorro Kenji Show https://odysee.com/der-zorrkast-4-rainer-fu%CC%88llmich,:393254f6283ff3026019fb79c6e3a38553be46cf (05.07.2021)
Gleicher Tag: Kohn gibt Interview am Rand der Demo an “Liberty News” Teil 1 | Teil 2 | Teil 3 | Teil 4 | Teil 5
Kohn als “neuer RKI-Chef” beim „Basiscamp - A Global Pandemic Exit Szenario“ des Corona-Ausschuss (21.08.2021)
Basiscamp des Corona-Ausschuss Video-Übersicht auf YouTube
Kohn in der Basis: https://diebasis-partei.de/2021/04/bekannte-massnahmenkritiker-sind-bundestagskandidaten-der-partei-diebasis/
YouTube: Kohn bei der Wahlkampfveranstaltung der Basis (22.09.2021)
Kohn und Wodarg Weihnachtslieder-Special
Nachrichtensendung mit Kohn bei 2020.news
Kohn bei der “Grand Jury” des Corona-Ausschuss: https://2020news.de/eroeffnungs-plaedoyer-dr-reiner-fuellmich-im-grand-jury-proceeding/
Das “Basecamp” des Corona-Ausschuss im internationalen „Fact Checker Ökosystem“:
https://www.techarp.com/science/germany-covid-vaccines-on-hold/(29.08.2021)
Health Feedback: Germany hasn’t stopped Covid Vaccines
https://www.mygopen.com/2021/09/BasisCamp.html
Berichterstattung über das aktuelle Kohn-Verfahren:
Tichys Einblick: https://www.tichyseinblick.de/daili-es-sentials/bmi-verfasser-gefahrenanalyse-corona-massnahmen/ (18.03.2022)
AchGut: Shooting the Messenger
Reitschuster.de: Verfasser des BMI-Leak-Papiers vor Gericht
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Ein merkwürdiger und zwiespältiger Artikel. Ausführliche Medienrezeption zur Person, Beschreibungen und Wertungen von Dritten, aber offensichtlich wurde kein einziger der zitierten und von der Autorin politisch und psychologisch eingeordneten oder angegriffenen Protagonisten selbst befragt. Das ist schlechter Journalismus, wenn es vor allem um die Person geht (und nicht um eine Medienanalayse). Zumal die Autorin hier auch selbst bewertet, Bewertungen und Framings von anderen übernimmt oder stehen lässt ("rechts-konservativ", "Spinner" usw.). Das erinnert sehr an die Methoden der Faktenchecker - Denunzierung ad personam, Kontaktschuld, Diffamierung über Zitate, keine Auseinandersetzung mit Inhalten. Die Autorin spekuliert und orakelt über den Charakter, die politische Gesinnung und den Geisteszustand Krohns, der gleich zu Anfang als schwerbehindert eingeführt wird, und belässt es bei Mutmaßungen und Assoziationen. Nebenbei werden auch die "Kontakte" bzw. Gutachter Krohns wie Bhakdi und Frank diffamiert - „deplatziert“ pathetisch und irgendwie mit der AfD verschwurbelt - und eine "Kampagne" vermutet. Der ganze Artikel wirkt suggestiv, eine Sammlung von (unzureichendem) „belastendem Beweismaterial“, seltsamen Zeugen (Kevin Kühnert?!) und seinerseits wie die Strohmann-Aktion einer kontrollierten Opposition (oder eines kontrollierten Mediums) - und nicht wie der Versuch, einer Sache und der Person Krohns unvoreingenommen auf den Grund zu gehen.
Aya ist anstrengend; das muss man aushalten; sie ist eine Wette auf die Zukunft. Die Frage im Vorbeitrag seitens Boris habe ich mir auch gestellt. Welche "Qualitätsmedien" hätten da sein sollen? sicher keine, nichts, niente. Es war totale mediale Gleichschaltung im Namen "Krieg gegen das Virus". Richtig ist: "Den Ball flach halten während einer Suspendierung sieht jedenfalls anders aus.Kohn ist Schauprozess-artig unter aller Augen vom treu ergebenen Staatsdiener auf die Seite der Regierungskritiker gewechselt. " Wollte man ihm etwa abverlangen duckmäuserisch hinzuwarten um einen B.Status samt Pension zu sichern? und wozu das? das wäre alles andere als RocknRoll /EasyRider. Nein, dahin führte für Stefan Kohn kein Weg zurück.