Pressespiegel zum RKI-Leak - Ein Medien-Tagebuch seit Tag Eins
Welche Folgen hatten die RKI-Files in den Medien? Wer berichtete was und wie? Der vorliegende Pressespiegel arbeitet die Medienberichterstattung zum RKI-Leak auf - vom ersten X-Post bis nach Karlsruhe
Es ist nun knapp sieben Wochen her, dass ich die Protokolle des RKI-Krisenstabs geleakt habe, die mir ein Whistleblower zugespielt hat. Ein guter Zeitpunkt, um einmal Revue passieren zu lassen: Was ist in diesen sieben Wochen eigentlich medial geschehen? Wer hat alles berichtet, wie und warum? Wurden die RKI-Protokolle im Mainstream besprochen - oder ignoriert, wie von einigen Seiten behauptet wurde? Ich habe einen Pressespiegel zum RKI-Leak verfasst, und darin chronologisch alle Medienbeiträge der letzten Wochen aufgeführt und kommentiert, die in meinen Augen einen erwähnenswerten Diskursbeitrag darstellen. Ich habe dabei nicht nur Leitmedien-Artikel, sondern auch Beiträge der sogenannten Alternativmedien berücksichtigt, sofern diese sachbezogen waren und sich nicht, wie in einigen Fällen leider geschehen, an Personen abarbeiteten. Mit aufgeführt sind außerdem ausgewählte Posts von Personen des öffentlichen Lebens auf der Plattform X - da wir der Tatsache ins Auge sehen müssen, dass öffentlicher Diskurs inzwischen auch in den sozialen Medien, insbesondere auf X, entsteht.
Mein Pressespiegel erhebt trotz einer peniblen Recherche keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Er soll den Diskurs, der sich seit Veröffentlichung des Leaks rund um die RKI-Protokolle entsponnen hat, nachzeichnen, dokumentieren und verdeutlichen. Gleichzeitig ist er als eine Art “Lesehilfe” gedacht: Ich möchte aufzeigen, welche Artikel sich zu lesen lohnen – und welche nicht. Immer, wenn Artikel von Leitmedien hinter einer Bezahlschranke liegen, habe ich, sofern möglich, auch einen Archivlink beigefügt, unter dem der Artikel barrierefrei zugänglich ist. Da der vorliegende Pressespiegel als Nachschlagewerk für die Medienrallye nach dem Leak gedacht ist, wird der Artikel diesmal etwas länger als gewöhnlich. Soviel kann ich schonmal versprechen: Es wird ein wilder Ritt.
23.07.2024
Womit alles begann: Der Original-Post zum Leak der RKI-Files ging am 23.07.2024 um Punkt 4 Uhr morgens auf meinem X-Kanal online. Er hat bis dato eine Reichweite von 3,8 Millionen erreicht, wurde 12.387 Mal geteilt, 25.211 Mal gelikt, und erhielt 2769 Kommentare – für das deutschsprachige X eine absolute Superlative. Bereits um elf Uhr morgens war eine Million Aufrufe erreicht. Zu diesem Zeitpunkt saßen meine Mitstreiter Stefan Homburg, Bastian Barucker und ich noch in der Pressekonferenz und bekamen den Wahnsinn nur am Rande mit. Die Webseite zum Leak, rki-transparenzbericht.de, war in der Nacht davor gegen drei Uhr an den Start gegangen. Ihr sollten noch turbulente Wochen bevorstehen. Gleichzeitig veröffentlichte ich die Nachricht zum Leak auch als Artikel auf meinem Substack-Blog.
Der Original-Livestream der Pressekonferenz auf dem X-Kanal des Kollegen Bastian Barucker hatte während der Ausstrahlung bereits knapp 300.000 Zuschauer.
Die Schwäbische Zeitung brachte um sechs Uhr morgens schon den ersten Bericht zu den RKI-Files. Der Journalist Philippe Debionne gehörte zum kleinen Kreis von Personen, die das Material bereits im Vorfeld von mir zur Sichtung erhalten hatten. Er titelte: „RKI-Protokolle geleakt – Corona: Was die Regierung vor den Deutschen verheimlichte“. Debionnes Artikel machte den perfekten Aufschlag zum Leak, da er die gesamten Protokolle gelesen hatte, und sofort die brisantesten Textstellen aus den Protokollen zusammentragen konnte.
Der Virologe Jonas Schmidt-Chanasit meldete sich auf X zum Leak und bedankte sich beim Whistleblower: „Am Ende kommt immer die Wahrheit auf den Tisch. Dank dem Whistleblower“. Auch Tim Röhn gratulierte gleich morgens zum Leak auf X, mit den Worten: “Mit aller Macht sträubt sich die Politik - vor allem das Gesundheitsministerium und Karl Lauterbach, bezüglich Corona Transparenz zu schaffen. Ein RKI-Mitarbeiter soll der Öffentlichkeit vorenthaltene Protokolle nun an Aya Velázquez geleakt haben. Sie stellt sie ungefiltert online. Chapeau”.
Die Berliner Zeitung gehörte zu den ganz frühen Vögeln, die eine Meldung zum RKI-Leak brachten. Einige dachten daher sogar, die Berliner Zeitung hätte das Material im Vorfeld bekommen. Das war aber nicht der Fall - die Kollegin Ruth Schneeberger war einfach nur sehr schnell, und titelte als Auftakt zu ihrer umfangreichen Berichterstattung zu den RKI-Files: “Das wird Lauterbach nicht gefallen: RKI-Files komplett entschwärzt veröffentlicht”. | Archive Link
Der BSW-Bundestagsabgeordnete Andrej Hunko kommentierte gegen Mittag auf X: „Die RKI-Protokolle sind jetzt dank einer Whistleblower|in aus dem RKI und der Journalistin Aya Velázquez vollständig und ungeschwärzt veröffentlicht. Es wird Zeit brauchen, die mehreren Tausend Seiten gründlich auszuwerten. Schon jetzt ist aber klar, dass viele Maßnahmen gegen „Ungeimpfte“ keine wissenschaftliche Grundlage hatten und trotzdem ‚bewusst‘ vorangetrieben wurden. Es gibt viel aufzuarbeiten. BSW fordert im Bundestag einen Untersuchungsausschuss mit vollen Rechten zur Akteneinsicht und zur Vernehmung von Zeugen und Sachverständigen.“
Der FDP- und Bundestagsvize Wolfgang Kubicki schaltete sich gegen Mittag in die Debatte ein: „Jetzt heißt es sehr viel lesen. Ich werde mich darum kümmern. WK“. Dieses Versprechen hat er wahr gemacht, und bis dato eine umfassende Textanalyse der RKI-Protokolle abgeliefert, verbunden mit der Forderung nach Konsequenzen für Karl Lauterbach.
Gegen 13 Uhr schließlich ein etwas traurig klingender X-Post von Karl Lauterbach, bezugnehmend auf den Artikel der Journalistin Ruth Schneeberger von der Berliner Zeitung. Lauterbach verlinkte den Artikel in seinem Post und kommentierte: „Das RKI hatte ohnedies vor, mit meiner Zustimmung, die RKI-Files des Corona-Krisenstabs zu veröffentlichen. Jetzt geschieht es ohne dass die Rechte Dritter, auch Mitarbeiter, vorher geschützt worden wären. Zu verbergen gibt es trotzdem nichts“.
Der Journalist und neue Chefredakteur des Nordkurier, Philippe Debionne, konterte: „Akzeptieren Sie es einfach Herr Lauterbach: Sie und die anderen Verantwortlichen haben nun die Kontrolle darüber verloren, was, wann, wie, wo und in welchem Umfang veröffentlicht wird. Ebenso haben Sie und die anderen Akteure die Deutungshoheit über derartige Informationen verloren. Das nennt sich Pressefreiheit. Das nennt sich Informationsfreiheit. Das nennt sich vierte Gewalt.“
Der nächste X-Post von Wolfgang Kubicki: „Als „Dritter“, dessen Name in den Protokollen auftaucht, kann ich sagen, dass ich keine Anfrage hinsichtlich einer ungeschwärzten Veröffentlichung bekommen habe. Ich darf daher meinen Zweifel an dem Willen zur zügigen und umfassenden Veröffentlichung anmelden. WK“. Kubicki nahm vorsorglich der zu erwartenden Argumentation den Wind aus den Segeln, es seien ja aktuell noch Drittbeteiligungsverfahren mit allen externen, in den Protokollen vorkommenden Personen durchgeführt worden. So emsig im Gange konnten die Drittbeteiligungsverfahren des RKI wohl nicht gewesen sein, wenn Kubicki als Drittbeteiligter noch nicht einmal Post bekommen hatte.
Das österreichische Medienportal TKP.at veröffentlichte einen guten Übersichtsartikel zum ersten Tag des Leaks: “Ungeschwärzte RKI-Protokolle: »Herr Spahn hat angeordnet«”.
Um 15:26 Uhr erfolgte die erste offizielle Stellungnahme des RKI zum RKI-Leak: „Stellungnahme zu von extern veröffentlichten Datensätzen mit RKI-Krisenstabsprotokollen, 2020-2023.“: “Das RKI hat die Datensätze weder geprüft noch verifiziert. Soweit in diesen Datensätzen personenbezogene Daten und Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse Dritter rechtswidrig veröffentlicht und insbesondere Rechte Dritter verletzt werden, missbilligt das RKI dies ausdrücklich.”
Der umtriebige Florian Warweg von den Nachdenkseiten hatte unsere Pressekonferenz besucht und war schnell mit seiner Meldung: “Dokumente der Niedertracht - Pressekonferenz zu den nun vorliegenden völlig ungeschwärzten RKI-Protokollen”. Prädikat: Lesenswert!
Die dpa-Meldung zum Leak ließ nicht lange auf sich warten - die meisten Leitmedien schrieben in den ersten Tagen von dieser Meldung ab. Die dpa hatte mich dazu nicht angefragt, wie es sich eigentlich gemäß journalistischen Standards - mit allen Beteiligten reden, oder es zumindest versucht haben - gehört. Der Inhalt:
"Berlin (dpa) - Das Robert Koch-Institut hat die Veröffentlichung ungeschwärzter Protokolle des RKI-Krisenstabs zur Corona-Pandemie kritisiert. RKI kritisiert Veröffentlichung ungeschwärzter Corona-Protokolle Eine Journalistin hat ungeschwärzte Protokolle des RKI-Krisenstabs zur Corona-Pandemie online gestellt. Der Gesundheitsminister bekräftigt, es gebe nichts zu verbergen. Berlin (dpa) - Das Robert Koch-Institut hat die Veröffentlichung ungeschwärzter Protokolle des RKI-Krisenstabs zur Corona-Pandemie kritisiert. «Soweit in diesen Datensätzen personenbezogene Daten und Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse Dritter rechtswidrig veröffentlicht und insbesondere Rechte Dritter verletzt werden, missbilligt das RKI dies ausdrücklich», teilte das Institut mit. Das RKI habe die Datensätze weder geprüft noch verifiziert, hieß es. Eine Gruppe um eine Journalistin, die zu den Kritikern der Corona-Politik der Bundesregierung zählt, hat die Unterlagen online veröffentlicht und am Dienstag bei einer Pressekonferenz vorgestellt. Die Gruppe gibt an, es handele sich um den kompletten Datensatz aller Sitzungsprotokolle des Krisenstabs aus der Zeit zwischen 2020 und 2023. Auf X forderte die Journalistin eine «kompromisslose und ehrliche Aufarbeitung» der Corona-Politik in Deutschland. Dazu sollten die entschwärzten Protokolle beitragen. Lauterbach: gibt nichts zu verbergen Als Reaktion auf die Veröffentlichung schrieb Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach auf X, das RKI hätte ohnehin vorgehabt, die Protokolle mit seiner Zustimmung zu veröffentlichen. «Jetzt geschieht es, ohne dass die Rechte Dritter, auch Mitarbeiter, vorher geschützt worden wären. Zu verbergen gibt es trotzdem nichts», so der SPD-Politiker. Das RKI hatte im Mai bereits die Protokolle für den Zeitraum Januar 2020 bis April 2021 weitestgehend ohne Schwärzungen veröffentlicht. Bestimmte personenbezogene Daten sowie Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse Dritter blieben geschwärzt. Auslöser war eine vorherige Veröffentlichung der Protokolle durch das Online-Magazin «Multipolar», das von Kritikern in die Nähe verschwörungserzählerischer Publikationen gerückt wird. Dass zahlreiche Passagen zu dem Zeitpunkt geschwärzt waren, löste eine Debatte über die Unabhängigkeit des RKI aus." Zitiert von Philippe Debionne
Die ZEIT Online titelte gegen 17 Uhr „RKI missbilligt Veröffentlichung ungeschwärzter RKI-Protokolle“, was im Wesentlichen eine Kopie der dpa-Meldung darstellt. Gleich in der Einleitung zum Artikel verstieß sie gegen den journalistischen Grundsatz, Leser zunächst sachlich darüber zu informieren, was vorgefallen ist. Stattdessen stieg sie direkt mit Kritik des RKI am Leak ein. Mehr Regierungsberichterstattung geht nicht. Insofern auch wenig überraschend, dass ich nicht namentlich genannt werde, sondern ebenso wie in der dpa-Meldung, nur von „einer Journalistin“ die Rede ist. Ein Muster, das sich wie ein roter Faden durch die leitmediale Berichterstattung zum RKI-Leak ziehen wird.
Kurz darauf folgte die BILD – leider hinter einer Paywall: „Protokolle enthüllen: Corona-Experten wussten, die Regierung lügt – und schwiegen!“ Laut BILD würde die „Corona-Enthüllung“ die Regierung und ihre Berater belasten, die Kritiker der Corona-Maßnahmen hingegen bestätigen.
ZDF heute übernahm die Sichtweise von RKI und Gesundheitsministerium: “RKI kritisiert Veröffentlichung: Ungeschwärzte Corona-Protokolle geleakt”. Die “rechtswidrige Veröffentlichung” wurde kritisiert. Man blieb sich treu: Bereits Anfang Juni hatte man im ZDF heute verkündet, die RKI-Protokolle zeigten vor allem einen Einblick in Behörden-Chaos, für „Verschwörungsglauben“ würden sie aber kaum Anlass bieten. Schon faszinierend, auf wieviele Arten man „Bitte gehen Sie weiter, hier gibt es nichts zu sehen“ sagen kann.
Anschließend meldete sich der als Experte für Pflanzensprengstoffe bekannt gewordene Pascal Siggelkow, seines Zeichens Faktenfinder bei der Tagesschau, mit einem einordnenden Artikel: „Neue Aufregung um RKI-Protokolle“ (Datum aktualisiert). Im Zentrum der Debatte infolge der Protokolle stünde laut Siggelkow die Formulierung „Pandemie der Ungeimpften“. Die Kritik an der Formulierung sei nicht neu. Der in den Artikel eingebettete Videobeitrag endete mit der beschwichtigenden Botschaft des Virologen Martin Stürmer: Die RKI-Files würden das Dilemma, in dem die Politik steckte, besser verdeutlichen. Es ginge darum, für das nächste Mal zu lernen. Die Tagesschau tat, was man von ihr erwarten würde: Einordnen und herunterspielen.
Um viertel vor Acht berichtete der österreichische Sender Servus TV in seinen Abendnachrichten. Quelle: X-User @mz_storymakers
Gegen Abend erschien in der Berliner Zeitung der nächste Artikel von Ruth Schneeberger: „RKI-Files komplett entschwärzt: „Pandemie der Ungeimpften aus fachlicher Sicht nicht korrekt“. Schneeberger beschrieb unter anderem unsere Pressekonferenz und fragte: “All das wirft kein besonders gutes Licht auf die Arbeit der Politik in dieser Zeit, denn wenn das eigens zur fachlichen Beratung aufgestellte Institut viele der zentralen Corona-Maßnahmen selbst angezweifelt hat, woher kam dann der unbedingte Wille zur Umsetzung, teils noch deutlich stärker oder länger als in anderen Ländern?“ | Archive Link
Um 20 Uhr war der RKI-Leak Thema in der Tagesschau.
Ironischerweise fiel der Bericht der österreichischen Abendnachrichten im ORF zu den deutschen RKI-Files ausführlicher und detailreicher aus als der Bericht in der deutschen Tagesschau. Im Anschluss an einen etwa dreiminütigen Bericht im ZIB2 durfte der ehemalige Gesundheitsminister Rudolf Anschober noch etwa sieben Minuten lang Whitewashing seiner Pandemiepolitik betreiben und betonen, wie wichtig all diese Learnings seien, um uns besser auf die nächste Pandemie vorzubereiten. | Videoquelle: X-User @mz_storymakers
Im ZDF heute journal fanden die RKI-Protokolle am Abend des 23.07.2024 nicht statt.
Die Westfälischen Nachrichten titelten am Abend: „Protokolle des Corona-Krisenstabs – Whistleblower veröffentlicht »RKI-Files«“. Der Autor Andreas Fier konstatierte, die ungeschwärzten Sitzungsprotokolle des RKI-Krisenstabes würden ein neues Licht auf die Entscheidungsfindung während der Corona-Pandemie werfen. Entscheidungen seien oft politischer Natur gewesen. Der Artikel stellt besonders brisante Punkte heraus: „An anderer Stelle wird festgehalten, dass das RKI die Impfung von Kindern als unnötig erachte, da diese ein sehr geringes Risiko von Ansteckung aufwiesen. Das Gesundheitsministerium bereitete die Impfung von Kindern dennoch vor. Auch eine Booster-Impfung war in Planung - ohne entsprechende wissenschaftliche Empfehlung.“ | Archive Link
Abends erschien in der Welt der erste Bericht zum Thema, Titel: „Kubicki meldet sich als Betroffener und attackiert Lauterbach“. (Datum aktualisiert). Die kurze Meldung gibt im Wesentlichen die dpa-Meldung wieder, erweitert um Äußerungen des FDP-Vize Wolfgang Kubicki und Gesundheitsminister Karl Lauterbach. Der Artikel konstatierte zudem, unter den Hashtags #RKIProtokolle und #RKIFiles würden nun hunderttausende Menschen auf X die Veröffentlichung kommentieren.
Später am Abend titelte Telepolis: „RKI-Files: Whistleblower enthüllt ungeschwärzte Protokolle“. Thomas Pany schrieb: „Kritik an Corona-Maßnahmen erhält neuen Auftrieb. Kinder und Jugendliche stehen im Fokus der Debatte. Files liefern neue Brisanz zur Aufarbeitung der Corona-Krise.“ Der Artikel enthielt auch eine Falschinformation über mich: Es wurde behauptet, ich würde aktuell für die Publikation Demokratischer Widerstand schreiben. Nach Aufforderung hat Thomas Pany die Falschbehauptung berichtigt.
Die Berliner Zeitung brachte am Abend, basierend auf der dpa-Meldung, nochmal eine Kurzmeldung, und fokussierte sich auf Reaktionen von Lauterbach und dem RKI: „Lauterbach zu RKI-Protokollen: „Zu verbergen gibt es trotzdem nichts“ | Archive-Link.
Auch N-TV stellte sich als Mundstück des „empörten“ RKI zur Verfügung und titelte: „RKI empört Veröffentlichung entschwärzter Corona-Protokolle“.
RTL West brachte einen zweieinhalbminütigen, wohltuend ausgewogenen Videobericht zum RKI-Leak.
24.07.2024
Die Medienrallye am 24.07. eröffnete die Berliner Morgenpost: „RKI-Protokolle: Der Satz, den Spahn besser nicht gesagt hätte“ (Uhrzeit aktualisiert) | Archive Link
Um 08:00 Uhr morgens, 28 Stunden nach dem Leak, hatte mein Post zum Leak bereits drei Millionen Views auf der Plattform X erreicht.
Das in weiten Teilen SPD-finanzierte Medium Redaktionsnetzwerk Deutschland, kurz RND, gab die dpa-Meldung wieder: „»Rechte Dritter verletzt« - Robert Koch-Institut kritisiert Veröffentlichung der ungeschwärzten Corona-Protokolle“.
Philippe Debionne von der Schwäbischen Zeitung legte einen weiteren sehr gelungenen Artikel zu den RKI-Files vor: „Corona: Das Märchen von der Pandemie der Ungeimpften“.
Gegen Mittag titelte Ralf Hanselle im Cicero: „RKI Files komplett veröffentlicht: „Kann eher nicht korrigiert werden“. Er kommentiert einige brisante Stellen, gab sich aber pessimistisch im Hinblick auf die gesellschaftspolitische Sprengkraft, da das Corona-Narrativ seiner Ansicht nach kollektiv zu tief in den Köpfen eingerastet sei. Er verwies hierbei auf den Forscher Solomon Asch mit seinem berühmt-berüchtigten Asch-Experiment, der herausgefunden hatte, dass die Gesellschaft für ihr Funktionieren auf Konsens angewiesen sei, so kontrafaktisch dieser auch sein mag. Archive 1 | Archive 2
Ebenfalls gegen Mittag erschien ein kurzer Artikel in der Schweizer Weltwoche mit dem langen Titel: „Die geleakten RKI-Protokolle zeigen schonungslos auf: Die Hetze auf Ungeimpfte, die Drangsalierung von Kindern – alles war von der Politik genau so gewollt. Für Kritiker der Corona-Massnahmen ist das wenig überraschend“, der sich die Frage stellt, ob die die Politik wohl jemals eingestehen werde, dass die Kritiker recht hatten – wie die Protokolle nun zweifelsohne offenlegen würden.
Gegen 15 Uhr meldete sich Paul Schreyer, der Kläger der RKI-Protokolle von Multipolar, mit einem Post auf X zu Wort: „Da ich gerade oft danach gefragt werde: Multipolar wurde vorab nicht über das RKI-Leak informiert. Es sind eine Reihe von Fragen offen, die Aya Velazquez mir bislang aber nicht beantwortet hat, auch betreffend des Timings der Veröffentlichung.“. Da ich von Schreyer öffentlich angefragt wurde, antwortete ich auch öffentlich.
Zur gleichen Zeit dominierten die Hashtags #RKIFiles, #RKIProtokolle und #RKILeak die deutschen X-Trends. Selbst das Team zum Leak konnte es hinter den Kulissen kaum fassen.
Am Nachmittag erschien eine recht sachliche Meldung zu den RKI-Protokollen in der FAZ – einzig Professor Stefan Homburg wurde das leitmedial beliebte Attribut zur Bezeichnung von Regierungskritikern, „umstritten“, angehängt: “Protokolle des RKI ohne Schwärzungen publiziert”.
Auch der Deutschlandfunk berichtete: “Coronapandemie - Ungeschwärzte Protokolle sorgen für Aufregung” und betonte dabei, dass die Files von mir ohne Datenschutz veröffentlicht worden seien, sei „problematisch“. Aber immerhin könnten sich nun alle durch die circa 3.800 Seiten arbeiten und sich ein eigenes Bild machen, so der Wissenschaftsjournalist Volker Wildermuth. Textstellen wie die „Pandemie der Ungeimpften“, die als Erstes medial problematisiert wurden, wurden relativiert: „Im Grunde hatte Spahn recht“. Es sei sicher auch Problematisches in den Files dabei, etwa die Weisungsgebundenheit des RKI bei wissenschaftlichen Einschätzungen. Die Analyse des umfangreichen Materials würde noch dauern. Jetzt wegen einzelner Sätze „Skandal!“ zu rufen, greife jedoch zu kurz.
Apollo News titelte rundheraus „Verabredung zur Lüge“ und wies auf grobe, ins Auge stechende Abweichungen der internen RKI-Erkenntnisse von den politischen Entscheidungen hin. Ebenfalls bei Apollo News erschien ein Artikel, der auf den Text von Drosten hinwies, den dieser laut Protokoll vom 29.07.2020 nicht veröffentlichen wollte, da dieser dem Regierungshandeln widerspräche: “Dieses Papier zog Drosten zurück, da es dem Regierungshandeln widersprach” | Archive Link. Apollo News hatte den Text im Zusatzmaterial der Sitzung vom 29.07.2020 gefunden. Wie sich herausstellen sollte, veröffentlichte Drosten den Artikel, entgegen der Aussage in den RKI-Files, wenige Tage später, am 05.08.2020, in der ZEIT – jedoch mit leichten, möglicherweise nicht ganz unwichtigen Änderungen, die an späterer Stelle noch diskutiert werden sollen.
Auch in der Stuttgarter Zeitung erschien ein Bericht zu den RKI-Protokollen: “Streit um Corona-Politik - Was in den Corona-Protokollen des RKI steht”. Der oder die Whistleblower/in wurde jedoch fälschlicherweise im BMG verortet. Der Argumentation meines Teams und mir gibt der Autor teilweise recht: „Velázquez und ihre Mitstreiter erheben schwere Vorwürfe gegen das RKI und die politisch Verantwortlichen während der Coronapandemie. Ein zentraler Kritikpunkt lautet, dass das Bundesgesundheitsministerium sich teilweise über die Empfehlungen der RKI-Experten hinweggesetzt habe. Tatsächlich deuten einige Stellen in den Protokollen in diese Richtung.“ | Archive Link
Am frühen Abend wurde der obligatorische Senf der „Wissenschaftsjournalistin des Jahres 2021“ von der Süddeutschen Zeitung dazugegeben: Christina Berndt und Co.: „RKI-Protokolle – Und wo ist jetzt der Skandal?“. Nachdem der Titel des Artikels ein Eigentor wurde, und einen X-Trend auslöste, indem massenweise Posts mit dem Spruch “Und wo ist jetzt der Skandal?”, versehen mit skandalösen Zitaten, Auflagen, Headlines, Zeitzeugen-Videos und Fotos aus der Corona-Zeit gepostet wurden – wurde die Überschrift des Artikels abgeändert in „Es gibt da nichts zu verbergen“. Der Artikel liegt hinter einer Paywall. Er versucht, zu beschwichtigen und “Fake News” zu den Files auszuräumen. Besonders ins Zeug legt sich Christina Berndt dabei für Christian Drosten, dem aufgrund der Files der falsche Vorwurf gemacht würde, er hätte ein Papier zurückgehalten, das dem Regierungshandeln widerspricht - schließlich sei ebenjenes Papier ein paar Tage später als Gastartikel in der ZEIT erschienen. Das stimmt zwar - wir werden jedoch an späterer Stelle detailliert besprechen, welche interessanten Änderungen der Drosten-Artikel in der Zeit, verglichen mit seinem Textentwurf, der sich in den RKI-Files findet, aufweist. Diese Änderungen könnten möglicherweise dazu geführt haben, dass sein Papier wieder mit dem Regierungshandeln konform geht. | Archive Link
Später am Abend bequemte sich auch der Spiegel, sich zu den RKI-Protokollen zu äußern und titelte: „Aufregung über Coronaprotokolle – Worum es in der Diskussion über die »Pandemie der Ungeimpften« geht“. In dem hinter einer Paywall versteckten, von gleich fünf Autoren verfassten Artikel, versucht der Spiegel vor allem, den vielkritisierten Talking Point der „Pandemie der Ungeimpften“ auszubügeln und zu beschwichtigen: Der Ausspruch sei ja nur temporär genutzt worden, hauptsächlich von Spahn, und nicht von Lauterbach, und ersterer hätte dafür tatsächlich gute Gründe gehabt. | Archive Link
Das österreichische Faktenchecker-Portal Mimikama, sonst eigentlich bekannt für die Diffamierung von Andersdenkenden, wandte sich bereits einen Tag nach Leak, gegen das Wording der "Pandemie der Ungeimpften": “RKI-Protokolle enthüllen: »Pandemie der Ungeimpften«? Eine irreführende Vereinfachung”. Hört hört! Die Enthüllungen der RKI-Protokolle offenbarten laut Mimikama eine manipulierte Darstellung der Pandemie, die vor allem politische Ziele verfolgt hätte. Diese Strategie hätte das Vertrauen in die wissenschaftliche Kommunikation nachhaltig beschädigt. Es sei daher dringend notwendig, aus diesen Fehlern zu lernen und eine transparente und ehrliche Informationspolitik zu verfolgen, um das Vertrauen der Bevölkerung zurückzugewinnen.
25.07.2024
An Tag Drei nach dem Leak fragte Ruth Schneeberger in der Berliner Zeitung in einem vielbeachteten Kommentar „Neue RKI-Files: Was ist los mit den deutschen Leitmedien?“, warum viele Leitmedien sich unmittelbar schützend vor die Regierung warfen. „Warum dieses Anbiedern?“, fragt sie, und: „(.) was tun große Teile der Presse, deren ureigenste Aufgabe es nun wäre, sich die Protokolle genauer anzuschauen? Sie wiegeln ab.” Schneeberger zitierte auch einen interessanten Kommentar auf X zu der Frage, “warum ein Whistleblower des Robert-Koch-Instituts sich lieber an eine unabhängige Journalistin wendet als etwa an den Spiegel oder die Zeit: »Guten Tag, liebe Leser. Wir haben während der Corona-Krise als Kritiker und Korrektiv staatlicher Entscheidungen versagt und beschlossen, dieses Versagen bis heute zu verschleiern. Wir befinden uns in Abwicklung. Wir werden ersetzt durch kleinere unabhängigere Formate.«” Schneeberger kommentierte: “Das ist zwar ziemlich sarkastisch, aber ich fürchte, es trifft es ganz gut.“ | Archive Link
Die Tagesschau griff den SZ-Artikel vom Vortag auf, in dem Christian Drosten von Christina Berndt verteidigt wurde, und legte mit einem „Faktencheck“ von Wulf Rohwedder nach. „Drosten und die »RKI-Leaks« - Nicht verschwiegen, sondern veröffentlicht“. Drosten habe demnach kein "wissenschaftliches Papier" zurückgezogen, sondern seine Bedenken gegen die Teststrategie der Bundesregierung wenige Tage nach der entsprechenden Stelle in den Protokollen in der ZEIT veröffentlicht, sowie den gleichen Gedanken noch einmal am 01.09.2020 in der 54. Folge seines Podcasts artikuliert. Hier sei also nichts zurückgehalten worden. Was sowohl Berndt als auch Rohwedder nicht thematisieren, sind die kleinen, aber möglicherweise entscheidenden Änderungen an Drostens Text. Hierzu später mehr.
The Pioneer titelte kurz und bündig: „Wie die Politik das RKI beeinflusste“. Der solide recherchierte Artikel liegt leider hinter einer Paywall. Einige Auszüge daraus stellte die X-Userin Stefanie dankenswerterweise zur Verfügung: „Die öffentlich gewordenen vollständigen Protokolle des Robert-Koch-Instituts (RKI-Files) lassen Zweifel an der Unabhängigkeit der Institution während der Pandemie aufkommen. (.) 1) Das RKI wurde vom Gesundheitsministerium beeinflusst. Das Gesundheitsministerium hatte offenbar Ergänzungen in eine wissenschaftliche Veröffentlichung des RKI eingefügt. 2) Das RKI schwieg bei Falschaussagen des Gesundheitsministers - sogar bei vermeintlichen RKI-Zahlen. Gesundheitsminister Spahn hatte öffentlich sogar behauptet, das RKI habe die These von der Pandemie der Ungeimpften ‚mit Zahlen belegt‘. Auch diese Behauptung korrigierte das Institut nie. 3) Politik beeinflusste die wissenschaftliche Rechtfertigung. ‚Reduzierung des Risikos von sehr hoch auf hoch wurde vom BMG abgelehnt. 4) Politische Entscheidungen wurden im Nachhinein ‚wissenschaftlich‘ abgesegnet. In einem Protokoll vom 11. April 2022 äußerte das RKI Zweifel an der Vorgehensweise, zumindest für weitere Vorgänge: ‚Es soll kein Präzedenzfall werden, dass politische Vorgaben nachträglich wissenschaftlich begründet werden.‘“
Die Augsburger Zeitung gesellte sich unter die Beschwichtiger, die in den Protokollen keinen Skandal sehen wollen: „Geleakte Dokumente: Die angeblichen Skandale der Corona-Politik“ und raunte, „aus welcher Ecke“ die Dokumente veröffentlicht wurden, sei ja schon bei der Vorstellung eindeutig gewesen. Der Inhalt lasse nur „nach schneller Betrachtung“ aufhorchen. Einige Punkte in den Dokumenten seien zwar weiterhin zu klären, etwa zur Weisungsgebundenheit des RKI – nur um im nächsten Satz zu beschwichtigen, das RKI selbst hätte gesagt, dass politischer Einfluss “völlig normal“ sei, und zitiert aus einer Stellungnahme des RKI: „Wäre das RKI institutionell unabhängig, würde es diese entscheidende Funktion verlieren“. Na, dann ist ja alles gut.
Die Sendung des Deutschlandfunk zu den RKI-Files erschien am nächsten Tag noch einmal als Text: „»Pandemie der Ungeimpften« - Decken die ungeschwärzten RKI-Protokolle Skandale auf? Da schon so suggestiv gefragt wurde, tun sie das selbstverständlich nicht.
Auch die FAZ reihte sich ein in den Reigen der Medien, die den Protagonisten der Corona-Zeit beflissen zu Hilfe eilten: „»Pandemie der Ungeimpften«– Spahn weist Vorwurf zurück“. Zitiert wurde unter anderem der Pressesprecher Spahns mit den Worten, der ehemalige Minister halte einen Widerspruch zwischen seinen Aussagen und der in einem Protokoll hinterlegten Aussage eines RKI-Abteilungsleiters für „konstruiert“.
Das pseudolinke Magazin Neues Deutschland kritisierte, dass ich RKI-Mitarbeiter “gedoxxt” hätte: “RKI-Files: Ein Leak mit Doxing”. Ich hätte den gleichen Fehler gemacht, für den schon Wikileaks kritisiert worden sei: Dokumente vorher nicht verantwortlich schwärzen, um den Datenschutz von Dritten zu gewährleisten. Dadurch hätte ich RKI-Mitarbeiter “gefährdet”. Als Journalistin hätte ich die Argumentation um Wikileaks kennen müssen. Ob der Autor sich vorstellen kann, dass ich die Argumentation um Wikileaks sehr gut kannte - und mich bewusst für ein identisches Vorgehen wie bei Wikileaks entschieden habe? Und nun? Es gilt die gleiche Argumentation wie bei Wikileaks: Hier wurde niemand gedoxxt und niemand gefährdet. Es wurde nicht gedoxxt, da nur Menschen in ihrer offiziellen Position am Institut offengelegt wurden. Mit privaten Informationen hat das nichts zu tun. Zweitens habe ich niemanden gefährdet, da nicht mal die größte Corona-Reizfigur des Landes, Christian Drosten, mit Ausnahme eines betrunkenen Pöblers auf einem Campingplatz, über eine konkrete Bedrohung klagen kann: Im Gegenteil, er kann sich ganz frei ohne Bodyguards bewegen, und im Supermarkt würden sich noch immer wildfremde Menschen bei ihm bedanken, wie er selbst freimütig bei Illner berichtete. Die “angebliche Bedrohung” von weitaus unbekannteren, weitaus weniger einflussreichen RKI-Mitarbeitern durch den Leak ist ein reines Scheinargument.
Die Zeit titelte „»Heftiger Druck« von oben“, und bezeichneten „was Aya Velázquez und ihre Mitstreiter da der Öffentlichkeit vorstellten“ als „Coup“ - trotz noch nicht final geklärter Echtheit der Protokolle. Die Zeit-Autoren hatten erfreulicherweise eigenständig weiterrecherchiert, in dem sie zwei RKI-Mitarbeiter befragt hatten, die zu Protokoll gaben, in Wahrheit sei es mit dem Druck aus dem BMG noch viel schlimmer gewesen, als die Protokolle darlegen – die Protokolle zeigten nur die Spitze des Eisbergs: "Die jetzt veröffentlichten Protokolle seien nur ein kleiner Ausschnitt, sie seien angelegt worden, um hinterher selbst evaluieren zu können, was man gut gemacht habe und was zukünftig besser gemacht werden könne – für das, was man lessons learned nennt. (.) Was sich dort kaum findet, sei der Druck, der auf die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ausgeübt wurde, der teilweise "heftig" gewesen sei, sagt der RKI-Insider. (.) Die RKI-Leute hätten sich manchmal nur wehren können, indem sie die Ministeriumsmitarbeiter aufgefordert hätten, aus den mündlichen Aufforderungen schriftliche Weisungen anzufertigen. Davor aber schreckten die Ministerialen fast immer zurück, denn "aktenkundig wollte das im BMG niemand haben".
Die Zeit widersprach sich im selben Artikel jedoch gleich wieder und meinte, der Inhalt tauge nicht zum Skandal, nur „vereinzelt“ würde ein Spannungsverhältnis zwischen einer wissenschaftlich arbeitenden Behörde und politischen Entscheidungsträgern deutlich. Sehr unerfreulich an dem Zeit-Artikel ist, dass auch darin mein Klarname gedoxxt wird. Ich möchte an dieser Stelle noch einmal betonen, dass Doxxing auch beim hundertsten Mal noch Doxxing darstellt, sofern es gegen den ausdrücklichen Willen der betroffenen Person geschieht – da man die Kenntnis des Klarnamens jedes Mal einer neuen Leserschaft zuführt. Die ach so woke Zeit und alle Medien, die sich im Zuge der Berichterstattung um die RKI-Files berechtigt sahen, meinen Klarnamen zu veröffentlichen, verhalten sich diametral entgegen der “woken Ethik”, die sie stets von oben herab von anderen einfordern. Archive-Link
Die Welt schlug kritische Töne an: In einem Artikel mit dem Titel “Pandemie der Ungeimpften? »Aus fachlicher Sicht nicht korrekt«” bemängelte der Jurist und Welt-Journalist Benjamin Stibi, dass Spahn und Lauterbach jegliche politische Einflussnahme auf das RKI zurückweisen, obwohl die RKI-Protokolle ganz klar aufzeigten, dass eine solche Einflussnahme stattgefunden hat. Außerdem konstatierte er korrekterweise: “Die deutsche Corona-Aufarbeitung findet auf X statt”. Außerdem verfasste Stibi einen lesenswerten Thread zu den ersten inhaltlichen Äußerungen des RKI zu den Files.
Am Abend erschien ein erster kritischer Bericht zu den RKI-Files im heute Journal des ZDF von der Journalistin Britta Spiekermann, die bereits in der Vergangenheit durch eine sehr solide Berichterstattung aufgefallen ist. Der Schwerpunkt lag auch hier auf dem Talking Point der “Pandemie der Ungeimpften”.
Im Schweizer Medium Infosperber erschien ein interessanter Beitrag zu den RKI-Files, der sich anhand von acht Beispielen detaillierter Textarbeit widmete: „Corona – Wissenschaftler waren Befehlsempfänger der Politik“.
26.07.2024
Nachdem die Berichterstattung der ersten Tage relativ neutral und ausgewogen im Hinblick auf meine Person ausgefallen war – in der Regel beschränkte man sich in den Massenmedien darauf, meinen Namen nicht zu nennen und von „eine Journalistin“ zu sprechen – formierten sich an Tag Vier langsam die ersten diffamierenden Framing-Angriffe: „Aya Velázquez – Konkurrenz für »etablierte Altmedien«“ titelte das pseudolinke Magazin Neues Deutschland. Was zunächst wohlwollend klingt, entpuppte sich als fehlerbehaftetes Hit Piece: Direkt unter dem Titelbild hieß es, ich hätte dem Robert-Koch-Institut Totalitarismus unterstellt – eine falsche Tatsachenbehauptung. Nachdem ich das ND aufforderte, das Falschzitat binnen 24 Stunden zu entfernen, oder ich müsse juristische Hilfe in Anspruch nehmen, verschwand es. Auf persönliche Rückfrage an den Autor Mathias Monroy, wie es zu dem Falschzitat gekommen war, erhielt ich keine Antwort. Öffentlich antwortete der Autor einem anderen X-User, es entstamme meinem Einladungstext zu unserer Pressekonferenz - was jedoch nicht stimmt, da ich dort nachweislich eine solche Aussage nicht getätigt hatte. Auch war ich im Vorfeld des Portraits seitens des ND nicht zu einer Stellungnahme angefragt worden. Der Titel des Artikels wurde dann einige Tage später abgeändert in „Aya Velázquez will »etablierten Altmedien« Konkurrenz machen“. Offenbar war der Redaktion zu spät aufgefallen, dass man den ersten Titel als lobendes Zugeständnis interpretieren könnte. | (Zuletzt aktualisiert am 28.07.)
„Taugt die Veröffentlichung der RKI-Protokolle zum Skandal?“, fragte Thomas Pany von Telepolis in seinem zweiten Artikel zu den RKI-Protokollen mit dem Titel „RKI-Protokolle: Der Skandal, der kein Ende kennt“ - und beantwortete diese Frage mit einem klaren Ja: „Wenn die Empörung einer größeren Menge von Bürgerinnen und Bürger durch die Veröffentlichung neu aufflammt, dann ist etwas im Land schiefgelaufen, das offenbar noch nicht wieder repariert wurde.“ Obwohl laut dem Autor einige „Skandalons“ bereits ausgeräumt worden seien, bliebe „ein großer Rest an Streitpunkten. Da geht es prinzipiell um den Einfluss politischer Maßgaben auf Entscheidungen, die sich öffentlich auf wissenschaftliche Grundlagen beriefen, um einen politischen Ausnahmezustand zu begründen. Und es geht um die Rolle der Medien, die eine öffentliche Front aufmachten, die das Land heute noch polarisiert.“
Die katholische Tagespost veröffentlichte einen hervorragenden „Kommentar um 5 vor 12“ zu den RKI-Files mit dem Titel „Lauterbach, Spahn und Drosten werden viel zu erklären haben“. Stärkstes Zitat aus dem Artikel: "Überragendes öffentliches Interesse: Es mag sein, dass sich durch den Leak der ungeschwärzten Protokolle, die nun erstmals auch vollständig vorliegen, jemand in seinen Persönlichkeitsrechten verletzt sieht und dagegen aufbegehrt. Wer keine Person der Zeitgeschichte ist, dem muss dies zugestanden werden. Angesichts des überragend öffentlichen Interesses sollte jedoch niemand dem Whistleblower übelnehmen, dass er sich darüber hinweggesetzt hat. Zumal auch hier gilt: An der Wahrheit ist noch niemand erstickt." | Archive Link
In der neuen Neuen Osnabrücker Zeitung erschien eine kritische Kolumne der Autorin Louisa Riepe: „Skandal um RKI-Protokolle? Warum wir bei der Berichterstattung vorsichtig sind“. Dabei stellte sie die Authentizität der Protokolle infrage, und führte unter anderem als Indiz an, dass sich „etablierte Medien“ wie Zeit, Spiegel, Süddeutsche, FAZ und die Tagesschau oder Agenturen wie die dpa bislang “kaum” zu den Files äußern würden. Die Verlässlichkeit der Quelle in Form meiner Person wurde ebenso anzweifelt. Dabei war es der Autorin offenbar auch ein Anliegen, erneut meinen Klarnamen zu doxxen. Sie erwähnte die lediglich “geringe” Anzahl von Abonnenten auf meinem Substack-Blog (7 K) oder YouTube-Kanal (16 K) – und ließ Abonnentenzahlen auf meinen Hauptkanälen X (81 K) und Telegram (24 K) unerwähnt – vermutlich, um meine Arbeit als möglichst irrelevant darzustellen. Schließlich hätte ich auch noch nicht in „klassischen Nachrichtenmedien“ publiziert. Zudem hätte ich mich auf die NOZ-Anfrage nicht zurückgemeldet. Das stimmt: Denn in den ersten zwei Tagen nach dem Leak wurde ich von Anfragen so überrannt, dass ich es nicht schaffte, alle zu beantworten. Auch die „schiere Menge an Daten“ würde es der NOZ erschweren, zu den Files zu berichten. Aus diesen Gründen sei man „vorsichtig“.
Ein herausragender Artikel erschien in der Welt: „Das Dossier der unterdrückten Positionen“ von Andreas Rosenfelder, dem Leiter des Feuilletons. “Hatten die Verschwörungstheoretiker doch Recht? Diese Frage steht im Raum, seit die Journalistin Aya Velázquez am 23. Juli 2024 die ungeschwärzten Protokolle des Corona-Krisenstabs des Robert-Koch-Instituts (RKI), bekannt als „RKI-Files“, ins Netz gestellt hat. Versteht man unter „Verschwörungstheorie“ all jene Positionen, die in den Corona-Jahren von Politik und Medien mit diesem Kampfbegriff abgestempelt und disqualifiziert wurden, dann muss man die Frage wohl mit einem Ja beantworten.”. Der Artikel erschien auch in der Printausgabe. | Archive Link (Datum aktualisiert)
Am Abend äußerte sich der Kolumnist Hans Ulrich Jörges in Welt TV zu den RKI-Files mit einem Paukenschlag: “Die „Gewinner“ des Tages sind für mich die „Ungeimpften“ der Corona-Zeit”. (Datum des Beitrags aktualisiert)
Auf meinem Substack-Blog widmete ich mich in einem FAQ den besonders häufig gestellten Fragen zum Leak, insbesondere Fragen zur Authentizität: “RKI Leak FAQ”.
27.07.2024
Die Neue Osnabrücker Zeitung veröffentlichte eine Kurzanalyse mit dem Titel: “Neuer Ärger um die »Pandemie der Ungeimpften« – Was wirklich in den RKI-Files steht“, die vor allem der Frage nachgeht, ob sich Spahn über die Wissenschaft hinweggesetzt habe. Die NOZ stellte sich hinter Spahn: „Als Beweis dafür, dass bei der Impfkampagne »gelogen« wurde, taugen die Protokolle daher nicht – eher als Beleg, dass verkürzte und überspitzte politische Schlagworte einerseits und die Kommunikationsstrategien wissenschaftlicher Einrichtungen andererseits nicht denselben Regeln folgen. Wirklich überraschend ist das allerdings kaum.“
Auch im Nachrichten-Podcast der ZEIT Online wurde über die RKI-Files gesprochen: „Was die Politik aus den Corona-Protokollen lernen kann“ (ab Minute 3). Interviewt wurde Jan Schweitzer aus dem Wissensressort, der mit RKI-Mitarbeitern gesprochen hatte, die die Einflussnahmen aus dem Ministerium bestätigt hatten. Schweitzer spricht zumindest von „Versuchen seitens der Politik, die Arbeit am RKI zu beeinflussen". Es sei für die RKI-Mitarbeiter „nicht einfach“ gewesen, „unter diesen Bedingungen zu arbeiten“. Sie baten demnach das BMG um Verschriftlichungen politischer Weisungen, aber das gestaltete sich wohl als schwierig, denn „schriftlich wollte das dann doch niemand haben“. Laut Schweitzer sei Jens Spahn „ja nicht ganz doof“ und hätte eigentlich eigentlich gewusst, dass das mit der “Pandemie der Ungeimpften” so nicht stimmen kann, und auch das RKI sei davon nicht begeistert gewesen. Die Moderatorin gab zu bedenken, es handele bei den Protokollen ja nur um Momentaufnahmen. Befragt nach Wagenknechts Forderung einer parlamentarischen Aufarbeitung, meinte Schweitzer, für Wagenknecht mache das sicher Sinn, es sei jedoch „nicht zielführend“ im Hinblick auf das große Ziel, „für die Zukunft“ besser vorbereitet zu sein. Warum eigentlich nicht? Er plädierte für die Aufarbeitung in Form eines Komitees unabhängiger Experten, die bestenfalls während Corona nicht in Deutschland tätig waren.
Im MDR äußerte sich der Virologe Schmidt-Chanasit zu den RKI-Files: Er sprach von einem Schaden, der durch die Einflussnahme der Politik auf die Wissenschaft entstanden sei, und dass die Politik nun eine Aufarbeitung liefern müsse: „Virologe Schmidt-Chanasit: »Politik hat die notwendige Transparenz nicht hergestellt«”
Ein Datenanalyst, der sich auf der Plattform X “Muh” nennt, entdeckte die angeblich verschollene Sitzung vom 09.05.2020, versteckt in einem Ordner im Zusatzmaterial vom 14.05.2020. Die Sitzung, die vor Gericht noch als offiziell unauffindbar galt, hatte sich somit angefunden. Dies stellte eine kleine Sensation dar – und warf ein nicht sehr vorteilhaftes Licht auf die Archivierungspraktiken des RKI. In der Sitzung befand sich auch der legendäre Satz: “Zu den Tragen von Masken im Freien gibt es keine Evidenz.” (Fehler entspricht dem Original)
Stefan Niggemeier veröffentlichte eine Kolumne im Newsletter von Übermedien mit dem Titel: „Über die »RKI-Files«, Schleichwerbung und die Allgegenwart von Nachrichten“. Der Newsletter ist hinter einer Paywall. Ein interessantes Zitat aus dem Text wurde beim MDR aufgegriffen: "Velázquez und ihre Mitstreiter haben, zurückhaltend formuliert, eine klare ablehnende Haltung zur deutschen Corona-Politik (.) Das ist ein guter Grund, ihre Interpretation des Inhalts als Skandal nicht unbesehen zu übernehmen. Es bedeutet aber auch nicht automatisch, dass sie falsch ist."
An Tag Fünf nach dem RKI-Leak war der Hashtag #RKIFiles noch immer auf Platz Drei der deutschen X-Trends.
28.07.2024
Die Sonntagszeitung des Schweizer Tagesanzeigers warf einen interessierten Blick auf das Geschehen rund um die RKI-Files in Deutschland: “RKI-Files: Covid-Protokolle sorgen in Deutschland für Wirbel”. Sie ordnete für ihre Leser ein: Die Schweiz sei einen anderen Weg gegangen. Als Kronzeuge des Artikels diente ein ehemaliges Mitglied der Schweizer Covid-Task Force, der Epidemiologe Marcel Salathé. Dieser sagte, während Deutschlands Corona-Entscheidungen hinter verschlossenen Türen gefallen seien, habe man sich in der Schweiz bewusst für Offenheit entschieden. Man habe sich zwar auch mit dem Robert-Koch-Institut in Deutschland ausgetauscht, da es immer interessant sei, zu schauen, was andere Länder machen, sei dann aber doch seinen eigenen Weg gegangen.
Von Paul Schreyer, dem Kläger um die RKI-Files, erschien ein sehr guter Text in der Neuen Osnabrücker Zeitung mit dem Titel: “Die RKI-Protokolle: Über Wissenschaft, Wahrheit und Widersprüche“. In seinem Artikel beweist er die Weisungsgebundenheit des RKI anhand der Risikobewertung, der FFP2-Maskenpflicht, 2G und 3G, sowie des sogenannten Inzidenzwerts, bei dem das RKI eine willkürliche Festlegung durch die Politik willfährig abgenickt hätte, um die eigene Position nicht zu gefährden. Wie Schreyer korrekt feststellt: Mit weitreichenden Folgen vor allem für die juristische Beurteilung der Corona-Maßnahmen, weil sich die Gerichte auf die Einschätzungen des RKI als „wissenschaftliche Basis“ verlassen hatten. Dies sei in Schreyers Augen ein Fehler, dessen Aufarbeitung bis heute ausstehe.
Der freie Journalist, Kollege und Organisator der Pressekonferenz, Bastian Barucker, stellte eine neue Webseite namens corona-protokolle.net vor, auf der sämtliche Corona-Dokumente strukturiert und übersichtlich zum Download erhältlich sind. | Zur Webseite
Ein erstes Interview-Gespräch mit mir erschien auf dem Kanal der Nachdenkseiten auf YouTube, geführt von Florian Warweg und Gabriele Gysi. Es war direkt einen Tag nach dem Leak entstanden.
AchGut veröffentlichte ein Gespräch zu den RKI-Files mit dem Vorsitzenden der Good Governance Gewerkschaft Marcel Luthe und der Rechtsanwältin Annette Heinisch auf YouTube.
Bei Tichys Einblick erschien ein Gastartikel mit dem Titel: „RKI war künstlicher Virusursprung bekannt - War das Corona-Virus vom Menschen geplant und deshalb möglicherweise gefährlicher als gedacht?“ von Professor Ronald Wiesendanger, der als einer der wenigen im deutschsprachigen Raum schon früh die Laborhypothese vertreten hatte, und dafür viel Schelte einstecken musste. Er wollte in den neu veröffentlichten Files Indizien gefunden haben, dass das RKI schon früh über die Laborherkunft des Virus Bescheid wusste. Er verwies hierzu auf ein Foto eines Vortrags, den Victor Corman am 05. Februar 2020 vor dem RKI gehalten hatte, und bei dem auf dem Slide einer PowerPoint-Präsentation der Satz „nCov hat eine zusätzliche multibasische Furin-Spaltstelle“ auftaucht. Das Wörtchen „zusätzlich“ interpretierte Wiesendanger als Wissen über die Laborherkunft.
Auch wenn ich Ronald Wiesendangers These der Laborherkunft des Coronavirus grundsätzlich teile, ergibt sich für mich aus dem entsprechenden Fundstück in den Files kein Indiz dafür, dass das RKI die Furin-Spaltstelle in Richtung eines Laborunfalls interpretiert hat. Die bloße Erwähnung einer „zusätzlichen multibasischen Furin-Spaltstelle“ sagt nichts über die Interpretation derselben aus. Niemand hatte ihr Vorkommen im Virus jemals bestritten - selbst Christian Drosten nicht. Sie war das Hauptthema in Faucis berüchtigter erster Telefonkonferenz, an der auch Drosten teilgenommen hatte. Selbst damals argumentierte Drosten bereits, eine Furin-Spaltstelle könne auch natürlichen Ursprungs sein, da Furin-Spaltstellen etwa bei Influenza und anderen C-Viren häufiger mal „spontan“ auftreten. Es beweise keine Laborherkunft. Bei diesem Narrativ ist er seit vier Jahren konsequent geblieben, das muss man ihm lassen.
Man sollte nicht den Fehler begehen, etwas in die RKI-Files hineinzuinterpretieren, was dort nicht steht, nur um endlich eigene Theorien bestätigt zu sehen. Damit bietet man Gegnern nur unnötige Angriffsflächen.
Im rechtskonservativen Deutschland Kurier erschien eine Kurzmeldung zu den Files: “Corona-Protokolle: AfD-Abgeordnete stellen Strafanzeige gegen Merkel, Spahn und Scholz!”. Interessant an der Meldung ist folgender Absatz: „Im RKI und im politischen Berlin steigt die Nervosität. Nach DK-Informationen erwägt die Institutsleitung ihrerseits aufgrund der Enthüllungen strafrechtliche Schritte gegen Unbekannt einzuleiten.“. Diese Information habe ich nirgendwo sonst gelesen. Der zentrale Aspekt der Info, sofern sie denn stimmt: Wenn Ermittlungen gegen „Unbekannt“ eingeleitet wurden, heißt das, dass die Identität der Whistleblowerin oder des Whistleblowers weiterhin gut geschützt ist und unsere Sicherheitsvorkehrungen funktioniert haben.
29.07.2024
Etwa eine Woche nach dem Leak der RKI-Files stellte ich um die bewährte Uhrzeit von Punkt 4:00 Uhr morgens den sogenannten „Leak im Leak“ auf X online: Alle .msg-Dateien aus dem Zusatzmaterial, entschlüsselt - wobei es sich um die RKI-Emailkonversation des RKI handelt - darunter auch ein handsignierter Brief von Emmanuel Macron. Auf unserer Webseite rki-transparenzbericht.de ist es der vierte Reiter in der Download-Maske. Auch der „Leak im Leak“ erzielte wieder eine hohe Reichweite von bis dato 538 Tausend Impressionen. Wegen Emails der französischen Regierung wurde der „Leak im Leak“ auch munter in unserem schönen Nachbarland Frankreich geteilt. Auch auf meinem Substack-Blog erschien die Meldung zum Leak mit dem Titel: “Politischer Sprengstoff: Vertrauliche RKI-Email-Korrespondenz im Leak aufgetaucht”.
Klaus Raab widmete sich den Files in seiner MDR-Kolumne mit dem treffenden Titel „Das Altpapier“, Teilüberschrift: „»RKI-Files« - Regierungstreu oder skandalskeptisch?“ Die kognitiven Dissonanzen werden am Schönsten sichtbar an Formulierungen wie „eine unter Pseudonym als Journalistin performende Aktivistin“ zur Beschreibung meiner Person. Das muss einem erstmal einfallen!
Im Wesentlichen hätten Medien recht, die unrechtmäßigen Skandalisierungen der Files mit nüchterner Gegenanalyse entgegengetreten wären. Diese hätten aber gleichwohl das Problem, als zu “regierungsnah” wahrgenommen zu werden. Welch ein unfaires Pech aber auch! Der Autor verwies auch auf den vielgeteilten Kommentar von Ruth Schneeberger, in dem sie deutsche Leitmedien dafür kritisiert, sich reflexhaft schützend vor die Regierung zu werfen. Wirkliche Gegenargumente gegen Schneebergers Text hat der Autor zwar nicht, aber er unterstellt ihr, es nicht ernst zu meinen: „Ob sie an einer echten journalistischen Aufarbeitung der Corona-Politik, die deren Fehlern wirklich nachgeht statt sie als gesetzt zu betrachten, allerdings so viel Interesse hat wie an einem Schuldspruch auf Basis von Satzbausteinen, die nicht unbedingt das aussagen, was man mit entsprechender Brille in sie hineinlesen kann: Da darf man skeptisch sein. Ihr Text liefert dafür keinerlei Anhaltspunkte.“. Man könnte es auch kürzer fassen mit: Medien, die die Files herunterspielen = gut, Medien, die die Files kritisch aufarbeiten = böse. Besonderes Schmankerl: Als Transparenzhinweis gab der Autor an, er schreibe auch gelegentlich für Zeit Online, deren Artikel über die RKI-Files er in diesem Beitrag natürlich als positives Beispiel gegen eine unbotmäßige „Skandalisierung“ der Files lobt.
In einem ersten Pressespiegel zu den RKI-Protokollen bei Telepolis mit dem Titel „RKI-Protokolle: Ein Weckruf für die Medien?“ kritisierte der Autor Timo Rieg ein verhaltenes Interesse der Massenmedien unmittelbar nach dem Leak. Es hätte kaum Eilmeldungen gegeben. Er kritisierte, dass weder mein Name noch der Download-Link der geleakten Protokolle im ersten Bericht der Tagesschau genannt worden sei. Letzteres hätte neben dem Anstand auch die Quellentransparenz geboten. Darüber hinaus merkte er, ebenso wie Ruth Schneeberger von der Berliner Zeitung, kritisch an, dass viele Medien ein verfrühtes Urteil über die RKI-Protokolle gefällt hätten, und ihnen attestierten, nicht für einen Skandal zu taugen - was rein logistisch angesichts der Fülle des Materials noch nicht hätte bescheinigt werden können. In Riegs Artikel werde ich als „Journalistin und Aktivistin“ bezeichnet. Auf Rückfrage, warum “Aktivistin”, erfuhr ich, dass diese Bezeichnung, die schlichtweg nicht wahr ist, ohne Riegs Zustimmung nachträglich von der Telepolis-Chefredaktion hinzugefügt wurde. Er war einverstanden damit, dass ich diesen Hintergrund transparent mache.
Auf YouTube veröffentlichte einer meiner beiden Mitstreiter, Professor Stefan Homburg, im Rahmen seines Medienformats Homburgs Hintergrund einen hervorragenden Bericht im Stil einer Nachrichtensendung zu den RKI-Protokollen: „RKI-Leak: Der Whistleblower“. Homburg beantwortete darin sachlich und nüchtern offene Fragen im Hinblick auf den Zeitpunkt der Veröffentlichung, sowie bezüglich der Authentizität der Dokumente.
Das Redaktionsnetzwerk Deutschland titelte: „Ungeschwärzte RKI-Protokolle - »Pandemie der Ungeimpften« – Fake oder Fakt?“, als ob diese Frage eine Woche nach dem Leak noch irgendwie zur Debatte stünde. Die Autoren des Artikels doxxten mich nicht nur einmal, sondern verwendeten im Artikel durchgängig meinen Klarnamen. Besonders peinlich: Um weiteres Diffamierungsmaterial verwenden zu können, waren sie sich auch nicht zu fein dafür, das – wie sie selbst schreiben - „Rechtsaußenportal Report24“ zu zitieren – ganz so, als wäre besagtes Medium plötzlich eine ernstzunehmende Referenz, um sich ein Bild über Frau Velázquez zu machen. Um mit Dreck gegen die Veröffentlicherin der RKI-Files werfen zu können, war dem SPD-Blatt RND auch ein dubioses Rechtsaußen-Medium nicht zu schmuddelig. Abgesehen davon wurden im Artikel das RKI und die Politik in Schutz genommen - es sei ja alles nicht so gemeint gewesen. Neben dem unautorisierten ND-Portrait war dieser RND-Artikel der absolute Tiefpunkt der Berichterstattung zu den RKI-Protokollen. Andererseits: Was bleibt einem als SPD-Hausklitsche auch anderes übrig?
30.07.2024
Im Open Source-Bereich der Berliner Zeitung erschien ein sehr lesenswerter Gastartikel des Hamburger Sachbuchautors und Facharztes Günter Kampf mit dem Titel „»Pandemie der Ungeimpften« - warum ist eine sachliche Corona-Aufarbeitung so schwer?“. Er analysierte in seinem Artikel schwerpunktmäßig die fehlende Verhältnismäßigkeit der einrichtungsbezogenen Impfpflicht und traf im Zusammenhang mit den RKI-Protokollen eine wichtige Feststellung: „Der Öffentlichkeit wurde von Politikern und einigen Wissenschaftlern die Unwahrheit gesagt („Pandemie der Ungeimpften“). Dieser plakative Standpunkt war bereits im August 2021 wissenschaftlich widerlegt, doch er blieb für die Öffentlichkeit unverändert die offizielle Wahrheit. Die „Pandemie der Ungeimpften“ wurde weiterverbreitet und argumentativ zur Begründung der Impfung verwendet.“ Eine seriöse wissenschaftliche Aufarbeitung könne nach Ansicht des Autors nur von Wissenschaftlern erfolgen, die bislang kaum in der Öffentlichkeit zu sehen waren – nur letztere besäßen die nötige, gebotene Neutralität.
Ruth Schneeberger widmete sich in der Berliner Zeitung den inhaltlichen Aspekten der RKI-Protokolle und fragte: „Neue RKI-Files: Was wusste Drosten vom Ursprung des Virus?“, in Anlehnung an die von Ronald Wiesendanger geäußerte These, das RKI habe möglicherweise vom Laborursprung des Virus gewusst. Warum diese These mich nicht überzeugt, hatte ich bereits dargelegt. Schneeberger zeichnete des Weiteren ein Lagebild des Diskurses, sowohl im Mainstream, als auch in den Alternativmedien, eine Woche nach dem Leak. Die Autorin sprach von „Neid“ dem Veröffentlichungsteam gegenüber in der Alternativ-Medienszene, der teilweise offen zur Schau getragen würde. | Archive-Link
Das österreichische Medium Die Presse veröffentlichte einen sehr interessanten Artikel mit dem Titel: „Wir haben keine RKI-Files – und trotzdem ein Problem” aus dem ich an dieser Stelle wegen der wirklich interessanten Perspektive aus unserem Nachbarland Österreich, das ähnlich strenge Maßnahmen wie Deutschland hatte, etwas ausgiebiger zitieren möchte: „Nachlesen kann man darin zum Beispiel, dass die sogenannte Pandemie der Ungeimpften, über die sich Politiker so gern ereiferten, schlicht eine Erfindung war. (.) Im Prinzip wussten wir das alles schon. Aber schwarz auf weiß bekommt die Sache ein anderes Gewicht, und zwar auch in Österreich. Über die ‚Pandemie der Ungeimpften‘ sprachen der Bundeskanzler und seine Minister ja ebenfalls bei jeder Gelegenheit - mutmaßlich auf einer sehr ähnlichen Faktenbasis. Die RKI-Files könnten ein Anlass sein, jetzt doch noch wissen zu wollen, was in der Pandemie falsch lief und warum - in Deutschland und in Österreich. Beide Länder setzten auf besonders strenge Maßnahmen, hätten also besonders viel Erklärungsbedarf. Doch hüben wie drüben will die Politik davon nichts hören. (.) Österreich hat, im Gegensatz zu Deutschland, wenigstens ein bisschen Aufklärung betrieben. Doch damit war die Neugier leider befriedigt. Den entscheidenden Fragen ging man bisher aus dem Weg. Warum etwa andere Länder mit weniger rigiden Maßnahmen besser durch die Krise kamen als wir, interessiert offenbar niemanden, weder in der Politik noch in der Wissenschaft. Der Staat muss glaubwürdige Anstrengungen unternehmen, um der Wahrheit wenigstens näherzukommen. Andernfalls kommt der Erkenntnisgewinn nur aus Enthüllungen wie den RKI-Files. Und das kann die Politik eigentlich nicht wollen.“.
Der Journalist Milosz Matuschek titelte in seinem Blog „Freischwebende Intelligenz“: „RKI-Protokolle: Auf historischem Blindflug in den nächsten Zivilisationsbruch“ und bezeichnete darin den RKI-Leak als „journalistischen Coup“ und „höchst wichtigen Baustein für die anstehende Aufarbeitung, sowie die Adelung des kritischen Journalismus in Deutschland. Wer auch immer der Whistleblower war: dem Medien-Mainstream wollte man die Daten lieber nicht anvertrauen.“
Bei ProSieben erschien ein eineinhalbminütiger, recht brauchbarer, da neutraler Videobericht über die RKI-Files: „Corona-Krisenstab: Veröffentlichung ungeschwärzter Dokumente“. (Datum aktualisiert)
31.07.2024
Eine Woche nach dem RKI-Leak sagte der Journalist Paul Schreyer, der Kläger um die RKI-Protokolle, dem Veröffentlichungsteam, bestehend aus Professor Stefan Homburg, Bastian Barucker und mir, auf der Plattform X seine Unterstützung zu, und bedankte sich bei uns für das Voranbringen der Aufarbeitung.
Auf dem YouTube-Kanal von Apollo News erschien ein interessantes Interview mit Professor Stefan Homburg: „Stefan Homburg über die RKI-Leaks: »Sie sprachen mit gespaltener Zunge«“
Der X-User Ben Marten stellte eine neue, praktische Webseite zum Durchsuchen der RKI-Files vor – eine hervorragende Initiative und wunderbare Ergänzung zum Leak.
Bei Tichys Einblick erschien ein Artikel mit dem Titel: „Corona-Aufarbeitung: Fünf Gründe, die RKI-Files nicht zu ignorieren“. Der Artikel versteht sich als Briefing für Stammtischgespräche über die RKI-Files und erörtert die wichtigsten Punkte, die man daraus mitnehmen sollte.
01.08.2024
Auch Christian Drosten und Georg Mascolo kamen bei der Promo-Tour ihres gemeinsamen Buches nicht umhin, zu den RKI-Files Stellung zu nehmen. In der Sendung „Leute“ vom SWR1 Baden-Württemberg äußerte sich Drosten wie folgt:
„Ich habe natürlich auch hier und da reingelesen, in diese Protokolle, auch in die Passagen, in denen ich genannt werde, und ich glaube, dass die Öffentlichkeit ein bisschen auch einen falschen Eindruck bekommt, und der Wertigkeit und der Perspektive in diesem Dokument. Was man sich, glaube ich, klarmachen muss: Eine Motivation, die wahrscheinlich dahinter stand, bestimmte, große Passagen besser nicht der Öffentlichkeit zu zeigen, war einfach, das da viel Information drin ist, die eigentlich nicht – sagen wir mal – die wissenschaftliche Substanz hat, die das RKI braucht und will, wenn das RKI an die Öffentlichkeit geht. Also, ich halte ja sehr viel von der Arbeit des RKI, gerade in der Pandemie, die haben eine extrem gute Rolle gespielt, und die haben gerade in ihrer öffentlichen Kommunikation immer sehr substanziell kommuniziert. (.) Ich komme da drin vor, aber was ich gesagt habe, wird sicher nicht ganz richtig verstanden. Das ist in Ordnung bei einer internen Kommunikation, ich wurde dazu auch nicht befragt. Die können über meine Aussagen oder über irgendwelche anderen Dinge natürlich intern erstmal besprechen, was sie wollen. Es kann auch immer mal sein, dass da Dinge drinstehen, die nicht belegt sind, oder die am Ende doch nicht so gewesen sind. Das ist alles kein Problem, solange es nicht an die Öffentlichkeit kommt. Und ich glaube, diese Überlegung war auch dabei. Und wenn man sich dann eben die Qualität der öffentlichen Kommunikation des RKI sonst anschaut, da ist schon ein großer Unterschied.“
(Online 02.08.2024, Sendung vom 01.08.2024) . Gefunden von X-Userin Stefanie
Das Spiegel Wissenschaftsressort widmete dem Leak der RKI-Protokolle einen Podcast: „Spiegel Shortcut – Was zeigen die RKI-Protokolle wirklich?“ Im Hinblick auf den Leak wurde seitens Moderatorin Regina Steffens hervorgehoben, dass die Protokolle „ohne Berücksichtigung des Datenschutzes veröffentlicht wurden“. Die interviewte Expertin Julia Merlot debunkte bereits ad acta gelegte Diskussionen, etwa Vermutungen zum Hochsetzen der Risikobewertung. Da habe es ja viele “Verschwörungstheorien” gegeben, ob derjenige aus der Politik kam – am Schluss sei es aber nur Lars Schaade, der damalige RKI-Vizepräsident gewesen. Schlussendlich wurde sie dann doch noch zaghaft kritisch: Einige Stellen in den Protokollen erweckten zumindest den Eindruck, dass das Gesundheitsministerium versucht habe, auf die wissenschaftlichen Bewertungen des RKI Einfluss zu nehmen – das sei, aus Sicht von Merlot, brisant und so nicht in Ordnung. Aus Sicht der Moderatorin ist eine Aufarbeitung wichtig, aus Sicht von Merlot nur, wenn daraus Lernerfahrungen für die Zukunft abgeleitet werden - nicht aber, um mit dem Finger auf Leute zu zeigen und Schuldzuweisungen zu tätigen.
In der FAZ erschien ein weiterer Artikel, der es für nötig befand, mich zu doxxen: „Protokolle zu Corona-Zeit: Was steht in den »RKI-Files«?“. Der Autor Paul Gross kam zum Schluss, dass es keine „Belege für angebliche Verschwörungen innerhalb des Behördenapparats“ gibt – ein Strohmannargument, da dies ohnehin niemand behauptet hatte. Vielmehr ging es darum, dass wissenschaftliche Erkenntnisse, über die das RKI verfügte, von der Politik eben nicht aufgegriffen wurden. Der Autor räumte zumindest vorsichtig ein, dass „nicht nur die Wissenschaft Einfluss auf Politik genommen hat, sondern dass politische Entscheidungen andersherum auch Einfluss auf die Kommunikation von Wissenschaftlern des RKI hatten“. Einen Skandal sah er darin, ebenso wie Christina Berndt, jedoch nicht. Archive-Link 1 | Archive Link 2
Von Elke Bodderas erschien in der Welt ein lesenswerter Artikel mit dem Titel „RKI Files: Lauterbachs bewusst falscher Long-Covid-Ratschlag“. Darin beweist sie anhand der Email-Konversation des RKI im Zusatzmaterial des Leaks, dass Karl Lauterbach fälschlicherweise für die Impfung als Long-Covid geworben hat – wovon das RKI intern nicht davon überzeugt war, da schlichtweg die Evidenz fehlte. | Archive Link (Datum aktualisiert)
Auf dem YouTube-Kanal des Finanzberaters, Politbloggers und Buchautors Marc Friedrich erschien ein Interview mit mir zu den RKI-Files: „RKI-Protokolle: Whistleblower offenbart neue Einblicke (Interview Aya Velázquez)“. Das Interview erhielt bis dato 200 Tausend Aufrufe.
02.08.2024
Im Lokalblatt Remscheider Generalanzeiger wagte der Lungenfacharzt „Doc Esser“ infolge der RKI-Files, deutliche Kritik an Corona-Maßnahmen zu üben: “Doc Esser und die RKI-Files: »Die Kita- und Schulschließungen waren für mich die absolute Versündigung«”. Zudem sei Drostens Kinder-Übertragungsstudie „nicht gut gemacht“ gewesen. Insgesamt seien von der Politik zu wenig Lungenfachärzte angehört worden, obwohl es sich bei COVID-19 um eine Atemwegserkrankung handelt. | Archive Link
Auf meinem Substack erschien meine erste eigene Analyse zu den RKI-Files: “Was erfahren wir zu den RKI-Files? - Teil 1”. Aufgrund der Fülle des Materials wählte ich die Form eines Thesenpapiers: Welche konkreten Erkenntnisse können wir aus den RKI-Protokollen ziehen, und welche konkreten Stellen belegen meine Thesen? In Teil 1 meiner Analyse widmete ich mich dem Zeitraum von Mai bis Dezember 2021, den ich komplett chronologisch durchgearbeitet habe, da dies der Start des Zeitraumes war, der bislang noch nicht bekannt war. Weitere Teile werden folgen.
Am gleichen Tag veröffentlichte der Journalist Flavio von Witzleben ein Interview mit mir auf seinem YouTube-Kanal zu den RKI-Protokollen, in dem er sehr gute Fragen stellte: „RKI-Files: Beginnt jetzt die Aufarbeitung? // Journalistin Aya Velázquez“
In Tichys Einblick erschien eine Gegenrede zu den Rechtfertigungsversuchen eines Jens Spahn und Nikolaus Blome, die bezüglich ihres Ausspruches der „Pandemie der Ungeimpften“ heute zum Besten geben, schließlich hätten in der Tat mehr Ungeimpfte als Geimpfte auf den Intensivstationen gelegen. Der Gastartikel mit dem Titel „RKI-Files: Reaktion auf Spahns Ausrede - Covid-Patienten auf den Intensivstationen rechtfertigen den „Pandemie der Ungeimpften“-Vorwurf keinesfalls“ debunkt die Behauptung mit folgender Argumentation:
„Jeder Patient auf einer Intensivstation mit positivem Corona-PCR-Test galt als „Corona-Fall“, auch wenn er keine Symptome hatte und etwa wegen einer vorangegangen Hüftoperation dort lag. Auch wurden Ungeimpfte im Krankenhaus häufiger einem PCR-Test unterzogen als Geimpfte, die man für „geschützt“ hielt. Viele der als »ungeimpft« geführten Patienten hatten bereits mindestens eine Impfung erhalten, denn als »geimpft« galt man erst 14 Tage nach der zweiten Impfdosis. Ab dem 1. Oktober 2022 galt sogar als »vollständig geimpft« nur, wer zusätzlich eine dritte, »Booster«-Dosis erhalten hat. Auch wurden Personen mit unbekanntem Impfstatus generell als »ungeimpft« geführt. Diese Regelungen haben die Impfstatistik stark verzerrt.“
Unterzeichnet wurde der Artikel von 24 Professoren, darunter Prof. Dr. Ulrike Guérot, Prof. Dr. Michael Esfeld und Prof. Dr. Christof Kuhbandner, um nur einige zu nennen.
03.08.2024
Im Focus erschien ein weiterer „Faktencheck“ inklusive Videobericht, der Drosten im Hinblick auf die Textstelle in den Protokollen, in der es heißt, er habe ein Papier nicht veröffentlicht, weil es dem Regierungshandeln widerspricht, entlasten sollte: „Geleakte RKI-Protokolle: Drosten soll Corona-Daten verheimlicht haben – das steckt dahinter“. Der Artikel verwies ebenfalls auf den ZEIT-Artikel, der wenige Tage nach der Sitzung, am 05.08.2020, erschien. Drosten sprach sich darin gegen zu undifferenziertes Testen aus und setzte eher auf ein „Identifizieren von Clustern“. Wie das Zitat, er habe ein Papier zurückhalten wollen, in das RKI-Protokoll kam, ist laut Focus Drosten ein Rätsel - möglicherweise sei er nur falsch zitiert oder verstanden worden.
Es stimmt, dass Drostens Artikel “Ein Plan für den Herbst”, basierend auf dem Entwurf in den RKI-Protokollen, wenige Tage später, am 05.08.2020, in der ZEIT erschien. Im Hinblick auf die fragwürdige Formulierung im RKI-Protokoll lohnt es sich jedoch, genauer hinzuschauen, an welchen Stellen Änderungen durchgeführt wurden.
An einer Stelle im Textentwurf spezifizierte Drosten, welche Kontakte einer infizierten Person sich nicht testen lassen mussten: Einzelkontakte. Er brachte dafür ein Beispiel: „Den Klavierlehrer im Einzelunterricht würde man dagegen nicht verfolgen, nicht unter Quarantäne setzen und auch nicht testen, wenn das im Moment zu viel Arbeitskraft bindet. Die Warn-App kann ihn informieren.“. Dieser Satz entfällt im ZEIT-Artikel.
Ein weiterer Satz am Schluss des Entwurfs: „Für den Fall einer plötzlichen Zunahme von Fällen bräuchte es aber vielleicht eine Zusatzempfehlung, die die Fallverfolgung ausschließlich auf Cluster fokussiert“ erscheint im ZEIT-Artikel abgeändert in: „die Ämter bräuchten einen zusätzlichen Krisenmodus. Dazu gehört eine vereinfachte Überwachung der Einzelkontakte, eine Festlegung von Clustersituationen, die sofort und pauschal quarantänepflichtig sind“. Damit ist die Überwachung von Einzelkontakten wieder drin, während Drosten im Entwurf ausschließlich auf die Überwachung von Clustern gedrängt hatte. Das Zitat im RKI-Protokoll muss daher nicht falsch sein: Drosten hatte zwischenzeitlich vielleicht wirklich vorgehabt, den Artikel nicht zu veröffentlichen, da er dem Regierungshandeln widerspricht. Aber mit zwei einfachen Änderungen im Text konnte er dafür sorgen, dass die von der Regierung gewünschte Überwachung von Einzelpersonen, auch im Krisenfall, weiterhin mit drin ist. In jedem Fall ist die Änderung erwähnenswert, da sie gewaltige Änderungen am Pandemiemanagement nach sich gezogen hätte. Nach Drostens erstem Vorschlag hätten sich Millionen Menschen weniger testen lassen müssen - nämlich alle Einzelkontakte, die Kontakt zu einer infizierten Person hatten, deutschlandweit.
Das RKI selbst war übrigens ebenfalls kritisch gegenüber Drostens Vorschlag. In der Zeit-Version des Artikels erschienen die vom RKI kritisierten Punkte dann in abgeänderter Form:
“Kurzquarantäne von 5 Tagen, gefolgt von keinem Test oder Freitestung -> warum so kurz, was ist bei Ansteckung von Haushaltsangehörigen? (.) „Klavierlehrer im Einzelunterricht“ nicht verfolgen und testen, kann durch Warn-App informiert werden (widerspricht japanischer Strategie: retrospektive Testung zusätzlich zu KoNa) (.) Falls Ressourcen so knapp sein sollten, dass keine Einzelfallverfolgung mehr möglich ist, könnten nur noch Cluster nachverfolgt werden. Also vor allem bestimmte Settings betrachtet werden. Aber woher weiß das GA ohne Kontaktpersonennachverfolgung, wo sich neue Cluster bilden?”
Unabhängig von der Debatte darum, ob Drosten hier wirklich zunächst ein Papier zurückhalten wollte, weil es dem Regierungshandeln widerspricht, sollte man sich an dieser Stelle vielleicht noch einmal verdeutlichen, was Drostens “Vorschlag für den Herbst” der “Isolierung von Clusterkontakten” eigentlich konkret im Hinblick auf die Grundrechte bedeutet hätte, wäre er umgesetzt worden: Präventives, fünftägiges Einsperren von ganzen Menschengruppen auf bloßen Verdacht hin, ohne Krankheitssymptome, ohne Testung - denn die Tests wollte Drosten ja einsparen und erst am Ende der Quarantänezeit einsetzen - er nannte das wortwörtlich “freitesten”. Er wollte in einer “Krisensituation” - also etwa auf dem Höhepunkt der Erkältungswelle - einfach mal alle Menschen fünf Tage lang auf Verdacht einsperren lassen, die in einer Gruppe unterwegs gewesen waren, wenn EINE Person aus dieser Gruppe sich erkältet hatte. Das ist Freiheitsberaubung auf Verdacht. Genau das besagte Drostens "Herbstentwurf".
04.08.2024
Die sorgfältig recherchierende X-Userin Stefanie debunkte Jens Spahns Rechtfertigungsversuche zu seinem Ausspruch der „Pandemie der Ungeimpften“ mit einem sehr lesenswerten Thread, voll mit Gegenargumenten und Quellen.
06.08.2024
Bezugnehmend auf RKI-Protokolle, in denen am 09.10.2020 ein Austausch mit schwedischen Gesundheitsbehörden in Aussicht gestellt worden war, stellte der Kollege Bastian Barucker eine Informationsfreiheitsanfrage an das RKI, die sich auf den Austausch der Behörde mit Schweden bezieht. Er bat darin um die Zusendung aller Dokumente, die mit diesem Austausch in Zusammenhang stehen. Bereits am 13.08.2024, nur wenige Tage später, erhielt Barucker überraschend den Schriftverkehr seitens des RKI. Offenbar war es zu einer Videokonferenz zwischen der schwedischen Gesundheitsbehörde und dem RKI gekommen – jedoch ohne, dass das RKI sich hieran ein Beispiel genommen hätte.
07.08.2024
Etwa drei Wochen nach dem Leak erschien, bezugnehmend auf die RKI-Files, ein sehr lesenswerter Gastartikel in der FAZ, verfasst von der Philosophin Svenja Flaßpöhler, sowie den drei Rechtsprofessorinnen Elisa Hoven, Frauke Rostalski und Juli Zeh, mit dem Titel: „Wir müssen die Corona-Jahre endlich aufarbeiten“. Die Autorinnen begründen fundiert, warum eine Corona-Aufarbeitung aus ihrer Sicht unumgänglich ist. Im Zentrum steht die Mündigkeit des Bürgers in einer Demokratie, die laut den Autorinnen während der Corona-Jahre systematisch verletzt worden wäre:
"In den geleakten Papieren tritt immer wieder ein Menschenbild zutage, das mit der demokratischen Idee vom mündigen Bürger wenig zu tun hat.“ (.) Das Ziel hinter dieser Kommunikationsstrategie ist aus Sicht der Politik nachvollziehbar: Möglichst viele Menschen sollten zur Befolgung der Maßnahmen und zu Impfungen bewogen werden. Aber wer dazu auf Einschüchterung, Manipulation oder falsches Framing zurückgreift, der behandelt den Bürger nicht als Souverän, in dessen Auftrag die Politik um die bestmögliche Lösung ringt. Er behandelt ihn als Teil einer zu dirigierenden und zu schützenden Masse, die es mit (fast) allen Mitteln auf Linie zu bringen gilt, um einen vermeintlich alternativlosen Weg durchzusetzen. (.) Liest man die veröffentlichten Papiere im Ganzen, kommt man nicht umhin, eine Art Bürgerverdrossenheit zu diagnostizieren, über die im Gegensatz zur allgegenwärtigen Politikverdrossenheit wenig gesprochen wird, obwohl sie ein komplementäres Phänomen darstellt. Vertrauen ist ein reziprokes Geschäft. Wer den Menschen wenig Vertrauen entgegenbringt, wird auch wenig Vertrauen von ihnen erwarten können. (.) Fehler wurden nicht nur bei der Auswahl bestimmter, im Nachhinein geradezu absurd anmutender Maßnahmen gemacht, sondern vor allem im Umgang mit den Bürgern. Es wurden Gewissheiten vorgetäuscht, Fehler nicht zugegeben und auch nicht korrigiert, es wurde gefordert, „der Wissenschaft“ zu folgen, obwohl in vielen grundlegenden Fragen Uneinigkeit bestand und obwohl die Politik selbst Einfluss auf die Wissenschaft genommen hat. (.) „Das kann und muss künftig besser laufen." | Archive Link
Das RKI veröffentlichte derweilen, ohne darum in den sozialen Medien irgendeinen Wirbel zu machen, eine interessante Benachrichtigung zum Leak auf seiner Webseite. Es bekräftigte seine Missbilligung des „rechtswidrigen“ Leaks, und informierte, dass Betroffene sich bei der behördlichen Datenschutzbeauftragten des Instituts melden könnten. Spätestens seit dieser Meldung hätte die zu diesem Zeitpunkt noch immer in den sozialen Medien schwelende Debatte um die Echtheit der Protokolle eigentlich ad acta gelegt werden können: Denn es hätte keinerlei Sinn ergeben, eine Meldestelle für betroffene Mitarbeiter am Institut einzurichten, wenn man von der Authentizität der veröffentlichten Dokumente seitens des RKI nicht vollkommen überzeugt wäre. Einfache Logik.
08.08.2024
Der Titel des hervorragenden Gastartikels von Rostalski und Team in der FAZ wurde einen Tag später nochmal unter einem neuen Link und Titel veröffentlicht, vorher: „Wir müssen die Corona-Jahre endlich aufarbeiten“, nun wesentlich zahmer: „Dem mündigen Bürger vertrauen“. Von einigen Kritikern wurde der FAZ-Gastartikel von Rostalski und Co. als „zu seicht“ kritisiert - ich hingegen hielt ihn für eine kleine Sensation, und einen Meilenstein, der bezeugt, dass der Diskurs der Maßnahmenkritiker final in der Mitte der Gesellschaft angekommen ist, und dort auch nicht mehr weggeht. Warum ich die Ansprache des Artikels für genau richtig hielt, ebenso wie das Herunterbrechen auf den Aspekt der Mündigkeit des Bürgers, begründete ich in einem Kommentar auf X.
Wolfgang Kubicki sorgte ab dem 08. August für die zweite große Medienwelle rund um die RKI-Files. Der FDP-Abgeordnete und Bundestags-Vize hatte nämlich etwas völlig Unerhörtes getan: Er hatte die RKI-Files gelesen - und das sogar noch gründlich. Zudem hatte er Querverbindungen angestellt zu seinen früheren Anfragen bei der Bundesregierung. Man kann Kubicki sicher einiges vorwerfen, aber nicht, wenn er solide Textarbeit macht. In diesem Sinne uneingeschränktes Lob und eine Leseempfehlung: „Zur Auswertung der RKI-Files“. Kubicki forderte nicht direkt Lauterbachs Rücktritt, aber legte ihm Konsequenzen nahe, was einer Rücktrittsforderung gleichkommt.
Für Medien ist es natürlich immer ein gefundenes Fressen, wenn ein Koalitionspartner dem anderen einen Rücktritt ans Herz legt - und so titelte die BILD genüsslich: „RKI-Protokolle enthüllen großen Pandemie-Skandal – Corona-Entwarnung war politisch nicht gewünscht“, Untertitel: „Ampel-Hammer: Kubicki fordert Lauterbach-Rücktritt!“. Aufhänger ist die Analyse zu den RKI-Files durch den FDP-Vize Wolfgang Kubicki. BILD zitierte Kubicki wie folgt: „Karl Lauterbach hat dem Ansehen der Bundesregierung durch sein unverantwortliches Verhältnis zur Wahrheit schweren Schaden zugefügt und Zweifel an der Lauterkeit staatlichen Handelns genährt. Er muss persönliche Konsequenzen ziehen.“ Auf Rückfrage der BILD wollte Karl Lauterbach sich dazu nicht äußern. | Archive Link
Selbst der in Corona-Themen stramm regierungstreue Tagesspiegel ließ sich angesichts der Kubicki-Forderung zu einer Schlagzeile herab: „RKI-Corona-Warnungen politisch geprägt?: FDP-Vize Kubicki legt Lauterbach Rücktritt nahe“. Es ist die erste Schlagzeile des Tagesspiegel zu den RKI-Files überhaupt – ganze drei Wochen nach deren Erscheinen. Dem Tagesspiegel hatte es wohl die Sprache verschlagen – vermutlich auch angesichts der Tatsache, dass ausgerechnet ich die Files veröffentlicht hatte – die Person, die der Tagesspiegel vor drei Jahren zum ersten Mal gedoxxt hat. Folgerichtigerweise werde ich im Artikel auch nicht namentlich genannt - man bleibt lieber bei der unverfänglichen Sprachregelung: „Eine Gruppe um eine Journalistin, die zu den Kritikern der Corona-Politik der Bundesregierung zählt”. Zudem verlinkte der Tagesspiegel-Artikel auf RKI-Protokolle aus März - was natürlich Unsinn ist, weil es insinuiert, Kubicki hätte im vom RKI veröffentlichten Teil der Protokolle seine Argumente gefunden. Stattdessen zog er sie allerdings aus den geleakten Protokollen - die der Tagesspiegel jedoch in gewohnter Verschleierungstaktik seinen Lesern vorenthält.
Im Ärzteblatt erschien ein recht neutral und sachlich gehaltener Übersichtsartikel zu den RKI-Files: “Coronapandemie: Innenansichten aus der Krise”. Die Autorin zitiert darin mehrere kritische Stimmen, wie etwa den Medizinstatistiker Gerd Antes, für den „durch die Protokolle die Komplexität des Geschehens erst jetzt ans Tageslicht“ käme, sowie Dr. Jonas Schmidt-Chanasit. Interessantes Schlusszitat: „Offen ist die Frage, ob das RKI gegen den mutmaßlichen Whistleblower vorgeht. Es teilte auf Anfrage mit, dass man dazu »aus ermittlungstaktischen Gründen« keine Angaben machen könne.“ (Datum aktualisiert)
Bei Telepolis erschien ein Artikel zu dem vielbeachteten Gastartikel von Zeh, Flaßpöhler, Rostalski und Hoven: “RKI-Leaks und Menschenbild der Corona-Jahre: Schriftstellerin Juli Zeh fordert Aufarbeitung”. Der Artikel ist neutral gehalten und gibt die wesentlichen Talking Points der Autorinnen korrekt wieder.
In der katholischen Tagespost erschien ein lesenswertes Interview mit Professor Stefan Homburg: “RKI-Files: „Öffentlichkeit und Gerichte wurden offensichtlich belogen“ – Ein Interview mit Stefan Homburg” .
Fast zwei Wochen nach dem Leak sah sich auch der ehemals linke, heute pseudolinke Der Freitag bemüßigt, nun doch etwas zu den lästigen, sich hartnäckig in den Medien haltenden RKI-Files zu titeln: „RKI-Protokolle: War das Robert-Koch-Institut in der Pandemie nur Büttel der Politik?”. Die Autorin Ulrike Baureithel reiht sich natürlich ein in die „Und wo ist jetzt der Skandal“-Frager und Beschwichtiger, im Fahrwasser von Christina Berndt bei der SZ. Der Artikel liegt hinter einer Paywall.
09.08.2024
In den Nachdenkseiten erschien ein ausführliches, rundum empfehlenswertes Interview mit meinem Kollegen Bastian Barucker zu den RKI-Files: „Bastian Barucker: »Das RKI ist in seiner derzeitigen weisungsgebundenen Form als Behörde nicht mehr tragbar«“. Er plädierte darin unter anderem für „eine wirklich unabhängige Gesundheitsbehörde, ähnlich dem schwedischen Modell“. Viele der wichtigsten und prägnantesten Zitate aus den RKI-Protokollen, insbesondere Stellen, die den Einfluss der Politik auf das RKI aufzeigen, sowie bezüglich den Maßnahmen für Kindern, werden im Interview genannt, und eine Metaperspektive zu den Fehlern in der Corona-Zeit aufgezeigt.
Derweilen ging der von den Leitmedien dankbar aufgegriffene Talking-Point „Lauterbach-Rücktritt“ weiter steil. Die NZZ sprang auf das Thema auf und titelte: «Er muss persönliche Konsequenzen ziehen»: Kubicki kritisiert Lauterbach wegen der RKI-Files scharf”. | Archive-Link
Die BILD hatte mit dem Bonner Virologen Hendrik Streeck zur Causa RKI-Files gesprochen und titelte: „Virologe Streeck zählt Lauterbach an - »Schlag ins Gesicht der Wissenschaft« - Corona-Protokolle belasten Gesundheitsminister“. Streeck wird darin wie folgt zitiert: „Räumt der Minister die Vorwürfe nicht restlos aus, wäre das verheerend für die Arbeit wissenschaftlicher Institutionen und politischer Entscheider. Der stellvertretende Vorsitzende der FDP wirft seinem Koalitionspartner vor, wissenschaftliche Erkenntnisse unterdrückt zu haben, um politische Ziele zu erreichen. In den Protokollen heißt es, dass die Veröffentlichung bestimmter Informationen „politisch nicht gewünscht“ sei. Das ist ein Schlag ins Gesicht der Wissenschaft!“ Archive-Link
Der Cicero titelte: „Ein Minister, der die Grenzen der Wahrheit überschreitet“. Darin fand Buchautor und Cicero-Kolumnist Ferdinand Knauss sogar noch deutlichere Worte als Kubicki selbst: Lauterbach habe „gelogen“, selbiger könne nicht mehr Minister bleiben. | Archive Link
Bezugnehmend auf die Kubicki-Forderung nach „persönlichen Konsequenzen“ an Lauterbach erschien im Overton Magazin ein Artikel mit dem Titel „Das Spiel ist aus, Lauterbach!“.
Telepolis titelte zum Kubicki-Vorstoß: „RKI-Leaks: Kubickis Forderung nach Lauterbach-Rücktritt – Begründungen und Hintergründe“. In “Social Media Räumen” würde “gestritten, ob die Forderung nach "persönlichen Konsequenzen" von Lauterbach wirklich ein "Ampel-Hammer" sei, oder doch nur "Kubicki-Gelaber“.
Die Berliner Zeitung übernahm die dpa-Meldung zu Kubickis Vorstoß gegen Karl Lauterbach: „RKI-Files: Kubicki attackiert Lauterbach – Corona-Aufarbeitung gefordert“.
Das Ärzteblatt titelte: RKI-Protokolle: Kubicki attackiert Lauterbach : „Kubicki konfrontiert den Gesundheitsminister in seinem Schreiben mit dessen Aussage von diesem März, wonach das RKI unabhängig von politischer Weisung gearbeitet habe. »Karl Lauterbach hat dem Ansehen der Bundesregierung durch sein unverantwortliches Verhältnis zur Wahrheit schweren Schaden zugefügt und Zweifel an der Lauterkeit staatlichen Handelns genährt. Er muss persönliche Konsequenzen ziehen.« Das Wort Rücktritt erwähnt Kubicki nicht.“
Inmitten des medialen Gemetzels war immerhin zumindest auf dpa und ZEIT Verlass: Zeit titelte mit dem Verweis auf die dpa, „Lauterbach: Corona-Maßnahmen mehr als begründet“ und gab ein Zitat seitens des Bundesgesundheitsministeriums veröffentlichtes Zitat von Lauterbach wider: „Es gibt in den RKI-Protokollen nichts zu verbergen. Daher habe ich die Veröffentlichung der Protokolle angewiesen. Das RKI hat während der Pandemie Empfehlungen abgegeben. Die politische Verantwortung liegt aber beim Ministerium. Trotz der insgesamt vorsichtigen Strategie sind allein im Jahr 2022 in Deutschland noch mehr als 50.000 Menschen an Corona gestorben. Die Maßnahmen waren damit mehr als begründet.»” Des Weiteren wurden einige weitere Politiker zitiert, etwa auch Jens Spahns Äußerung, Kritiker würden nun eine Art „Volksgerichtshof“ fordern– ein klarer Vergleich von Maßnahmenkritikern mit Nationalsozialisten, der jedoch bei einer Personalie Spahn zu keinem Skandal führt.
Bei WeltTV erschien ein kurzer Videobericht zu den Vorwürfen von Wolfgang Kubicki an Lauterbach: „FDP-Vize Kubicki attackiert Bundesgesundheitsminister Lauterbach“, sowie die Wiedergabe der dpa-Meldung: „Lauterbach: Corona-Maßnahmen mehr als begründet“.
Am Nachmittag musste dann selbst die Tagesschau infolge der von Kubicki verursachten „zweiten großen Welle“ um die RKI-Files das unangenehme Thema erneut aufgreifen, und lieferte ihren bis dato längsten Medienbericht zum Thema: „Corona-Aufarbeitung: Wie unabhängig ist das RKI?“ - ganze quälende fünf Minuten lang. Der interviewten Redakteurin Nadine Bader, die sich schwerpunktmäßig mit dem Thema befasst hat, ist die Beklemmung regelrecht ins Gesicht geschrieben. Im begleitenden Artikel heißt es:
„In den Protokollen finden sich viele Graubereiche: Mal forderte das RKI strengere Maßnahmen und war unzufrieden mit den Beschlüssen der Politik. Mal sah das RKI Anzeichen für Entspannung, aber die Politik wollte dem noch nicht folgen. Und das Gesundheitsministerium hat auch auf die Bewertung des RKI eingewirkt, etwa wenn es um die Einschätzung der Gefährdungslage ging. Deutlich zu erkennen: Ein Spannungsverhältnis zwischen einer wissenschaftlich arbeitenden Behörde und den politischen Entscheidungsträgern. Und ein Institut, das bisweilen um seine wissenschaftliche Unabhängigkeit rang. (.) Viele Fragen, die beantwortet werden sollten, auch um sich für die Zukunft besser aufzustellen.”
Unmittelbar danach schob die Tagesschau noch einen kurzen einordnenden Kommentar zum Thema hinterher, der weitere Zugeständnisse in der Überschrift andeutete: „Man hätte einiges besser wissen können“, und konstatierte, „dass Fehler gemacht wurden, bestreitet kaum einer. Doch noch immer sind viele Wunden in der Gesellschaft nicht geheilt - eine Aufarbeitung wäre dringend nötig. Doch die bleibt aus.“ Freilich wird die eigene Rolle, warum besagte Aufarbeitung ausbleibt, nicht thematisiert. Doch nun, da der Wind sich dreht, möchte sich offenbar auch die Tagesschau in das Lager der schon immer Warnenden und Mahnenden zu gesellen: „Auf Konsequenzen dafür, dass Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) die Impfung als quasi nebenwirkungsfrei bezeichnet hat, warten heute noch viele.“ und "Eine parlamentarische Aufarbeitung ist nun das Mindeste, was diese Ampel den vielen verunsicherten Menschen schuldig wäre - doch es sieht bislang nicht danach aus."
Der Journalist Paul Schreyer und Professor Stefan Homburg veröffentlichten einen gemeinsamen Artikel zu den RKI-Protokollen und dem RKI-Leak bei Multipolar, dessen Mitherausgeber Schreyer ist: „RKI-Protokolle und Leak: Offene Fragen“. Der Artikel widmete sich schwerpunktmäßig den nach dem Leak laut gewordenen Fragen nach der Authentizität des Materials. Der gemeinsame Artikel von Stefan Homburg und Paul Schreyer setzte ein wichtiges Zeichen, um die Debatte als geklärt ad acta zu legen: „Die Dokumente vollständig seriös auszuwerten wird Jahre dauern und die Mitarbeit vieler Helfer erfordern. Dieser Prozess hat begonnen und fördert ständig neue Erkenntnisse zutage.“
Auf der Webseite corona-protokolle.net von Bastian Barucker erschien der erste von Bürgern eingereichte Artikel zu den RKI-Files. Barucker hatte dazu aufgerufen, eigeninitiativ die RKI-Files zu bearbeiten und eigene Artikel dazu zu verfassen. Der Artikel mit dem Titel „Sobald jemand Klage einreicht, sehen wir alt aus“ wurde von der selbstständigen Wirtschaftspsychologin Christa Sprengard verfasst.
Die Rheinpfalz fragte: “Corona-Protokolle: Nahm die Regierung Einfluss auf das RKI? Der Artikel liegt hinter einer Paywall.
Deutliche Worte fand die Fuldaer Zeitung, wie im Presseportal berichtet: “Corona-Fehler rasch aufarbeiten. Kommentar der "Fuldaer Zeitung" (10. August 2024) zu den RKI-Protokollen und den Rücktritssforderungen gegen Gesundheitsminister Karl Lauterbach /SPD)”. Laut Kommentator Bernd Loskant wäre es mit Lauterbachs Entfernung aus dem Amt nicht getan: „Die Vorgänge um die RKI-Protokolle zeigen, wie nötig eine ernsthafte Aufarbeitung der Corona-Politik ist. Dass sich die Regierung (und nicht nur sie) damit so schwer tut, nährt die Spekulationen, dass es hier viel zu verbergen gibt. Doch die Bürger haben ein Recht auf Antworten. Auch, weil nur durch Offenheit und Transparenz die anhaltende Spaltung im Land überwunden werden kann.“
Norbert Häring merkte an, dass die Berichte der Öffentlich-Rechtlichen zum Vorstoß Kubickis gegen Karl Lauterbach erst sehr spät und zaghaft kamen: “FDP-Vize fordert Lauterbachs Rücktritt – ARD und ZDF schweigen es tot”. Wie Häring vermutet, um untereinander und mit der Regierung abzustimmen, wie man mit dem heiklen Thema umgehen will.
10.08.2024
Die Webseite zum Leak wurde seit dem Tag des Leaks mehrfach angegriffen – erst mit automatisierten Anfragen wechselnder IP-Adressen, um an unseren Admin-Zugang heranzukommen, dann mit einer DDOS-Attacke, und zuletzt mit dem Versuch, unsere Seite über ein amerikanisches Urhebergesetz namens DMCA - den „Digital Millenium Services Act“ - sperren zu lassen. Ein X-User hatte mehrfach versucht, uns mit dem Hinweis auf das Gesetz bei unserem Serverbetreiber anzuschwärzen – was temporär auch gelang, da Serverbetreiber erst einmal gezwungen sind, auf solche Claims zu reagieren, um sich keine hohen Geldstrafen einzuhandeln. Der User hatte den Angriff auf unsere Webseite mit dem DMCA-Claim sogar öffentlich auf X zugegeben. Warum eine Spur hinter dem Angriff zum Volksverpetzer führt, habe ich einem X-Post beschrieben.
Mein Kollege Bastian Barucker veröffentlichte eine vollständig englisch synchronisierte Version unserer Pressekonferenz, die unter anderem auch von dem renommierten Epidemiologen Ray Bhattacharya auf X geteilt wurde. Auf X | Auf YouTube | Auf Odysee
Das Nachrichtenportal Nius wies auf eine Textstelle 26.10.2020 hin, bei der eine externe Isolierung von positiv Getesteten wie in China angedacht war, und titelte: „Geheime Corona-Protokolle: Das RKI erwog „chinesisches Konzept der Außer-Haus-Isolierung!“
Die BILD widmete den Files und der Forderung nach Konsequenzen durch Kubicki den nächsten Artikel, und titelte: „Kubicki fordert Lauterbach-Rücktritt: Darum sind die Corona-Protokolle so brisant“. Sie spricht von einem „Polit-Krimi auf tausenden Seiten“ und verdeutlicht anhand von vier Beispielen die Widersprüche zwischen Expertenmeinungen im RKI und politischen Entscheidungen: Beim Thema Schulschließungen, Impfungen, Masken und der lange nicht erfolgten „Corona-Entwarnung“.
NTV berichtete über eine Stellungnahme des Kassenärzte Chefs Andreas Gassen zu den jüngst enthüllten RKI-Protokollen, die ihn in seiner Forderung nach einer Corona-Aufarbeitung bestärkten: „Pandemie-Aufarbeitung gefordert: KBV-Chef beklagt Stigmatisierung von Ungeimpften“. Laut Gassen solle die Corona-Zeit in einer Enquetekommission aufgearbeitet werden, nicht nur um „die aufgerissenen Wunden zu heilen“ sondern auch um „uns besser auf eine mögliche neue Pandemie vorzubereiten”.
Dr. Sabine Stebel veröffentlichte auf ihrem Blog vier hochauflösende Poster mit Original-Zitaten aus den RKI-Files, in denen chronologisch geordnet die politische Einflussnahme auf das RKI deutlich wird. Sie eignen sich hervorragend zum Teilen: “Chronologie des politischen Einflusses auf das RKI”.
11.08.2024
Der X-User renerocksai stellte ein Web-Tool vor, mit dem man die RKI-Files mithilfe von KI durchsuchen kann. In einem YouTube-Vortrag erklärt er, wie die semantische Suche in den Files mithilfe von KI funktioniert.
12.08.2024
Die BILD blieb hartnäckig an den RKI-Files dran - und Karl Lauterbach auf den Fersen: „Skandal um RKI-Protokolle: Lauterbach schweigt zu Corona-Frage“. Filipp Piatov sprach von „schweren Vorwürfen“, die im Raum stünden, und hatte infolge dieser offiziell beim BMG angefragt, ob Lauterbach das RKI tatsächlich angewiesen habe, die Risikobewertung nicht zu senken. Hierauf erhielt er vom Minister - wenig überraschend - „keine konkrete Antwort“. Im Text werden die wichtigsten Zitate aus den RKI-Files vom Frühjahr 2022 genannt, die nahelegen, dass die Herunterstufung der Risikobewertung seitens des BMG politisch nicht erwünscht war.
Multipolar warf im Zuge des Leak der RKI-Files dem RKI „arglistige Täuschung” vor: „RKI-Protokolle nachträglich geändert“. Laut Multipolar seien mehr als die Hälfte der Protokolle des an Multipolar herausgegebenen Zeitraums von Januar 2020 bis April 2021 nachträglich geändert worden. Deutlich werde dies durch einen Vergleich der Metadaten mit dem RKI-Leak.
13.08.2024
ZDF heute interviewte die Sozialforscherin Jutta Allmendinger anlässlich der RKI-Files. Es geht im Interview aber nur am Rande um die Files, eher um die Frage einer Corona-Aufarbeitung allgemein: „Forscherin zu Corona-Maßnahmen – Soziale Folgen »viel zu lange ausgeblendet«“. Allmendinger war schon auch Teil des Sachverständigenausschusses der Bundesregierung, der den sogenannten „Evaluationsbericht“ erstellt hatte. Die Berichterstattung war zu vorsichtig kritischen Ergebnissen gekommen, zentral war der Satz: „Insgesamt ist ein Zusammenhang zwischen der Höhe der Inzidenz und der Maßnahmenstärke nicht erkennbar.“ Allmendinger plädierte im ZDF-Interview für eine Corona-Aufarbeitung durch eine Art Expertenrat, begleitet von einem Bürgerrat. Ziemlich zahm also. Bei einer Aufarbeitung würde ihr zufolge auch herauskommen, dass „nicht alles schlecht“ gewesen sei.
Die Rechtsanwälte Niko Härting und Max Adamek hatten mich zu den RKI-Files für ihren Podcast Follow the Rechtsstaat interviewt – ein spannendes Gespräch, in dem sich auch für mich die ein oder andere Frage beantwortete: Etwa, dass sich geleakte Dokumente auch juristisch verwerten lassen.
Ruth Schneeberger von der Berliner Zeitung kommentierte in ihrem nächsten Artikel „RKI-Files zu Corona: Wer übernimmt jetzt die Verantwortung?“, dass die politische Einflussnahme, die in den RKI-Files aufscheine, erklärungsbedürftig sei. Einem Untersuchungsausschuss dürfe sich die Politik nicht länger durch Ausreden und Ausweichen verweigern. In ihren Augen stünde nicht weniger als die Glaubwürdigkeit demokratischer Prozesse in Deutschland auf dem Spiel. | Archive Link
Der Cicero interviewte Wolfgang Kubicki zu seiner Forderung nach Konsequenzen für Lauterbach: „Kubicki fordert Lauterbach-Rücktritt - RKI-Files: Das ist schon irre“. Kubicki gab im Interview die wesentlichen Punkte aus seiner eigenen inhaltlichen Ausarbeitung zu den RKI-Files wieder. Für ihn der zentrale Vorwurf, der sich aus den Files ergibt: Karl Lauterbach verhinderte im Frühjahr 2022 die Herunterstufung der Risikobewertung durch das RKI, um die von ihm geplante allgemeine Impfpflicht zu legitimieren. Gleichzeitig kritisierte er die Rolle der Medien während der Corona-Zeit, und erklärte, dass er momentan eher für eine Enquete-Kommission statt einen Untersuchungsausschuss plädiere. | Archive Link
14.08.2024
Ethikrat-Mitglied Frauke Rostalski, eine der vier Frauen, die schon an dem hervorragenden Gastartikel wenige Tage zuvor mitgewirkt hatte, legte nach, und veröffentlichte einen weiteren, hervorragenden Gastartikel in der FAZ: “Wir leben in den Gräben der Pandemie”. Brisant: Sie legte den Finger in die Wunde. Ihrer Meinung nach seien die Corona-Maßnahmen nicht nur mit dem Wissen von heute falsch gewesen, sondern mit dem Wissen von damals: „Problematisch an den RKI-Protokollen ist nämlich, dass wir schon damals anderes hätten wissen können, wenn die betreffenden Wissenschaftler und die Politik die Bürger entsprechend informiert hätten.“. Dies ist ein entscheidender Punkt, denn er beweist vorsätzlich schädigendes Handeln seitens der Politik, zugunsten von Partikulärinteressen, die von jenen politischen Entscheidungen profitiert haben.
Der AfD-Bundestagsabgeordnete Martin Sichert hatte sich beim Bundesgesundheitsministerium nach der Authentizität der Protokolle erkundigt – und erhielt am 14. August eine Antwort, die die Echtheit der Protokolle seitens der Bundesregierung bestätigte. Wie ich dazu kommentierte, war die Authentizität der Protokolle eigentlich schon ab dem 07.08. geklärt, als das RKI auf seiner Webseite einen Aufruf veröffentlicht hatte, dass sich vom Leak betroffene Personen bei der internen Datenschutzbeauftragten melden können. Auf jenen Aufruf wird auch im Schreiben an Martin Sichert mit einem Link verwiesen. Seit der Bestätigung an Martin Sichert war jedoch das Thema der Authentizität der Protokolle offiziell geklärt.
Am Abend erschien ein Interview mit Karl Lauterbach in der Berliner Morgenpost zu den RKI-Protokollen, als Antwort auf die Vorwürfe von FDP- und Bundestagsvize Wolfgang Kubicki: „Lauterbach: Das war der zentrale Fehler der Pandemie“. Der Titel wurde später abgeändert in: “Corona-Welle im Winter: Lauterbach mit eindringlicher Warnung”. Lauterbach bediente sich der beliebten Taktik des Limited Hangout – kleine Fehler einräumen, um große Fehler verschweigen zu können. Lauterbach räumte ein, dass die Schulschließungen zu früh gekommen wären und zu spät geendet hätten – dass Schulschließungen komplett falsch waren, musste er somit nicht zugeben. Die größten drei Fehler aus seiner Sicht: „Wir haben die Kinder nicht ausreichend vor den Folgen von Schulschließungen und Lockdowns geschützt. Das war der zentrale Fehler der Pandemie. Zum zweiten haben wir als Regierung nicht optimal mit der Bevölkerung kommuniziert. Und drittens war die Art, wie Wissenschaft und Politik zusammenarbeiten, zu Beginn oft undurchsichtig.“. Kritisch befragt zu seiner Rolle bei der verzögerten Herabstufung der Risikobewertung erwidert Lauterbach: „Wir sollten keinen künstlichen Widerspruch zwischen Wissenschaft und Politik konstruieren. Die Wissenschaft liefert Fakten, die Bewertung findet dann im Austausch zwischen den Fachebenen von RKI und des Ministeriums statt. Die politische Verantwortung trägt am Ende immer das Bundesgesundheitsministerium.“. Die Nahelegung des Rücktritts durch Wolfgang Kubicki wollte er nicht kommentieren. Gleichzeitig warnte er vor einem „politischen Tribunal“. Die Aufarbeitung eigne sich nicht für den “Wahlkampf von Verschwörungstheoretikern”. Außerdem empfahl er Älteren und Risikogruppen für den Herbst die nächste Auffrischungsimpfung. | Archive Link 1 | Archive Link 2
15.08.2024
Die umtriebige X-Rechercheurin Stefanie ließ Lauterbach seine Äußerungen bei der Morgenpost, er hätte das Risiko zu Beginn des Jahres 2022 nicht herunterstufen können, nicht durchgehen, und widerlegte ihn mit einem Wochenbericht des RKI vom 08.12.22, in dem es heißt: „Es zeigte sich im stationären Bereich während der fünften COVID-19-Welle ab Januar 2022 (Omikron-Variante) erstmals keine erhöhte Krankheitslast durch schwere Atemwegsinfektionen. Dagegen hatten die vorherigen Wellen jeweils zu einer deutlichen Erhöhung der Fallzahlen im stationären Bereich geführt, trotz der strikten Maßnahmen gegen Covid-19.“ Lauterbachs Aussagen zur weiterhin erhöhten Krankheitslast am Anfang des Jahres 2022 waren also laut RKI-Daten falsch.
Der Verfassungsrechtler Volker Boehme-Neßler gab den Nachdenkseiten ein sehr lesenswertes Interview zu seiner Einschätzung der RKI-Protokolle: „Verfassungsrechtler Boehme-Neßler zu Corona und Justiz: Wir haben es ja damals nicht besser gewusst, ist eine faule Ausrede“. Ein interessantes Zitat aus dem Interview: „Für Verwaltungsgerichte gilt der sogenannte Amtsermittlungsgrundsatz. Sie müssen selbstständig den Sachverhalt ermitteln, also die relevanten Informationen und Fakten recherchieren. Dazu hätte gehört, nicht nur auf das RKI zu hören, sondern auch Kritiker ernst zu nehmen und sich mit ihren Argumenten auseinanderzusetzen. Was haben die Gerichte stattdessen gemacht? Sie haben das gemacht, was viele in Politik und Gesellschaft gemacht haben. Sie haben die Kritiker stigmatisiert, in eine Ecke gestellt, nicht ernstgenommen und ihre Argumente ignoriert. Das war ein schwerer Fehler, wie spätestens jetzt die RKI-Protokolle zeigen. Aber auch damals war klar, wie unverantwortlich dieses Verhalten war. (.) Die Urteile, die sich ausschließlich auf Informationen des RKI stützen, sind – man muss es so hart sagen – Fehlurteile.” Boehme-Neßler forderte unter anderem in dem Interview auch eine Amnestie für noch laufende Bußgeldverfahren zu Corona-Verstößen: „In manchen Staaten gibt es eine generelle Amnestie für alle Verstöße gegen Corona-Maßnahmen. Das wäre sicher auch in Deutschland bitter nötig, um das Klima für eine Aufarbeitung zu verbessern.“ Boehme-Neßler erklärte auch den Unterschied zwischen parlamentarischen Untersuchungsausschüssen und Enquetekommissionen, und warum in seinen Augen beide Gremien parallel eingesetzt werden sollten.
Im Ärzteblatt erschien ein Artikel zu Lauterbachs Verteidigung gegen die Vorwürfe von FDP-Vize Wolfgang Kubicki, in dem dessen Äußerungen zur Causa zusammengefasst wiedergegeben wurden: “»Verzerrung der Vergangenheit«: Lauterbach wehrt sich gegen Vorwürfe”. Den Ausführungen des RKI zum RKI-Leak wird viel Raum gegeben. Wie das Ärzteblatt anmerkt, habe das RKI im Juli noch behauptet, man habe den Datensatz weder geprüft noch verifiziert, während es nun auf seiner Webseite eine Meldestelle für Betroffene des Leaks eingerichtet habe, mit dem Hinweis, dass die Veröffentlichung „alle Protokolle und Agenden des COVID-19-Krisenstabs des RKI nebst begleitender Dokumente zu den jeweiligen Sitzungen des RKI-Krisenstabs wie u.a. E-Mail-Verläufe“ umfasse, die „eine Vielzahl personenbezogener Daten enthalten“. Auch wird wiedergegeben, dass ich (A.V.) mit einem Zivilverfahren rechne, und mich offen gezeigt habe, private Daten im RKI-Leak zu schwärzen. Das Ärzteblatt gibt meine Aussage wider, dass sich diesbezüglich erst eine Person bei mir gemeldet habe, und wir umgehend reagiert hätten. Prädikat: Sachliche Diskurswiedergabe ohne Framing - Lob ans Ärzteblatt.
16.08.2024
Burkhardt Ewert plädierte in einer Kolumne in der Neuen Osnabrücker Zeitung bezugnehmend auf die RKI-Files für einen Lauterbach-Rücktritt: „Die RKI-Protokolle können nur eine Folge haben: Auf Wiedersehen, Herr Lauterbach!“ Der Artikel ist hinter einer Paywall.
Ruth Schneeberger von der Berliner Zeitung lieferte weiter: In ihrem Artikel mit dem Titel „RKI-Files und die Arroganz der Macht: Wie sich Verantwortliche herausreden“ widmete sie sich schwerpunktmäßig den Politiker-Reaktionen, sobald sie mit den RKI-Files konfrontiert werden. Sie dokumentierte inflationäres Phrasengedresche sowie arrogantes Abwiegeln und kommentierte entsetzt: „Das ist keine Aufarbeitung, das ist ein Desaster.“. Eine der von Schneeberger kommentierten Äußerungen waren die von Jens Spahn in einem Biergarten, der mit seiner heutigen Haltung zu den RKI-Files konfrontiert wurde. | Archive Link
In der Welt widmeten sich Elke Bodderas, Tim Röhn und Uwe Müller aufkommenden Manipulationsvorwürfen durch das Magazin Multipolar an das RKI: “Manipulation? Ich wäre sehr überrascht, wenn es so wäre”, sagt Lothar Wieler”. Insbesondere geht es dabei um die Sitzung vom 25.03.2020, indem in der durch das RKI offiziell herausgegebenen Version ein möglicherweise entscheidender Satz entfallen ist: „...aber gewagt, Causalität herzustellen – wir sind ja generell am Ende der Grippesaison – vorsichtig formulieren“. Die Welt schreibt: „Laut Schreyer hatte sich zum Zeitpunkt des mutmaßlichen Eingriffs der RKI-Juristin ins Protokoll bereits abgezeichnet, dass ihre Behörde in dem IFG-Prozess um die Offenlegung der Protokolle unterliegen würde. Der Journalist vermutet daher, dass zwischen der drohenden Schlappe vor Gericht und der Abänderung der Protokolle ein direkter Zusammenhang bestehen könnte.“. Welt hatte daraufhin beim ehemaligen RKI-Chef Lothar Wieler nachgefragt und folgende Antwort erhalten: „Dass das RKI nachträglich ändert – das kann ich nicht glauben. So sind die Mitarbeiter nicht.“. Hundertprozentig ausschließlich könne er es nicht: „Ich wäre aber sehr überrascht, wenn es so wäre.“. | Archive Link
Anna Kröning veröffentlichte, ebenfalls in der Welt, einen kritischen Artikel zu den überzogenen Maßnahmen für Kinder während der Corona-Zeit, und was die RKI-Protokolle diesbezüglich aufzeigen: „RKI-Protokolle entschlüsselt: Drei Tage vor dem ersten Lockdown änderte das RKI plötzlich seinen Standpunkt“. Gemeint ist die Sitzung vom 13.03.2020, drei Tage vor dem ersten Lockdown, wo das RKI plötzlich bezüglich Schulschließungen eine 180°-Wendung einlegte, nachdem es sich davor dagegen ausgesprochen, und nur für Schulschließungen in „besonders betroffenen Gebieten“ plädiert hatte. Nachdem jedoch Christian Drosten die Rolle von Schulschließungen bei Influenza als sinnvoll erachtet hatte, schwenkte das RKI um - ungeachtet der Tatsache, dass es um Influenza ging, und Daten zu Corona fehlten. Schwerpunktmäßig geht es in dem Artikel auch um die Kehrtwenden von RKI und STIKO bezüglich der Kinderimpfung. | Archive Link (Datum aktualisiert)
Nach den zwei hervorragenden Gastartikeln in der FAZ – einmal von Flaßpöhler, Rostalski, Hoven und Zeh, sowie einmal von Rostalski allein – die das Thema RKI-Protokolle und Corona-Aufarbeitung gefährlich weit in den Diskurs der Mitte gerückt hatten, wurden nun härtere Geschütze der Gegenaufklärung aufgefahren: Thomas Fischer verfasste im Spiegel eine längere Kolumne über „Die unangenehme Neigung zum »Aufarbeiten«“ (gleichnamiger Titel), die er den Deutschen kollektiv attestierte. Seiner Ansicht nach seien die Deutschen weinerlicher, verbitterter und nachtragender als in anderen Ländern, Fehler seien nunmal passiert und überhaupt stelle sich doch die Frage, wieviele derer, die nun mit den angeblich so sensationellen Protokollen hausieren gingen, diese überhaupt gelesen und verstanden hätten. Klar, ein bisschen Dummer-Pöbel-Bashing im Spiegel geht immer. Rein logistisch kann niemand nach nicht einmal vier Wochen zehntausende Seiten gelesen haben, selbst wenn er sich hauptberuflich dahinter klemmt – selbst ich, die ich täglich Seite für Seite lese, habe sogar mit etwas Vorlauf erst etwa ein Drittel der Protokolle geschafft. Aber klar, aus Sicht eines Spiegel-Kolumnisten müssen anderweitig berufstätige Menschen dies geleistet haben, wenn sie sich erdreisten, bei den RKI-Protokollen öffentlich mitreden zu wollen. Blasiertes Nach-Unten-Treten und Nach-oben-Anbiedern in Reinform – der Spiegel bleibt sich eben treu. Einen polemischen Kommentar zu diesen Artikel, sowie einem weiteren, am 17.08. in der FAZ erscheinenden ähnlicher Bauart, habe ich am 17.08 auf X veröffentlicht. | Archive Link
Der Finanzberater und Polit-Blogger Marc Friedrich stellte ein neues Tool vor, mit dem sich die RKI-Protokolle mithilfe eines Chatbots durchsuchen lassen.
17.08.2024
Der zweite „Gegenaufklärungsartikel“ als Gegenstimme zu Frauke Rostalski erschien in der FAZ und trug den Titel „RKI-Protokolle: In diesen Akten steckt kein Skandal“. Was bei Christina Berndt von der SZ in der Überschrift noch als Suggestivfrage formuliert war, wurde nun zur Gewissheit: Natürlich gibt es keinen Skandal in den Protokollen. Der Bonner Professor für öffentliches Recht, Klaus Ferdinand Gärditz, argumentierte: „Die „Pandemie der Ungeimpften“ war ein politischer Slogan eines Ministers, keine fachlich-infektiologische Beurteilung. Man mag aus gutem Grund solche Sprücheklopferei für gesellschaftlich schädlich erachten. Sie gehört aber zum politischen Alltag, in dem bloße Aufmerksamkeit schon als harte Währung zählt. Ein juristisches Problem wird hieraus noch nicht. Als Argument zur verfassungsrechtlichen Rechtfertigung von Pandemiemaßnahmen hat die Formel nie gedient.“ Dies ist ein Fehlschluss: Gärditz verkennt hier, dass eine juristisch legitimierte Realität wie 2G, welche die Grundrechte von Millionen Menschen einschränkte, politisch mithilfe von ebenjenen „politischen Slogans“ legitimiert wurde, die er als dem „politischen Alltag“ zugehörig verharmlost. Es ging nicht nur um eine effektheischende Generierung von Aufmerksamkeit, sondern die Legitimation einer systematischen Beschneidung von Grundrechten für Millionen Menschen in Deutschland. Als Professor für Öffentliches Recht das nicht zu erkennen, ist schon bemerkenswert. Der Begriff „Grundrechte“ fällt in Gärditz’ Artikel übrigens nur ein einziges Mal – in dem ebenso zynischen wie geistlosen Satz: „Grundrechte sind auch das Recht, gewollte Unmündigkeit auszuleben.“ | Archive Link
Auf den FAZ-Artikel folgten einige interessante Vorgänge auf X. Der FAZ-Artikel wurde umgehend von der ehemaligen Ethikrat-Vorsitzenden Alena Buyx auf X geteilt, die sich dadurch offenbar den dringend benötigten Rückenwind für ihre selbst im Mainstream inzwischen derangierte Position erhoffte. Für ihren Post erhielt die ehemalige Ethikrat-Vorsitzende viel Gegenwind. Die Nervosität steigt offenbar: Eine höflich-sachliche Nachfrage ihres Ethikrat-Kollegen Dr. Christoph Lütge, der von Buyx wissen wollte, ob sie denn wirklich glaube, dass es nichts aufzuarbeiten gebe, und sich ihr gemeinsames Fach nicht immer für Transparenz und Offenheit einsetzen sollte, wurde von Buyx kurzerhand geblockt. Verwundert, da er in den letzten Jahren trotz offen kritischer Haltung noch nicht von Buyx geblockt wurde, machte Lütge den Block öffentlich. Der neue Chefredakteur des Nordkurier, Philippe Debionne kommentierte hierauf, ihn verwundere der Block überhaupt nicht: Kritische Stimmen wie Lütge seien die letzten Jahre kaltgestellt worden - Buyx hätte ganz genau gewusst, dass er ihr nicht gefährlich werden konnte. Nun aber, da Kritiker-Standpunkte in der gesellschaftlichen Mitte Gehör fänden, schütze sich Buyx vor unangenehmen Fragen, auf die sie nichts zu erwidern wisse.
In der Berliner Zeitung erschien ein lesenswerter Artikel des Kollegen Bastian Barucker, in dem er sich diesmal dem Testregime und der künstlichen Herbeitestung von „Inzidenzen“ widmete: „RKI-Files zu Corona–Gefährlichkeit: Wie Jens Spahn die Pandemie herbeigetestet hat“. Barucker arbeitete sich chronologisch durch die wichtigsten Stellen in den RKI-Protokollen, in der eine Einflussnahme des Bundesgesundheitsministeriums auf die Teststrategie, entgegen der Empfehlungen des RKI, deutlich wird. Baruckers These: Dass das anlasslose Massentesten gesunder Menschen entgegen den Empfehlungen des RKI diente möglicherweise zum Erzeugen und Hochhalten der pandemischen Notlage durch sogenannte Inzidenzwerte, die jedoch in keinster Weise in Bezug zur Anzahl durchgeführter Tests gesetzt wurden. Durch die Inzidenzen wurde die Corona-Maßnahmen begründet, welche ihrerseits wiederum für den nötigen Druck sorgten, damit Menschen sich impfen ließen. Barucker fragt, ob das anlasslose Massentesten möglicherweise einen Absatzmarkt für die mRNA-Produkte schaffen sollte.
Auch das öffentlich-rechtliche Wissenschaftsmagazin Quarks kam vier Wochen nach dem Leak nicht mehr umhin, die RKI-Protokolle in einem Podcast zu beleuchten: „Die RKI-Protokolle – Ein riesiger Corona-Skandal?“. Bei einigen Punkten mussten die ÖRR-Kreuzritter Zugeständnisse machen: Die „Pandemie der Ungeimpften“ sei in ihren Augen von Jens Spahn „zu lange“ als Slogan verwendet worden. Bei der Verhängung der FFP2-Maskenpflicht hätte die fehlende Evidenz ehrlich kommuniziert werden müssen. Hier irren die beiden Besserwisser vom Dienst: Denn wäre eine „fehlende Evidenz“ von Anfang an ehrlich kommuniziert worden, wäre es niemals zur FFP2-Maskenpflicht gekommen: Sowohl die juristische, als auch die gesellschaftspolitische Grundlage und Akzeptanz hätte gefehlt. Die Verhängung der FFP2-Maskenpflicht als solches wird von den beiden selbsternannten „Science-Cops“ natürlich nicht infrage gestellt, ebensowenig wie die Abstimmung über eine allgemeine Impfpflicht im Frühjahr 2022. | (Datum aktualisiert)
20.08.2024
Die Südwestpresse stellte den Aspekt der „Unfreiwilligkeit“ der Herausgabe der Protokolle in den Vordergrund und titelte: „Robert-Koch-Institut - So wurde das RKI zur Herausgabe der Corona-Protokolle gezwungen“. Armes RKI! Ein Doxxing meiner Person musste auch hier natürlich mal wieder sein. Zudem verbreitete der Autor die zu diesem Zeitpunkt bereits längst veraltete Info, das RKI habe die geleakten Protokolle „weder geprüft noch verifiziert“. Zum Zeitpunkt des Erscheinens des Artikels war die offizielle Bestätigung der Authentizität der Protokolle durch die Bundesregierung an den Abgordneten Martin Sichert, sowie die Bestätigung der Authentizität des RKI auf seiner Webseite bereits seit zwei Wochen auf dem Tisch. Der Artikel ist jedoch durchaus kritisch, und macht deutlich, dass nun auf dem Tisch liege, dass einige Maßnahmen ungerechtfertigt waren. | Gleicher Artikel in leicht veränderter Reihenfolge, der so auch im Print erschienen ist, beide hinter der Paywall.
Nach einer Antwort des BMG auf eine kritische Anfrage des CSU-Abgeordneten Stephan Pilsinger titelte BILD: “Lauterbach gibt zu: Corona-Experten waren politisch beeinflusst“ und nahm hierbei Bezug auf eine Antwort des BMG auf die parlamentarische Frage des CSU-Abgeordneten Stephan Pilsinger. Darin heißt es wörtlich: „Aufgrund der sehr dynamischen Entwicklung und der Gefahr der Überlastung des Gesundheitssystems entschied das BMG deshalb gemeinsam mit dem RKI, die Risikobewertung für die Gesundheit der Bevölkerung Ende Februar 2022 beizubehalten.“
Nius titelte bezugnehmend auf die Meldung von BILD rundheraus: „Lauterbach hat gelogen! Gesundheitsministerium gibt zu, dass es politisch Einfluss auf das RKI genommen hat“. Der Vorwurf der Lüge bezieht sich auf Äußerungen Lauterbachs am 25. März 2024, als dieser gegenüber „Bericht aus Berlin“ gesagt hatte, das RKI hätte unabhängig von politischer Weisung gearbeitet. Ebenso hatte Lauterbach diesen Standpunkt in zwei X-Posts am selben Tag nochmal bekräftigt. 1 | 2
21.08.2024
Im ZDF heute-journal erschien ein guter, dreiminütiger Bericht zu den Impfschäden durch AstraZeneca, und bezog sich dabei auch auf Aussagen aus den RKI-Protokollen. Allerdings wurde aus den geschwärzten Protokollen vom März zitiert, als hätte es in der Zwischenzeit den Leak und die entschwärzte Version der Protokolle gar nicht gegeben. Verbannt wurde die Ausstrahlung des Beitrags zudem auf die Spätausgabe des Heute-Journals nach Mitternacht.
Der staatliche Schweizer Fernsehsender SRF wurde von der Ombudsstelle des SRG SSR, des Dachunternehmen des SRF, gerügt, im März 2024 nicht über die RKI-Protokolle berichtet zu haben: “SRF hätte über RKI-Protokolle berichten müssen”. Die Argumentation des Senders, die Protokolle enthielten kaum „brisante“ Inhalte, und es handle sich beim RKI um ein deutsches Institut mit wenig Bezügen zur Schweiz, verfange nicht. Es habe sich bei der Veröffentlichung der RKI-Protokolle um ein Thema gehandelt, das breites Medienecho ausgelöst habe. Wie das SRF die Inhalte der Protokolle bewerte, zähle dabei erstmal nicht. Außerdem hätten sich Schweizer Behörden auch immer wieder auf Erkenntnisse des RKI berufen, daher sei ein Einfluss des Instituts auf Schweizer Entscheidungen nicht von der Hand zu weisen. Dass über die RKI-Protokolle nicht berichtet wurde, rügte die Ombudsstelle als Unausgewogenheit in der Berichterstattung des öffentlichen Schweizer Fernsehens.
In der Zeit erschien ein Interview mit Professorin und Ethikrat-Mitglied Frauke Rostalski: “Eine Impfung ist nicht nur ein Pieks”. Das Interview ist eine Art Zeitdokument: Zeigt es doch anhand der Fragen der Interviewer wie in einem Brennglas auf, wie Deutschlands medialer Mainstream weiterhin an liebgewonnenen, aber falschen Pandemienarrativen festhängt und sich als Hobby-Regierungssprecher betätigt. Im Jahr 2024 werden in der ZEIT noch immer die Bilder von Bergamo heraufbeschworen – ein selbst im ÖRR lange widerlegter medialer Mythos. Rostalski war während der Pandemie bereits kritisch– manchmal jedoch aus den falschen Gründen. Warum sie gegen eine Impfpflicht war, begründete sie etwa damit, dass aus so einem Gesetz schnell ein „Papiertiger“ werden könnte, wenn es nicht auch ein Impfregister gebe. Ohne Impfregister keine Impfpflicht. So richtig rebellisch klingt das nicht, eher komplett anschlussfähig zum politischen Mainstream. Ein Impfregister fordert ja selbst die CDU - und wird dies nach ihrem Wahlsieg bei der nächsten Bundestagswahl voraussichtlich auch als eines der ersten Projekte umsetzen. Im Interview mit der ZEIT wirkt Rostalski jedoch schon fast wie eine Rebellin – so regierungstreu und unaufgeklärt wirkt das Gegenüber. | Archive Link
In den Print-Ausgaben von BILD und SWP erschienen die Online-Artikel vom Vortag.
22.08.2024
In der deutschen Ausgabe der NZZ erschien ein sehr guter, lesenswerter Kommentar von Alexander Kissler: „Führende deutsche Politiker haben die Wissenschaft während der Pandemie vereinnahmt. Das muss Konsequenzen haben“. Kissler spricht von einer Machttrunkenheit und Herrschsucht deutscher Politiker während der Corona-Zeit: „In der Corona-Pandemie berauschte sich ein sonst als schwach empfundener Staat an sich selbst. Freiheit wurde vom Abwehrrecht des Bürgers zur Gnadengabe für gehorsame Untertanen. Das epidemische Misstrauen, das dem Staat heute auf vielen Feldern entgegenschlägt, wurde in der Pandemie geboren. Solange dieses weder parlamentarisch noch juristisch aufgearbeitet wird und es keine personellen Konsequenzen gibt, leidet eine ganze Gesellschaft weiter unter der Herrschsucht von Lauterbach & Co.“. | Archive Link
Fast auf den Tag genau einen Monat nach dem Leak erschien in der Berliner Zeitung ein Interview mit mir, geführt von Ruth Schneeberger, zu meiner Motivation hinter dem RKI-Leak, den für mich zentralen Stellen, und meinem Blick auf das Mediengeschehen seit dem Leak: „Aya Velázquez – Auch der Verfassungsschutz konnte die RKI-Files nicht verhindern“. | Archive Link
Der Merkur berichtete über die Kritik an Karl Lauterbach infolge der RKI-Files - inzwischen auch aus der CSU: „Aufarbeitung der Corona-Politik: Kubicki attackiert Lauterbach – auch die CSU macht Druck“. Mit „die CSU“ ist der CSU-Abgeordnete Stephan Pilsinger gemeint, der in einer offiziellen Anfrage an Lauterbachs BMG zur ausbleibenden Herabstufung der Risikobewertung im Frühjahr 2022 zur Antwort erhalten hat, diese Entscheidung sei seitens des BMG „gemeinsam“ mit dem RKI getroffen worden – was sich jedoch mit den Inhalten der RKI-Files widerspricht, in denen stets davon gesprochen wird, dass entgegen der Einschätzung des RKI die Risikobewertung auf politischen Wunsch des BMG hochgehalten wird. Laut Merkur überzeugte die Antwort des BMG weder Pilsinger noch Kubicki.
Nius fragte bei dem Verfassungsrechtler Volker Boehme-Neßler nach, was die Erkenntnisse aus den RKI-Files für die Rechtssprechung während der Corona-Zeit bedeuten würden: „Verfassungsrechtler kritisiert nach dem RKI-Skandal: Corona-Beschlüsse des Bundesverfassungsgerichts »Alles Fehlurteile«“: “Können Fehlurteile, die sich auf die falsche Annahme stützten, das RKI habe politisch unabhängig gearbeitet, rückwirkend aufgehoben werden? Laut Boehme-Neßler sei dies nicht möglich. Er erklärt dazu: „Unser Rechtssystem nimmt hier lieber Fehlurteile, die Bestand haben, in Kauf als dauerhafte Unsicherheit. Rechtssicherheit geht vor Gerechtigkeit“. In seinen Augen müsse der Fokus eher auf der Zukunft liegen, solche Rechtsbrüche durch eine Schaffung von Bewusstsein zu verhindern.
23.08.2024
Kristina Schröder veröffentlichte einen lesenswerten Gastartikel in der Welt, der leider hinter einer Bezahlschranke liegt: „Wir sind den Kindern und Jugendlichen wenigstens Ehrlichkeit schuldig“. Sie bezog sich darin maßgeblich auf die RKI-Protokolle, unter Heranziehung diverser, konkreter Textstellen. Schröder kritisierte, unter Rückbezug auf Immanuel Kant, dass Kinder in der Pandemie zu einem „Mittel zum Zweck für andere Menschen wurden“ – ergo, sie wurden benutzt. Dies dürfe man grundsätzlich nicht – unabhängig davon, ob ein Nutzen für andere erzielt wurde, oder nicht. Schröder verleiht ihrer Hoffnung Ausdruck, dass man sich zumindest darauf vielleicht wieder einigen könnte - als Konsequenz der Betrachtung des eigenen Verhalten während Corona.
24.08.2024
In der Berliner Zeitung widersprach der Gastautor Bernhard Müller dem Rechtsprofessor Klaus Ferdinand Gärditz in der FAZ, der den Corona-Maßnahmen einen Persilschein ausgestellt hatte: “RKI-Files: Skandalisierung? Dieser Beschwichtigungsversuch überzeugt nicht”. Gärditz hatte im Wesentlichen damit argumentiert, die Tatsache, dass das RKI weisungsgebunden sei, hätte niemand jemals infrage gestellt – dies sei aber auch kein Skandal. Wissenschaftliche Erkenntnisse in brauchbares Entscheidungswissen zu übersetzen, sei per se in ein Spannungsfeld eingebettet, das dürfe man Behörden also nicht zum Vorwurf machen. Müller widerspach: „Auch ein rechtlich einwandfreies Systemversagen bliebe ein Versagen.“ Der Beschwichtigungsversuch von Gärditz überzeuge nicht. Müller, selbst Professor für Astrophysik, merkt an, dass viele der in Gärditz’ Text auftauchenden Prämissen aus Sicht der empirischen Wissenschaften doch sehr erstaunen würden: Eine „epistemische Unsicherheit“ etwa, wie Gärditz sie während der Pandemie beklagt, hätte es nicht gegeben – nur hätten Politik und Medien darin versagt, sich diesen Erkenntnissen zuzuwenden, sobald diese dem eigenen politischen Willen entgegengestanden hätten. Prädikat: Lesenswerter Artikel, und eine solide Gegenrede auf Gärditz’ professoralen Maßnahmen-Whitewashing-Versuch. Während Gärditz kein Problem mit der rechtlichen Konstruktion als dem BMG nachgeordnete Behörde sieht, stellt Müller letztere infrage, da dies strukturell zu einem schlechteren Krisenmanagement führe.
26.08.2024
Der Deutschlandfunk interviewte Ethikrat-Mitglied und Strafrechtsprofessorin Frauke Rostalski: “Die RKI-Files und die Corona-Politik. Interview mit Frauke Rostalski, Ethikrat”. Sie bekräftigt dort ihre bereits in ihrem FAZ-Gastartikel geäußerte Aussage, die Files bewiesen, dass zum Zeitpunkt des Ergreifens bestimmter Maßnahmen bereits anderes Wissen vorlag. Also nicht „mit dem Wissen von heute“, sondern „mit dem Wissen von damals“ waren die Maßnahmen falsch.
Klaus Stöhr äußerte sich im R21-Podcast gegenüber dem FDP-Politiker Martin Hagen über die RKI-Files – etwa ab Minute 16 geht es gezielt um die Files: “Folge 3: Corona und die RKI-Files – mit Klaus Stöhr”. Aus Stöhrs Sicht hätten die Protokolle nicht so viel Neues geboten: Man wüsste schließlich schon sehr lange, dass die Politik sich in der Corona-Zeit konsequent über die Erkenntnisse der Empirie hinweggesetzt hätte. Der Epidemiologe Stöhr ist nun zugegebenermaßen auch kein Medienexperte: Er versteht nicht, welche Bedeutung geleaktes behördliches Material von oberster Stelle, das jahrelange Kritiker-Standpunkte endlich als berechtigt rehabilitiert, im medialen Raum entfaltet.
In der Hase Post erschien eine interessante Meldung, wonach die RKI-Protokolle nun erstmals in einem Gerichtsverfahren verwendet würden: “Pflegehelferin klagt gegen Landkreis: Verwaltungsgericht Osnabrück prüft Corona-Impfplicht und RKI-Protokolle”. Eine Pflegehelferin, die vom Landkreis Osnabrück Ende 2022 ein Betretungsverbot ihrer Einrichtung wegen ihres Impfstatus ausgesprochen bekommen hatte, klagte gegen den Landkreis, auf Basis der RKI-Protokolle. Es ist der erste Fall, in dem die RKI-Protokolle gerichtlich verwertet werden.
27.08.2024
Im Cicero erschien ein sehr lesenswerter Gastartikel des Verfassungsrechtlers Volker Boehme-Neßler: „RKI-Files und die Justiz – Urteile mit Makel“. Die RKI-Protokolle bezeichnete er als „schier unerschöpflichen Informationsquelle“, jeden Tag kämen neue Details über das Verhältnis von Politik und Wissenschaft ans Licht. Schwerpunktmäßig befaßte er sich in seinem Artikel mit der institutionellen Verschränkung zwischen RKI und Politik, sowie mit dem Versagen der deutschen Justiz, die sich in ihren Urteilen stets auf das RKI als nicht weisungsgebundene, wissenschaftlich arbeitende Behörde verlassen hatte. Was mir anhand der Lektüre von Boehme-Neßler glasklar vor Augen trat, ist, wie durch das „Scharnier“ RKI eigentlich die Gewaltenteilung ausgehebelt wurde: RKI-Empfehlungen wurden als wissenschaftlich unabhängig dargestellt, waren aber de facto politisch. Die Justiz greift diese vermeintlich wissenschaftlichen Empfehlungen auf – und folgt damit politischen. Dadurch ist die Gewaltenteilung zwischen Judikative und Exekutive aufgehoben. Wichtiges Zitat aus dem Artikel: „Die Enthüllungen der RKI-Files über die Einflussnahme der Gesundheitsminister auf das RKI sind eine Katastrophe für das Gericht. Ausgerechnet der entscheidende Baustein seiner Entscheidungen ist brüchig. Die Karlsruher Beschlüsse sind Fehlentscheidungen.“ | Archive-Link
Sage und schreibe fünf Wochen nach dem RKI-Leak sah sich nun auch endlich der Tagesspiegel bemüßigt, seinen Lesern ausführlich über den RKI-Leak zu berichten: “Streit um die RKI-Protokolle: Sind die Fehler während der Pandemie ein Skandal?”. Wie immer stand der Tagesspiegel etwas auf dem Schlauch: Autorin Birgit Herden brachte die veraltete Info, das RKI habe den Leak nicht verifiziert - was das RKI jedoch längst getan hat. In der Schlussfolgerung argumentierte Herden, die Files könnten zwar theoretisch helfen, bestimmte Entscheidungen der Pandemiepolitik besser zu verstehen – doch es sei zu befürchten, dass Kritiker einzelne Zitate skandalisierten, und damit das Vertrauen in Institutionen, das ja gerade in Krisenzeiten so dringend gebraucht würde, schwächen. Sofern Herden mit „Vertrauen in Institutionen“ „Vertrauen in die Politik“ meint, hätte sie Journalismus nicht verstanden – denn die Aufgabe von Journalismus ist es ja gerade, das Handeln der Regierenden täglich neu kritisch zu hinterfragen. Archive Link | (Datum aktualisiert)
Das Medium Multipolar, das um die RKI-Protokolle geklagt hatte, vermeldete: “Landesmedienanstalt geht nach Enthüllung der RKI-Protokolle gegen Multipolar vor”. Es würden vier teilweise jahrealte Beiträge gerügt und mit einem förmlichen Verwaltungsverfahren gedroht. Einer dieser vier Beiträge beziehe sich auf die Berichterstattung von Multipolar zu den RKI-Protokollen. Die Landesmedienaufsicht kritisierte daran, dass das Medium Multipolar vermeldet hatte, die Risikohochstufung sei durch einen “externen Akteur” erfolgt - während es sich in Wirklichkeit um den damaligen RKI-Vizepräsident Lars Schaade handelte. Multipolar argumentierte dagegen, die RKI-Anwälte hätten dem Verwaltungsgericht Berlin gegenüber erklärt, bis auf die Protokollnotiz vom 16. März seien in der Behörde „keine weiteren Dokumente vorhanden sind, die sich mit der Änderung der Risikobewertung befassen”.
29.08.2024
Auch die Neue Osnabrücker Zeitung berichtete über das Gerichtsverfahren der Pflegehelferin gegen den Landkreis Osnabrück, und dass dort auch der RKI-Präsident Lars Schaade vorgeladen sei: „Nach Corona-Files: RKI-Präsident soll erstmals vor Gericht aussagen – in Osnabrück“. “Das Verfahren ist bundesweit das erste, bei dem ein Gericht die RKI-Protokolle heranzieht. Besonders interessieren dürfte die Richter, inwieweit der Wissenschaft in der zweiten Jahreshälfte bereits bekannt war, dass die Covid-Impfungen keinen allzu großen Schutz vor Ansteckungen bieten dürften.”
Ruth Schneeberger berichtete in der Berliner Zeitung von den rechtlichen Vorstößen der Landesmedienanstalt NRW, sowie des RKI, gegen das Online-Medium Multipolar: „RKI-Protokolle: Warum die Medienaufsicht gegen Multipolar vorgeht“. | Archive Link
30.08.2024
Das in Deutschland verbotene Medium Russia Today Deutschland (RT DE) kritisierte mich im Rahmen eines Artikel mit dem Titel „Journalismus – Standards und Oberflächlichkeiten“ auf einer gespiegelten Webseite scharf. Wenn ich von „Echtheit, Vollständigkeit und vom mutmaßlichen Urheber der Veröffentlichung“ als „Tatsachen“ spreche, dann seien „journalistische Standards nicht mehr erfüllt“. Dies sei „kein seriöser Journalismus“ und provoziere zwangsläufig Fragen zu meiner Rolle und Wirkung im Journalismus: „Zeit, Mittel und Aufmerksamkeit binden sowie für Verwirrung und Spaltung sorgen“. Eines kann wohl spätestens jetzt als gesichert angesehen werden: Ich werde nicht vom Kreml finanziert.
01.09.2024
Nach den Landtagswahlen in Sachsen und Thüringen betonte Sahra Wagenknecht in der Tageschau, wie sehr ihr an der ungelösten Frage der Corona-Aufarbeitung liegt, die die Menschen sich wünschten: “Wir wollen eine ordentliche Corona-Aufklärung wenigstens erstmal auf Landesebene in Gang setzen. Gerade seit der Veröffentlichung der RKI-Files ist ja deutlich geworden, wieviel hier der Aufarbeitung harrt und dass es dringend notwendig ist, mal die verantwortlichen Politiker wenigstens vor einen Untersuchungsausschuss zu zitieren und zu fragen - und dass sie Rede und Antwort stehen, warum viele Fehlentscheidungen damals getroffen wurden”. | Videoquelle: X-User TheRealTom
02.09.2024
Mein geschätzter Kollege Bastian Barucker wurde von einem finnischen Online-Medium interviewt: “Erikoishaastattelu Bastian Barücker”. Das Gespräch fand auf Deutsch statt und wurde untertitelt. Er fasst darin den Stand der Dinge in Deutschland zu den RKI-Files zusammen und merkte an, dass auch in Finnland die dortigen, betreffenden Protokolle öffentlich gemacht werden könnten.
03.09.2024
Am 03.09. wurden RKI-Files erstmals vor Gericht verwendet: In Osnabrück fand eine Gerichtsverhandlung um eine umgeimpfte Krankenpflegerin statt, der durch den Landkreis Osnabrück Ende des Jahres 2022 ein Betretungsverbot ihrer Einrichtung ausgesprochen wurde. Vorgeladen wurde auch niemand Geringeres als Lars Schaade, der amtierende Präsident des Robert-Koch-Instituts. Der Vorsitzende Richter Neuhäuser berücksichtigte im Urteilsspruch zentrale Teile der RKI-Protokolle, vor allem aus dem geleakten Teil ab April 2021, und sprach ein Sensationsurteil aus: Das Bundesverfassungsgericht, das schon einmal über die einrichtungsbezogene Impfpflicht geurteilt und diese für rechtsmäßig befunden hatte, sollte erneut darüber abstimmen. Damit liegen die RKI-Files nur knapp sechs Wochen nach dem Leak, bereits in Karlsruhe. Das Urteil von Osnabrück dürfte als Präzedenzurteil und Meilenstein der Corona-Aufarbeitung in die Geschichte eingehen. Die Urteilsbegründung liest sich wie ein Paukenschlag:
In der Berichterstattung gestützt auf die erste dpa-Meldung wurde der RKI-Leak als Ursache für die Neubewertung der einrichtungsbezogenen Impfpflicht glatt unterschlagen: Sowohl die Süddeutsche, als auch die Zeit, sowie die Pharmazeutische Zeitung übernahmen die falsche, da unvollständige dpa-Meldung unkritisch ohne eigene Prüfung, obwohl sie im Vorfeld eigentlich bereits über den RKI-Leak berichtet hatten. Der RKI-Leak soll wohl - wenn es nach der dpa geht - in einem Orwellschen "Memory Hole" verschwinden. Er soll niemals stattgefunden haben.
Der NDR titelte nach der Urteilsverkündung: “Corona-Prozess um Pflegehelferin geht ans Bundesverfassungsgericht”.
Auch in der Berliner Zeitung erschien ein sehr lesenswerter Bericht zur Gerichtsverhandlung: “Höchstgericht soll entscheiden: Verletzte die einrichtungsbezogene Impfpflicht Grundrechte?” | Archive Link
Die Neue Osnabrücker Zeitung sprach von einer “denkwürdigen Vernehmung”: “RKI-Chef macht Aussagen vor Osnabrücker Gericht: Ein Hauch von »Corona-Tribunal«”. Aufgrund der Brisanz und Relevanz des Inhalts zitiere ich hier längere Abschnitte daraus: „Es sind bemerkenswerte Worte, mit denen Neuhäuser, Präsident des Osnabrücker VG, die Sitzung nach mehr als fünf Stunden schließt: ‚Die Kammer hat nicht bloß Zweifel, sie ist überzeugt, dass bestimmte Grundrechtseingriffe in der Pandemie verfassungswidrig waren. (.) Ein Vertrauen, das die Veröffentlichung der sogenannten RKI-Files offenbar untergraben hat. Sie sind der Grund, warum das Osnabrücker Gericht den Fall aus Quakenbrück nicht wie versch. Verfahren zuvor behandelt. Ausgerechnet ein Mann, der für die in den #RKIFilesveröffentlichten Protokolle verantwortlich zeichnet, wird das untergrabene Vertrauen der Osnabrücker Kammer nachhaltig beschädigen: Lars Schaade, vormaliger Leiter des RKI-Corona-Krisenstabs und heute Präsident des Instituts. Die Kammer hat sich gut vorbereitet (.) vor allem Passagen aus den #RKIFiles hält Neuhäuser dem RKI-Präsidenten vor. (.) Schaade ist auf das, was sich gerade entwickelt, offenbar nur unzureichend vorbereitet. Auch zu anderen Vorhaltungen bemüht Schaade ‚Management-Entscheidungen‘ der Verantwortlichen. Etwa, als das BMG am 25. Feb. 2022 nicht dem Rat des RKI folgte, die aktuelle Risikolage herabzustufen. ‚Wir haben da keine Zustimmung für unseren Vorschlag gefunden beim Ministerium‘, erklärt Schaade. (.) Richter Neuhäuser bohrt immer wieder nach, welchen Anteil die Politik, welchen das RKI auf einzelne Entscheidungen hatte. Denn, so die Haltung, die er durchblicken lässt: Der Grundrechtseingriff ist nur dann zulässig, wenn er auf wissenschaftlicher Evidenz basiert. Bevor Neuhäuser die Entscheidung der Kammer verkündet, kommt es noch zu einer anderen denkwürdigen Szene: Der Vertreter des Landkreises, der als Beklagter auftritt, erklärt: ‚Mich hat die Beweisaufnahme nachdenklich gemacht. Wir als nachgeordnete, regionale Behörde sind davon ausgegangen, dass RKI, Landes- und Bundesämter stets nach aktuellem Stand der Wissenschaft handeln. Ich würde den von uns erlassenen Bescheid heute mit meinem Herzen aufheben.‘ ‚Unseres Erachtens ist das Gesetzt im Laufe des Jahres in eine Verfassungswidrigkeit hineingewachsen, die im November 2022 sicher bestand‘, erklärt Richter Neuhäuser. ‚Die Kammer ist überzeugt, dass hier ein irregulärer Grundrechtseingriff in das Recht der freien Berufswahl, durch die faktisch bestehende Impfpflicht, in das Recht auf körperliche Unversehrtheit stattgefunden hat zu einem Zeitpunkt, als der vom Gesetz verfolgte Zweck keine wissenschaftliche Grundlage mehr hatte.‘ Es könne nicht zulasten der Grundrechtsträger - also der Bevölkerung - gehen, wenn die Kommunikation zwischen RKI und BMG gestört war oder das Institut mit seinen Erkenntnissen beim Ministerium nicht durchdrang.“
04.09.2024
In der Bundespressekonferenz wurde Karl Lauterbach von Nius-Journalistin Zara Riffler im Hinblick auf die RKI-Files rundheraus gefragt, warum Lauterbach die Bürger belüge. Videoquelle: Bastian Barucker
Nius titelte infolge des Osnabrück-Urteils: “RKI-Chef gesteht vor Gericht politische Einflussnahme: „Selbstverständlich, Weisungen nehmen wir entgegen“ und baute seinen Bericht auf Passagen aus der Mitschrift des Daten-Analysten Tom Lausen, der der Gerichtsverhandlung beigewohnt hatte.
Die Welt titelte: “Verwaltungsgericht hält Pfleger-Impfpflicht für verfassungswidrig” | Archive Link
Apollo News interviewte den Verfassungsrechtler Volker Boehme-Neßler zum Sensationsurteil in Osnabrück: “Gericht zerlegt Bundesregierung - Prof Boehme-Neßler im Interview”.
”Einrichtungsbezogene Impfpflicht - deshalb hält sie ein Gericht für verfassungswidrig” titelte die Berliner Zeitung in ihrem zweiten Artikel zum Osnabrück-Präzedenzurteil. | Archive Link
Ein wenig übertrieben mutete es an, dass der Chefredakteur der Neuen Osnabrücker Zeitung, Burkhart Ewert, in seinem NOZ-Newsletter “Rest der Republik” infolge des Osnabrück-Urteils sich gleich dazu hingerissen fühlte, ein Loblied auf die deutsche Richterschaft anzustimmen - war dies doch das erste im Hinblick auf die Corona-Maßnahmen vernünftige Gerichtsurteil, nachdem sich die deutsche Richterschaft während der letzten vier Jahre nicht wirklich mit Ruhm bekleckert hatte. Um nicht zu sagen, dass deutsche Gerichte durch ihr unkritisches Abnicken von Corona-Maßnahmen das Corona-Unrecht überhaupt erst möglich gemacht hatten.
Fazit
Etwa sechs Wochen sind vergangen, seit ich die RKI-Files geleakt habe. Dass über einen so langen Zeitraum weiterhin fast täglich neue Artikel über das Thema erscheinen – und das trotz Sommerloch, Olympia, Messermorden und Landtagswahlen – habe ich in dieser Konsistenz in der deutschen Medienlandschaft selten erlebt. Dass dabei die Beiträge immer hochkarätiger werden – sowohl, was die Autoren, als auch, was die Inhalte anbelangt - auch nicht. Im Wesentlichen scheint sich der Streit über die RKI-Protokolle im Mainstream an der Frage abzuarbeiten: Enthalten die Protokolle nun einen Skandal, oder nicht?
Nein, sagen diejenigen, die Corona-Maßnahmen sowieso schon immer unproblematisch fanden, und eine Aufarbeitung grundsätzlich scheuen, um eigene Fehler nicht konfrontieren zu müssen. Nein, sagen auch andere – wie etwa Klaus Stöhr – für den die kritischen Standpunkte, die in den Files geäußert werden, und an die sich die Politik nicht gehalten hat, schon immer die eigentliche Erkenntnisgrundlage zu den Corona-Maßnahmen darstellten. Wer seit Jahren ohnehin schon kritisch war, für den sind die Erkenntnisse aus den Files mitunter ebenfalls nicht besonders „skandalös“, da nicht überraschend und auch nicht neu.
Aber - und das ist das entscheidende Aber: Die RKI-Protokolle zeigen erstmals unmissverständlich für den leitmedialen Mainstream auf, dass die angeblich wissenschaftlichen Corona-Maßnahmen auf keinem wissenschaftlichen, sondern eben einem politischen Fundament standen. Das sollte nicht unterschätzt werden. Gerade Menschen aus der politischen Mitte, die bislang zwar sehr wohl innerlich Fragen hatten, aber bislang keine Handhabe hatten, wie sie diese artikulieren sollen, haben nun eine hochoffizielle Referenz an die Hand bekommen, in der eigene Zweifel von höchster Stelle artikuliert wurden. Die Anschlussfähigkeit gen Mainstream – das RKI als offizielle Bundesbehörde kann eben nicht als „Schwurblerkram“ weggecancelt werden – ist Gold wert, auch wenn einzelne Zitate daraus für Menschen, die schon seit Jahren kritisch sind, keine große Überraschung mehr darstellen. Für den politmedialen Mainstream sind die RKI-Files ein Meilenstein in der Corona-Aufarbeitung – und das ist auch der Grund, warum sie seit Wochen praktisch dauernd in der leitmedialen Berichterstattung präsent sind.
Die Forderung nach einer Corona-Aufarbeitung ist final in der Mitte der Gesellschaft angekommen, und dort geht sie auch nicht wieder weg. Was hier gerade passiert, ist nichts Geringeres als die Etablierung eines neuen gesellschaftlichen Konsenses, der mit dem der vergangenen vier Jahre bricht. Diejenigen, die die letzten Jahre für Hetze und Ausgrenzung von Andersdenkenden standen, werden nicht umhinkommen, ihr eigenes Handeln zu hinterfragen. Die Deutungshoheit der Mitte haben sie unwiederbringlich verloren.
Es gilt auch hier der altbewährte Medien-Leitsatz, jede Publicity ist gute Publicity. Je härtere inhaltliche Geschütze gegen die Implikationen der Files aufgefahren werden, desto gefährlicher werden die RKI-Protokolle eingeschätzt, und desto länger werden sie in den Medien gehalten.
Dass frühere Corona-Hardliner, wie etwa der CSU-Politiker Stephan Pilsinger, sich plötzlich als Kritiker und Aufklärer gerieren, mag der eine oder andere als „Opportunismus“ empfinden – aus einer größeren, strategischen Perspektive betrachtet ist es aber eigentlich nur ein untrügliches Zeichen dafür, dass sich der Wind gedreht hat. Plötzlich möchte niemand mehr zu den ehemaligen Maßnahmen-Hardlinern gehören. Hier kippt gerade ein Narrativ. Der Coronismus hat seinen Stand in der Mitte der Gesellschaft endgültig verloren – und wir haben die einmalige Chance, das traumatische Moment des Geschehenen einer kollektiven Aufarbeitung zuzuführen – auf dass eine Lernerfahrung entstehe, damit sich so etwas in Deutschland niemals wiederholen kann.
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Dear Aya, I have worked through the English translation of your article. It is astounding (68 pages of A4). Throughout you were characteristically thorough and fair. Thank you, and to the many others who made all of this possible.
Germany is ahead.
Now for the remaining 26 EU states, and the UK. Will they also release such papers?
Liebe Frau Velazques,
Sie leisten großartige Arbeit - vielen Dank dafür!